Zwischenbilanz nach zwölf kantonalen Parlamentswahlen seit 2019

Seit den Natio­nal­rats­wah­len 2019 haben in zwölf Kan­to­nen Par­la­ments­wah­len statt­ge­fun­den — Zeit für einen Halb­zeit­bi­lanz. Die­se zeigt ein kla­res Bild: Gewin­ne­rin­nen sind die bei­den Öko-Par­tei­en (GP, GLP). Dage­gen haben die Bun­des­rats­par­tei­en mehr oder weni­ger stark an Boden ver­lo­ren. Der Haupt­trend der Natio­nal­rats­wah­len 2019 hält somit in den Kan­to­nen an.

Sie­ge­rin­nen bei den Natio­nal­rats­wah­len 2019 waren die Grü­nen (GP) und die Grün­li­be­ra­len (GLP), wobei die Grü­nen ihre Par­tei­stär­ke um 6.1 Pro­zent­punk­te auf 13.2 Pro­zent stei­ger­ten, die Grün­li­be­ra­len um 3.2 Punk­te auf 7.8 Pro­zent. Gros­se Ver­lie­re­rin der Natio­nal­rats­wah­len 2019 war die SVP (-3.8 Pro­zent­punk­ten auf 25.6%). Aber auch die ande­ren drei Bun­des­rats­par­tei­en büss­ten an Par­tei­stär­ke ein. Die SP ver­lor zwei Pro­zent­punk­te (auf 16.8%), die FDP 1,3 Punk­te (auf 15.1%) und die CVP 0.3 Punk­te (auf 11.4%).

Grü­ne Wel­le ungebrochen

Seit­her fan­den in zwölf Kan­to­nen Wah­len statt, die einen reprä­sen­ta­ti­ven Mix der Schweiz dar­stel­len. Es sind, neben Schaff­hau­sen und Basel-Stadt, Kan­to­ne aus der Ost­schweiz (SG, TG), der Zen­tral­schweiz (UR, SZ), dem Mit­tel­land (AG, SO) und der Roman­die (JU, VS, NEFR). 

Her­vor­ste­chen­des Merk­mal der Halb­zeit­bi­lanz sind die Man­dats­ge­win­ne der Öko-Par­tei­en. Die Grü­nen gewan­nen im Total vier­zig Man­da­te dazu, die GLP dreis­sig. Stär­ker gewor­den ist auch die Ver­tre­tung der klei­nen EVP (sechs zusätz­li­che Mandate).

Die Grü­nen und die GLP stei­ger­ten ihre Man­dats­zahl fast in allen Kan­to­nen. Nur gera­de in Schwyz muss­ten die Grü­nen ein Man­dat abge­ben. Am stärks­ten leg­ten sie in Frei­burg (+7), im Thur­gau und im Wal­lis (je +5 Man­da­te) zu sowie in Basel-Stadt, St. Gal­len und Aar­gau (je +4). Die GLP hol­te zusätz­li­che Man­da­te im Aar­gau (+6), in Basel-Stadt und Neu­en­burg (je +4).

Wer­den die Man­dats­zah­len der Grü­nen und der GLP in sämt­li­chen Kan­tons­par­la­men­ten mit­ein­an­der ver­gli­chen, so sind die Grü­nen mit 256 Man­da­ten dop­pelt so stark wie die GLP (128). In der Roman­die haben die Grü­nen gar über vier­mal mehr Man­da­te inne.

Gra­fik 1: Par­tei­stär­ken bei den kan­to­na­len Par­la­ments­wah­len 2020/2021 (aktu­ell und Veränderung)

Bei der Inter­pre­ta­ti­on der Gewin­ne und Ver­lus­te der Anzahl Man­da­ten muss aller­dings eine gewis­se Zurück­hal­tung geübt wer­den, sind die Kan­tons­par­la­men­te doch unter­schied­lich gross. In den meis­ten Kan­to­nen bewegt sich die Sitz­zahl zwi­schen 100 und 140, in drei klei­nen Kan­to­nen sind nur rund sech­zig Sit­ze zu ver­ge­ben (UR, SH, JU). In Neu­en­burg wur­de zudem für 2021 die Sitz­zahl von 115 auf 100 reduziert.

Die Ver­än­de­run­gen der Man­dats­zah­len sind des­halb nur ein gro­ber Indi­ka­tor für die Ver­än­de­run­gen der Par­tei­en­land­schaft. Die dar­ge­stell­ten Trends blei­ben aber im Gros­sen und Gan­zen die­sel­ben, wenn die kan­to­na­len Wer­te ent­spre­chend der Grös­se der Kan­to­ne gewich­tet wer­den.

Zur genaue­ren Ein­ord­nung der Wahl­er­geb­nis­se wer­den in der oben ein­ge­füg­ten Gra­fik die aktu­el­len Par­tei­stär­ken in den Kan­to­nen sowie ihre Ver­än­de­run­gen im Ver­gleich zu den letz­ten Wah­len ausgewiesen. 

Deut­li­che Ver­lus­te für SP und FDP

Auf der Ver­lie­rer­sei­te stan­den bei den zwölf kan­to­na­len Wah­len per sal­do die Bun­des­rats­par­tei­en. Am meis­ten Man­da­te büss­ten die SP (-31) und die FDP (-29) ein. Aber auch «Die Mit­te» (ehem. CVP und BDP: ‑19) und die SVP (-16) wur­den schwächer.

Die SP ver­lor seit den Natio­nal­rats­wah­len 2019 ins­ge­samt 31 Man­da­te. Ins Gewicht fie­len beson­ders Ver­lus­te in Frei­burg (-7), im Aar­gau (-4), in Basel-Stadt (-4) und in Neu­en­burg (-11). In drei Kan­to­nen ver­moch­te die SP aber auch Man­da­te zuzu­le­gen (SZ +3, JU +1, VS +2). Nach die­sen Ver­än­de­run­gen ver­fügt die SP aktu­ell über 446 Man­da­te in Kan­tons­par­la­men­ten. Sie ist damit klar stär­ker als die Grü­nen (256). Inso­fern die Man­dats­ge­win­ne der Grü­nen die Ver­lus­te der SP über­stei­gen, geht die Lin­ke, bestehend aus SP und Grü­nen, aus den kan­to­na­len Par­la­ments­wah­len gestärkt hervor.

Die rela­tiv kur­ze Serie der FDP-Wahl­sie­ge in der Mit­te des letz­ten Jahr­zehnts scheint seit Län­ge­rem been­det zu sein. So befin­det sich die FDP auch nach den Natio­nal­rats­wah­len in fast allen Kan­to­nen auf der Ver­lie­rer­stras­se. Ins­ge­samt büss­te sie 29 Man­da­te ein. Beson­ders ins Gewicht fie­len die Ver­lus­te in St. Gal­len und Solo­thurn (je ‑4) sowie in Neu­en­burg (-11). Die FDP gewann nur bei den jüngs­ten Wah­len im Kan­ton Frei­burg (+2) und im Wal­lis (+1) zusätz­li­che Man­da­te. Mit Blick auf sämt­li­che Kan­tons­par­la­men­te ist die FDP (inklu­si­ve die Bas­ler Libe­ra­len) mit ins­ge­samt 539 Man­da­ten – leicht vor der SVP – die am stärks­ten ver­tre­te­ne Partei.

Auch «Die Mit­te» und die SVP wur­den schwächer

«Die Mit­te» hat sich 2021 als neue Par­tei aus CVP und BDP gebil­det. Der Ver­gleich­bar­keit hal­ber wer­den für die­se Bilanz die Man­da­te die­ser bei­den Par­tei­en zusam­men­ge­zählt. Für die ver­gan­ge­nen zwei Jah­re weist «Die Mit­te» in drei Kan­to­nen klei­ne­re Gewin­ne aus (UR, SG, NE). Ins­ge­samt hat sie seit den Natio­nal­rats­wah­len 19 Man­da­te ein­ge­büsst. Sie ver­fügt nun in sämt­li­chen Kan­to­nen über ins­ge­samt 448 Man­da­te und ist somit gleich stark wie die SP.

Weni­ger gross als bei der «Mit­te» und der FDP waren die Ver­lus­te der SVP (-16). Seit den Natio­nal­rats­wah­len 2019 büss­te die SVP in neun Kan­to­nen Man­da­te ein, am meis­ten in Basel-Stadt (-4) und St. Gal­len (-5). In zwei Kan­to­nen ver­moch­te sie an Man­da­ten zuzu­le­gen (TG +1, SO +3). Mit 528 Man­da­ten ist die SVP in den 26 Kan­tons­par­la­men­ten fast gleich stark ver­tre­ten wie die FDP.


Hin­weis: Die­ser Bei­trag wur­de am 9. Novem­ber 2021 auf Journal21.ch erstpubliziert.

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