Gegensätze ziehen sich nicht an – die Rolle von Bildung und Einkommen bei der Paarbildung in der Schweiz

Sind Bil­dungs­ni­veau und Ein­kom­men bei der Aus­wahl des Part­ners wich­ti­ger gewor­den? Die­se Fra­ge ist von grund­le­gen­der Bedeu­tung, wenn man ver­ste­hen will, wel­che Ungleich­hei­ten inner­halb von Paar­be­zie­hun­gen wie auch zwi­schen den Haus­hal­ten herr­schen. Auf Grund­la­ge der Schwei­ze­ri­schen Arbeits­kräf­teer­he­bung (SAKE) und des Schwei­zer Haus­halt-Panels (SHP) zei­gen wir, dass die Wahl eines Part­ners stark von des­sen Bil­dungs­grad und Ein­kom­men abhängt. Die selek­ti­ve Part­ner­wahl hat in den letz­ten zwei Jahr­zehn­ten in der Schweiz zuge­nom­men, da Men­schen mit nied­ri­gem Bil­dungs­stand häu­fi­ger unter­ein­an­der hei­ra­ten. Auch bei der Wahr­schein­lich­keit, allein zu leben, ist eine Kor­re­la­ti­on mit Ein­kom­men und Bil­dungs­grad erkenn­bar. Män­ner und Frau­en mit ter­tiä­rem Bil­dungs­ab­schluss leben häu­fi­ger allein, jedoch weni­ger häu­fig als frü­her. Für Män­ner mit einem tie­fen Ein­kom­men bleibt die Wahr­schein­lich­keit allein zu leben hoch.

Partnerwahl und Homogamie

Ver­schie­de­ne wis­sen­schaft­li­che Dis­zi­pli­nen beschäf­ti­gen sich mit dem The­ma Part­ner­wahl. Bio­lo­gin­nen und Bio­lo­gen haben unter­sucht, wel­che Eigen­schaf­ten die Part­ner­wahl und den Fort­be­stand der Art in der Tier­welt beein­flus­sen (müs­sen Löwen­männ­chen aggres­siv sein oder eine schö­ne Mäh­ne haben, um über ein Rudel von Löwin­nen zu herr­schen?). Die Psy­cho­lo­gie hat ana­ly­siert, wel­che Per­sön­lich­keits­merk­ma­le wir in einem idea­len Part­ner oder einer idea­len Part­ne­rin suchen (sucht eine neu­ro­ti­sche Per­son eine Part­ne­rin oder einen Part­ner mit Geduld oder eher jeman­den, der ähn­lich neu­ro­tisch ist?). Und For­schen­de der Sozi­al­wis­sen­schaf­ten schliess­lich sind der Fra­ge nach­ge­gan­gen, wie der Sozi­al­sta­tus der Men­schen ihre Part­ner­wahl beein­flusst (bevor­zu­gen wir eine Part­ne­rin oder einen Part­ner mit dem­sel­ben Bil­dungs­stand, mit der­sel­ben Her­kunft, der­sel­ben Reli­gi­on, dem­sel­ben Einkommensniveau?).

Paa­re bei denen bei­de einen ähn­li­chen Bil­dungs­stand oder ein ähn­li­ches Ein­kom­men haben, wer­den homo­ga­me Paa­re genannt. Die Zunah­me homo­ga­mer Paa­re kann das Ergeb­nis einer Ver­än­de­rung der Zusam­men­set­zung der Bevöl­ke­rung oder einer Ände­rung der Vor­lie­ben für eine bestimm­te Art von Part­ner sein. Wenn die Wahl eines Part­ners mit ähn­li­chen Merk­ma­len wie den eige­nen, wie z.B. dem glei­chen Bil­dungs- oder Ein­kom­mens­ni­veau, häu­fi­ger erfolgt, als bei einer zufäl­li­gen Paar­bil­dung zu erwar­ten wäre, wird die­ses Phä­no­men in den Sozi­al­wis­sen­schaf­ten als selek­ti­ve Paar­bil­dung bezeich­net. Selek­ti­ve Paar­bil­dung ist folg­lich jener Teil der Part­ner­wahl, der sich nicht durch die struk­tu­rel­len Ver­än­de­run­gen in der Zusam­men­set­zung der Bevöl­ke­rung ergibt. Die­se Paar­bil­dung betrifft oft meh­re­re sozio­öko­no­mi­sche Eigen­schaf­ten. Wie Fal­con und Joye (2017) zei­gen, haben Paa­re mit glei­chem Bil­dungs­stand in der Schweiz und in Deutsch­land häu­fi­ger auch einen glei­chen Erwerbs­sta­tus auf dem Arbeits­markt. In die­sel­be Rich­tung gehen auch die Ergeb­nis­se von Pot­ar­ca und Ber­nar­di (2017), die nahe­le­gen, dass die Part­ner­wahl in der Schweiz zugleich vom Migra­ti­ons­hin­ter­grund und vom Bil­dungs­stand abhängt. Auch wenn die Wahl einer ähn­li­chen Part­ne­rin oder eines ähn­li­chen Part­ners die Sta­bi­li­tät des Paa­res zu erhö­hen scheint (Kess­ler, 2017), könn­te die­se Homo­ga­mie gleich­zei­tig die Schich­tung der Gesell­schaft stär­ker aus­prä­gen und die Ungleich­hei­ten zwi­schen den Haus­hal­ten erhö­hen. Denn eine Gesell­schaft, in der die Rei­chen mehr­heit­lich unter­ein­an­der hei­ra­ten, ist eine unglei­che­re Gesell­schaft als eine, in der Rei­che­re mit Ärme­ren Ver­bin­dun­gen eingehen.

Betrach­tet man unter­schied­li­che Kohor­ten (Fal­con & Joye 2017)[1] und unter­schied­li­che Jah­re (Becker & Jann 2017)[2], zeigt sich, dass die Part­ner­wahl nach Bil­dungs­stand in der Schweiz his­to­risch weit­ge­hend kon­stant geblie­ben ist und die Ein­kom­mensun­gleich­hei­ten zwi­schen Haus­hal­ten dadurch nicht signi­fi­kant erhöht wur­den (Wise & Zang­ger 2017). Die Aus­wir­kun­gen der Homo­ga­mie auf die Ein­kom­mensun­gleich­hei­ten sind nicht nur vom Bil­dungs­stand und vom Ein­kom­mens­po­ten­ti­al abhän­gig, son­dern auch von der Ein­bin­dung in den Arbeits­markt. In einer fik­ti­ven Gesell­schaft, in der alle Frau­en zu Hau­se blei­ben, hat eine ver­brei­te­te Homo­ga­mie nach Bil­dungs­stand gerin­ge Aus­wir­kun­gen auf die Ein­kom­mensun­gleich­hei­ten. In der Rea­li­tät ver­än­dert sich die Arbeits­markt­ein­bin­dung der Part­ner wäh­rend ihrer Bezie­hung. In der Schweiz pas­sen vor allem Frau­en ihre bezahl­ten Arbeits­stun­den stark an die fami­liä­re Situa­ti­on an (Kuhn und Ravazzi­ni 2017a).

Die Wahl eines Partners oder einer Partnerin

Die Part­ner­wahl erfolgt nicht nur bewusst nach mehr oder weni­ger sicht­ba­ren Merk­ma­len (Geld, Schön­heit, Sozi­al­sta­tus usw.), son­dern hängt auch mit dem Begeg­nungs­ort zusam­men. Der Bil­dungs­zu­gang ist ein ent­schei­den­der Fak­tor, nicht nur für das Erlan­gen eines bestimm­ten sozia­len Sta­tus, son­dern auch für die Begeg­nung und die Wahl einer Part­ne­rin oder eines Part­ners. In den meis­ten Fäl­len bil­den sich Paa­re unter Schü­le­rin­nen und Schü­lern der glei­chen Schu­le, unter Arbeits­kol­le­gin­nen und ‑kol­le­gen oder im gemein­sa­men Freun­des­kreis.[3]

In den letz­ten Jahr­zehn­ten hat die Zahl der Men­schen mit einem ter­tiä­ren Bil­dungs­ab­schluss in der Schweiz stark zuge­nom­men. In der akti­ven Bevöl­ke­rung ist der Anteil der Men­schen mit ter­tiä­rer Bil­dung (die meis­ten davon mit Uni­ver­si­täts­ab­schluss) bei Frau­en von acht Pro­zent im Jahr 1992 auf 27 Pro­zent im Jahr 2014 und bei Män­nern im sel­ben Zeit­raum von 23 auf 45 Pro­zent gestie­gen (Ravazzi­ni, Kuhn und Suter 2017). Die­se Ent­wick­lung ist auf eine Zunah­me der Hoch­schul­ab­schlüs­se sowie die Zuwan­de­rung hoch qua­li­fi­zier­ter Per­so­nen (Wan­ner und Stei­ner 2018) zurück­zu­füh­ren. Her­vor­zu­he­ben ist auch, dass das all­ge­mei­ne Bil­dungs­ni­veau von Frau­en in den jün­ge­ren Kohor­ten der Schweiz heu­te gleich hoch ist wie das­je­ni­ge von Män­nern (Becker und Zang­ger 2013).

Die Zunah­me höhe­rer Bil­dungs­ab­schlüs­se und die Anglei­chung des Bil­dungs­ni­veaus von Frau­en und Män­nern haben dazu geführt, dass es nun mehr homo­ga­me Paa­re gibt, bei denen bei­de Part­ner über einen hohen Bil­dungs­stand ver­fü­gen. Ein klas­si­sches Bei­spiel ist der medi­zi­ni­sche Bereich: Bis vor kur­zem waren die Frau­en, denen Ärz­te bei ihrer Arbeit begeg­ne­ten, vor­wie­gend Kran­ken­schwes­tern; heu­te hin­ge­gen arbei­ten Ärz­te immer häu­fi­ger auch mit Ärz­tin­nen zusammen.

Rolle der Frau und Partnerwahl

Da jun­ge Frau­en in der Schweiz über ein gleich­wer­ti­ges Bil­dungs­ni­veau ver­fü­gen wie Män­ner und stär­ker in den Arbeits­markt ein­ge­bun­den sind als ihre älte­ren Kol­le­gin­nen, ist zu ver­mu­ten, dass sich dies auch auf ihre Part­ner­wahl aus­wirkt. In der Ver­gan­gen­heit war der sozio­öko­no­mi­sche Sta­tus von Frau­en in der Regel durch den­je­ni­gen des Ehe­man­nes bestimmt. Heu­te hin­ge­gen ist es den Frau­en mög­lich, unab­hän­gi­ger zu leben und pro­ak­tiv eine Erwerbs­tä­tig­keit zu ver­fol­gen. Man könn­te also den­ken, dass Bil­dungs­stand und Ein­kom­men bei der Part­ner­wahl weni­ger wich­tig gewor­den sind.

In der Schweiz hat die Zahl der berufs­tä­ti­gen Frau­en in den letz­ten Jahr­zehn­ten stark zuge­nom­men. 1991 waren 68 Pro­zent der Frau­en zwi­schen 20 und 50 Jah­ren erwerbs­tä­tig, 2014 waren es schon 79 Pro­zent, ein Gross­teil aller­dings in Teil­zeit (Kuhn und Ravazzi­ni 2017b). Inter­es­sant ist, dass Män­ner hin­ge­gen kaum Teil­zeit beschäf­tigt sind. Zu die­ser unter­schied­li­chen Arbeits­auf­tei­lung inner­halb der Paa­re, bei denen die Frau in Teil­zeit arbei­tet, der Mann jedoch in Voll­zeit, kommt es oft nach der Geburt des ers­ten Kin­des (Le Goff und Levy 2016). Die meis­ten Müt­ter ver­rin­gern oder unter­bre­chen dann ihre Berufs­tä­tig­keit, wohin­ge­gen die Väter ihren Beschäf­ti­gungs­grad meist in glei­cher Wei­se bestehen las­sen oder sogar erhö­hen (Giu­di­ci und Schu­ma­cher 2017). Zwi­schen Män­nern und Frau­en gibt es bereits vor der Geburt von Kin­dern Ein­kom­mens­un­ter­schie­de (Mey­er 2018), die mit der Zunah­me des Unter­schieds der Arbeits­stun­den nach dem Fami­li­en­zu­wachs aller­dings wei­ter wach­sen. Betrach­tet man den gesam­ten Lebens­ver­lauf, so führt die gerin­ge­re Zahl an Arbeits­stun­den lang­fris­tig dazu, dass die Berufs­er­fah­rung gerin­ger aus­fällt und damit auch das Salär. Im Gegen­satz zur Homo­ga­mie nach Bil­dungs­stand, die wäh­rend des Lebens­ver­laufs mehr oder weni­ger gleich bleibt, hängt die Homo­ga­mie des Ein­kom­mens auch von der Auf­tei­lung der Erwerbs- und Haus­halts­ar­beit inner­halb des Paa­res ab. Da in den meis­ten Fami­li­en die Män­ner die Haupt­ver­die­ner sind, könn­te man ver­mu­ten, dass Bil­dung und Ein­kom­men wei­ter­hin wich­ti­ge Kri­te­ri­en auf dem Hei­rats­markt sind.

Daten und Methoden
Wir ana­ly­sie­ren, wie sich die Part­ner­wahl nach Bil­dungs­ni­veau und nach Ein­kom­men in der Schweiz ent­wi­ckelt hat, und bezie­hen uns dazu auf Bil­dungs­da­ten aus der Schwei­ze­ri­schen Arbeits­kräf­teer­he­bung (SAKE) von 1992, 2000 und 2014 sowie auf Ein­kom­mens­da­ten aus dem Schwei­zer Haus­halt-Panel (SHP) von 2000 und 2014. Die unter­such­te Grup­pe besteht aus hete­ro­se­xu­el­len Paa­ren, deren Mit­glie­der zwi­schen 25 und 64 Jah­re alt sind, zusam­men woh­nen und nicht unbe­dingt mit­ein­an­der ver­hei­ra­tet sind. Wir haben in der Stu­die aber auch allein­ste­hen­de Per­so­nen berück­sich­tigt, um die Wahr­schein­lich­keit, in einer Bezie­hung zu leben, bes­ser unter­su­chen zu kön­nen.[4] Wir haben uns auf Per­so­nen beschränkt, die erwerbs­fä­hig sind: Per­so­nen, die auf­grund einer Behin­de­rung oder einer Krank­heit nicht arbei­ten kön­nen, wur­den also von der Ana­ly­se aus­ge­schlos­sen. Je nach Jahr umfasst die unter­such­te Per­so­nen­grup­pe bei der SAKE zwi­schen 13’170 und 57’604 Haus­hal­te und beim SHP zwi­schen 3’343 und 5’497 Haushalte.

Zur Mes­sung der Homo­ga­mie nach Bil­dung wur­den Pivot-Tabel­len mit drei Bil­dungs­ni­veaus erstellt: (i) obli­ga­to­ri­sche Stu­fe (obli­ga­to­ri­sche Schu­le), (ii) Sekun­dar­stu­fe II (Matur oder Berufs­bil­dungs­ab­schluss, Ter­tiär­bil­dung B, ein­schliess­lich Berufs­fach­schu­len und Höhe­re Fach­schu­len) und (iii) Ter­tiär­stu­fe (Ter­tiär­bil­dung A, ein­schliess­lich Uni­ver­si­täts­di­plom oder Diplom einer Eid­ge­nös­si­schen Tech­ni­schen Hoch­schu­le (ETH), einer Fach­hoch­schu­le (FH) oder einer Päd­ago­gi­schen Hoch­schu­le (PH)). Die Homo­ga­mie nach Ein­kom­men wird nach der Stel­lung jeder Per­son in der Ein­kom­mens­ver­tei­lung gemes­sen, die in drei glei­che Tei­le unter­teilt ist: nied­ri­ges, mitt­le­res und hohes Ein­kom­men. Mit die­ser Metho­de kommt man zum Ergeb­nis, dass sich die Antei­le der Men­schen mit einem bestimm­ten Bil­dungs­stand im Zeit­ver­lauf zwar ver­än­dern, die Ver­tei­lung der Men­schen auf die drei Ein­kom­mens­stu­fen jedoch gleich bleibt. Für die Bestim­mung des Ein­kom­mens wur­de der Stun­den­lohn einer Per­son ver­wen­det. Die Ana­ly­se der Part­ner­wahl nach Ein­kom­men ist auf die Jah­re 2000 bis 2014 beschränkt, da nur über die­sen Zeit­raum Daten vorliegen.

Für die Mes­sung der Part­ner­wahl wur­de die rela­ti­ve Zuge­hö­rig­keit zu den drei Bil­dungs­ni­veaus in den ver­schie­de­nen Jah­ren erfasst. Die rela­ti­ve Zuge­hö­rig­keit zu einem Ein­kom­mens­ni­veau ist über die unter­such­ten Jah­re kon­stant geblieben

Zunahme der Tertiärabschlüsse und der homogamen Paare

Über alle Haus­hal­te gese­hen ist der Anteil homo­ga­mer Paa­re mit ter­tiä­rem Bil­dungs­ab­schluss von drei Pro­zent im Jahr 1992 auf 13 Pro­zent im Jahr 2014 gestie­gen, wohin­ge­gen der Anteil homo­ga­mer Paa­re mit einer Aus­bil­dung auf Sekun­dar­stu­fe II von 36 Pro­zent im Jahr 1992 auf 27 Pro­zent im Jahr 2014 abge­nom­men hat (sie­he Abbil­dung 1). Der Anteil homo­ga­mer Paa­re mit obli­ga­to­ri­schem Bil­dungs­ab­schluss hin­ge­gen liegt kon­stant bei etwa acht Pro­zent. 2014 bestan­den ins­ge­samt 48 Pro­zent der Haus­hal­te aus homo­ga­men Paa­ren und 20 Pro­zent aus Allein­ste­hen­den. Die ande­ren Haus­hal­te umfass­ten Paa­re, bei denen der Mann einen höhe­ren Bil­dungs­grad als die Frau hat (20 Pro­zent) oder die Frau einen höhe­ren Bil­dungs­ab­schluss als der Mann (zwölf Prozent).

Abbildung 1: Verteilung der Haushaltstypen nach Bildungsstand (1992, 2000, 2014)

Quel­le: SAKE 1992, 2000, 2014. Sie­he auch Ravazzi­ni et al. (2017)
Partnerwahl nach Bildungsstand bei Personen mit geringem Bildungsgrad nimmt zu

Abbil­dung 2 zeigt die Prä­fe­renz für eine Part­ne­rin oder einen Part­ner bei drei ver­schie­de­nen Bil­dungs­ni­veaus in aus­ge­wähl­ten Jah­ren und lie­fert damit ein Bild der Part­ner­wahl nach Bil­dungs­stand. Dem­nach ist die Part­ner­wahl nach Bil­dungs­stand in der Schweiz in allen unter­such­ten Jah­ren vor­herr­schend. Die am stärks­ten aus­ge­präg­te Part­ner­wahl nach Bil­dungs­stand fin­det sich trotz der Zunah­me der Per­so­nen und Paa­re mit einem ter­tiä­ren Bil­dungs­ab­schluss bei Men­schen, die nur über einen obli­ga­to­ri­schen Bil­dungs­ab­schluss ver­fü­gen. Dies bedeu­tet, dass mehr Men­schen ohne nach­ob­li­ga­to­ri­sche Aus­bil­dung unter sich hei­ra­ten, auch wenn es in der All­ge­mein­be­völ­ke­rung weni­ger Men­schen ohne nach­ob­li­ga­to­ri­sche Aus­bil­dung gibt. Dies kann weder auf das Alter noch auf den Migra­ti­ons­hin­ter­grund die­ser Per­so­nen zurück­ge­führt wer­den, da die­se Eigen­schaf­ten in den ande­ren Bevöl­ke­rungs­grup­pen ähn­lich stark ver­tre­ten sind. Men­schen mit gerin­ger Bil­dung sind also durch ihre Hei­rat und Part­ner­wahl stär­ker segre­giert als ande­re Bevölkerungsgruppen.

Abbildung 2: Entwicklung der Partnerwahl nach Bildungsstand zwischen 1992 und 2014

Quel­le: SAKE 1992, 2000, 2014. Sie­he auch Ravazzi­ni et al. (2017)
Hin­weis zur Grafik
Eine rela­ti­ve Zuge­hö­rig­keit grös­ser als 1 bedeu­tet, dass die­ser Haus­halts­typ in der Ver­tei­lung der Bil­dungs­ni­veaus über­re­prä­sen­tiert ist. Umge­kehrt bedeu­tet eine rela­ti­ve Zuge­hö­rig­keit klei­ner als 1, dass die­ser Haus­halts­typ im Ver­gleich zu den mög­li­chen Haus­halts­ty­pen unter­re­prä­sen­tiert ist.

Die Part­ner­wahl nach Bil­dungs­stand ist, in gerin­ge­rem Aus­mass, auch bei Per­so­nen mit ter­tiä­rer Aus­bil­dung sicht­bar und in noch schwä­che­rer Aus­prä­gung zwi­schen Per­so­nen mit einer Aus­bil­dung der Sekun­dar­stu­fe II. Die Part­ner­wahl nach Bil­dungs­stand zwi­schen hoch qua­li­fi­zier­ten Per­so­nen hat zwi­schen 1992 und 2014 zwar abge­nom­men, ist aber all­ge­mein für die Gesamt­be­völ­ke­rung gestie­gen, und zwar auf­grund der Zunah­me der homo­ga­men Paa­re mit einem obli­ga­to­ri­schen Bil­dungs­ab­schluss und mit einem Bil­dungs­ab­schluss der Sekun­dar­stu­fe II.

Unter­sucht man zudem die Nei­gung, in einer Bezie­hung zu leben, so stellt man fest, dass Per­so­nen, die höchs­tens über einen Bil­dungs­ab­schluss der obli­ga­to­ri­schen Stu­fe oder der Sekun­dar­stu­fe II ver­fü­gen, weni­ger oft allein leben als Per­so­nen mit einem ter­tiä­ren Bil­dungs­ab­schluss. Im Zeit­raum von 1992 bis 2014 ist die Wahr­schein­lich­keit, allein zu leben, für Frau­en und Män­ner mit hoher Qua­li­fi­ka­ti­on jedoch gesunken.

Die Entwicklung der Partnerwahl nach Einkommen

Abbil­dung 3 zeigt die Ergeb­nis­se für die Part­ner­wahl nach Ein­kom­men. Auch hier stel­len wir in allen Schich­ten eine aus­ge­präg­te Part­ner­wahl nach Ein­kom­men fest. Im Gegen­satz zur Part­ner­wahl nach Bil­dungs­stand hat die Part­ner­wahl nach Ein­kom­men sowohl bei nied­ri­gen als auch bei hohen Ein­kom­men zugenommen.

Die Wahr­schein­lich­keit, allein zu leben, fällt eben­falls anders aus als bei der Part­ner­wahl nach Bil­dungs­stand: Män­ner mit gerin­gem Ein­kom­men wei­sen eine höhe­re Wahr­schein­lich­keit auf, allein zu leben, als Män­ner mit hohem Ein­kom­men. Wäh­rend Frau­en mit hohem Ein­kom­men im Jahr 2000 noch eine höhe­re Wahr­schein­lich­keit auf­wie­sen, allein zu leben, unter­schie­den sie sich 2014 nicht mehr von den Frau­en mit mitt­le­rem Einkommen.

Abbildung 3: Entwicklung der Partnerwahl nach Einkommen zwischen 2000 und 2014

Quel­le: SAKE 1992, 2000, 2014. Sie­he auch Ravazzi­ni et al. (2017)

Es ist eben­falls inter­es­sant, die Paa­re auf die Kom­bi­na­ti­on von Bil­dungs­stand und Ein­kom­men hin zu unter­su­chen. Dabei zeigt sich ins­be­son­de­re, dass die Grup­pe mit Paa­ren, die ein­an­der im Ein­kom­men am ähn­lichs­ten sind, nicht aus Per­so­nen mit dem­sel­ben Bil­dungs­stand besteht, son­dern aus Frau­en, die einen höhe­ren Bil­dungs­stand auf­wei­sen als ihre Part­ner. Es lässt sich also sagen, dass Frau­en, die einen Part­ner mit einem nied­ri­gen Bil­dungs­stand wäh­len, dabei oft einen Mann fin­den, der ein hohes Ein­kom­men erzielt.

Betrach­tet man dar­über hin­aus die Dau­er einer Bezie­hung zwi­schen zwei Part­nern, so bestä­tigt sich, dass die Homo­ga­mie nach Ein­kom­men am Anfang der Bezie­hung und bei jun­gen Part­nern stär­ker aus­ge­prägt ist. Dies ist dar­auf zurück­zu­füh­ren, dass sich die Löh­ne der bei­den Part­ner mit stei­gen­dem Alter unter­schied­lich ent­wi­ckeln, auf­grund von unter­schied­li­che beruf­li­chen Kar­rie­ren und weil Frau­en häu­fi­ger ihre Erwerbs­tä­tig­keit ein­schrän­ken als Män­ner bei der Ankunft von Kindern.

Schlussfolgerungen

Die Zahl der Paa­re mit glei­chem Bil­dungs­stand hat seit den 1990er-Jah­ren zuge­nom­men. Unse­re Ana­ly­se zeigt, dass die Part­ner­wahl nach Bil­dungs­stand vor allem bei Paa­ren mit gerin­ger Bil­dung und nicht etwa bei sol­chen mit hoher Bil­dung statt­fin­det, wie wir erwar­tet hät­ten. Paa­re mit gerin­gem Bil­dungs­stand sind dem­nach stär­ker segre­giert als noch vor zwan­zig Jah­ren. Geht man davon aus, dass ein höhe­rer Bil­dungs­stand auch mit höhe­rem Ein­kom­men ein­her­geht, sind die­se Paa­re eine benach­tei­lig­te Bevölkerungsgruppe.

Unse­re Ana­ly­se hat auch gezeigt, dass Män­ner und Frau­en mit einem hohen Bil­dungs­stand mit grös­se­rer Wahr­schein­lich­keit allei­ne leben. Die­se Wahr­schein­lich­keit hat aller­dings im Lau­fe der Jah­re abge­nom­men. Die Wahr­schein­lich­keit allei­ne zu leben, hängt auch mit dem Ein­kom­men zusam­men, wobei sich hier Unter­schie­de nach Geschlecht zei­gen. Wäh­rend Män­ne mit einem tie­fen Ein­kom­men eher allei­ne leben, ist es bei den Frau­en umge­kehrt. Und obwohl Frau­en wirt­schaft­lich unab­hän­gi­ger gewor­den sind, schei­nen zumin­dest jene ohne hohes Ein­kom­men dem Ein­kom­men ihres Part­ners doch noch immer eine gros­se Bedeu­tung beizumessen.

Der Bil­dungs­stand scheint für die hete­ro­se­xu­el­le Paar­bil­dung im Ver­lauf der Zeit jedoch weni­ger wich­tig gewor­den zu sein. Aus die­sem Grund hat die Part­ner­wahl nach Bil­dungs­stand zwi­schen hoch gebil­de­ten Per­so­nen abge­nom­men, die Part­ner­wahl nach Ein­kom­men zwi­schen Per­so­nen mit hohem Ein­kom­men hin­ge­gen zuge­nom­men. Die stark aus­ge­präg­te Part­ner­wahl nach Ein­kom­men zwi­schen Per­so­nen mit hohem Ein­kom­men zeigt, dass der sozia­le Sta­tus bei der Part­ner­wahl nach wie vor ein wich­ti­ges Kri­te­ri­um ist. Durch genaue­re Ana­ly­sen mit auf­ge­schlüs­sel­ten Daten könn­te ermit­telt wer­den, ob die Part­ner­wahl nach Bil­dungs­stand auch von der Art der Uni­ver­si­tät, des Diploms oder des Stu­di­ums abhängt.

Unse­re Ana­ly­se auf der Grund­la­ge von Daten der SAKE und des SHP weist dar­auf hin, dass Män­ner und Frau­en in homo­ga­men Paa­ren mit ter­tiä­rem Bil­dungs­ab­schluss in punc­to Ein­kom­men nicht auf glei­chem Niveau sind. Und die Stu­die zeigt auch, dass die Homo­ga­mie nach Ein­kom­men im Ver­lauf der Paar­be­zie­hung abnimmt. Eine Erklä­rung dafür sind die unter­schied­li­chen Kar­rie­re­schrit­te und die unter­schied­li­che Ver­ant­wor­tung, die Män­ner und Frau­en inner­halb der Fami­lie für die Kin­der übernehmen.

Homo­ga­mie ist dem­nach ein wich­ti­ges Phä­no­men, mit dem nicht nur die Fol­gen der Bil­dungs­ex­pan­si­on, son­dern auch gesell­schaft­li­che, ein­kom­mens- und geschlech­ter­be­zo­ge­ne Ungleich­hei­ten in unse­rer Gesell­schaft nach­ge­zeich­net und unter­sucht wer­den können.

 

Hin­weis: Die­ser Bei­trag erschien am 5. März 2019 auf Social Chan­ge Switz­er­land.

[1] In der Stu­die wer­den Kohor­ten, die in den 1950er-Jah­ren gebo­ren wur­den, mit Kohor­ten ver­gli­chen, die in den Jah­ren danach bis Anfang der 1980er-Jah­re gebo­ren wur­den. Die Ana­ly­se ver­wen­det den Bil­dungs­ab­schluss und Erwerbsstatus.

[2] Unter­sucht wur­den die Jah­re 1970, 1980, 1990 und 2000.

[3] Ähn­li­che Freun­de zu haben, ist ein wei­te­res Phä­no­men, das in den Sozi­al­wis­sen­schaf­ten unter­sucht wird und Homo­phi­lie genannt wird. Stark aus­ge­präg­te Homo­phi­lie kann zu stark aus­ge­präg­ter Homo­ga­mie führen.

[4] Es kann sein, dass allein leben­de Per­so­nen eine Part­ne­rin oder einen Part­ner haben, mit der oder dem sie nicht zusam­men woh­nen. Die Wahr­schein­lich­keit, dass sie Wohn­kos­ten und Ein­kom­men mit die­ser Per­son tei­len, ist des­halb viel gerin­ger. Sie wer­den in die­ser Stu­die daher als Allein­ste­hen­de gewertet.


Refe­renz: Ravazzi­ni, Lau­ra, Ursi­na Kuhn & Chris­ti­an Suter (2019). Gegen­sät­ze zie­hen sich nicht an – die Rol­le von Bil­dung und Ein­kom­men bei der Paar­bil­dung in der Schweiz. Social Chan­ge in Switz­er­land, N° 17.

 

Bibliographie:

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Foto: pixabay

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