Vertrauen in politischen Institutionen: Die zentrale Rolle der traditionellen Medien

Das Funk­tio­nie­ren von demo­kra­ti­schen Sys­te­men hängt stark vom Ver­trau­en der Bür­ge­rin­nen und Bür­ger in die poli­ti­schen Insti­tu­tio­nen ab. Das Ver­trau­en in den Wahl­pro­zess — zum Bei­spiel — ist wich­tig für die Wahl­be­tei­li­gung und die Akzep­tanz des Wahl­er­geb­nis­ses. Ein Man­gel an Ver­trau­en in die­sen Pro­zess kann zu einer Ver­zer­rung der Reprä­sen­ta­ti­on und zu Miss­trau­en gegen­über dem Sys­tem füh­ren. Der jüngs­te Auf­stand im Kapi­tol am 6. Janu­ar 2021 war eine direk­te Kon­se­quenz des man­geln­den Ver­trau­ens in den Wahl­pro­zess bei den US-Prä­si­dent­schafts­wah­len 2020. Der Fort­be­stand und die Sta­bi­li­tät von Demo­kra­tien sind also eng mit dem Ver­trau­en ver­knüpft, das die Men­schen in die Insti­tu­tio­nen haben. Aber wel­che Fak­to­ren beein­flus­sen nun das Ver­trau­en der Men­schen in poli­ti­sche Institutionen?

Der Kon­sum von Infor­ma­tio­nen ist ein grund­le­gen­der Aspekt, der die Bil­dung von Ein­stel­lun­gen und Wer­ten beein­flusst. Bür­ge­rin­nen und Bür­ger, die unter­schied­li­chen Infor­ma­tio­nen aus­ge­setzt sind, ent­wi­ckeln mit grö­ße­rer Wahr­schein­lich­keit unter­schied­li­che Mei­nun­gen zu The­men als Per­so­nen, die ähn­li­chen Infor­ma­tio­nen aus­ge­setzt sind. In der Schweiz wird seit eini­gen Jah­ren eine Debat­te über Fern­seh­ge­büh­ren geführt, wobei es seit 2018 zwei Volks­ab­stim­mun­gen gab und eine drit­te bevor­steht. Die Refor­men lau­fen auf eine Begren­zung der Medi­en­fi­nan­zie­rung hin­aus, wodurch das tra­di­tio­nel­le Medi­en­an­ge­bot des Lan­des redu­ziert wird. Dar­über hin­aus ver­än­dert der aktu­el­le digi­ta­le Wan­del die Art und Wei­se, wie Infor­ma­tio­nen ver­brei­tet wer­den. Um zu ver­ste­hen, wie sich die­se Ent­wick­lun­gen auf das Ver­trau­en der Men­schen in die poli­ti­schen Insti­tu­tio­nen aus­wir­ken, haben wir in einer Nach­wahl­um­fra­ge erho­ben, wel­che Infor­ma­ti­ons­quel­len die Schwei­zer Bür­ge­rin­nen und Bür­ger nut­zen, um sich über die Poli­tik zu infor­mie­ren, und wie viel Ver­trau­en die Befrag­ten in die poli­ti­schen Insti­tu­tio­nen haben.

Die Ergeb­nis­se unse­rer Umfra­ge zei­gen zunächst, dass eine gro­ße Mehr­heit der Befrag­ten die tra­di­tio­nel­len Medi­en als Haupt­in­for­ma­ti­ons­quel­le nutzt (53%). Gesprä­che mit Fami­lie, Freun­den und am Arbeits­platz sind für 18% der Befrag­ten die Haupt­in­for­ma­ti­ons­quel­le und das Inter­net ist für 18% die Haupt­in­for­ma­ti­ons­quel­le. Sozia­le Netz­wer­ke wer­den heut­zu­ta­ge häu­fi­ger genutzt, stel­len aber für weni­ger als 10% der Befrag­ten die Haupt­in­for­ma­ti­ons­quel­le dar. Die tra­di­tio­nel­len Medi­en sind also für mehr als die Hälf­te der Bevöl­ke­rung die wich­tigs­te Quel­le für poli­ti­sche Infor­ma­tio­nen. Doch wel­che Aus­wir­kun­gen hat dies auf das Ver­trau­en in die poli­ti­schen Insti­tu­tio­nen? Abbil­dung 1 zeigt die Ver­tei­lung des Ver­trau­ens in die Insti­tu­tio­nen in Abhän­gig­keit von der Haupt­in­for­ma­ti­ons­quel­le der Befragten.

Abbildung 1: Institutionenvertrauen nach Informationsquelle

Abbil­dung: Alix d’A­gosti­no, DeFac­to • Daten­quel­le: durch­ge­führ­te Umfrage

Abbil­dung 1 zeigt, dass das Ver­trau­en in poli­ti­sche Insti­tu­tio­nen bei Befrag­ten, die die tra­di­tio­nel­len Medi­en als Haupt­in­for­ma­ti­ons­quel­le nut­zen, stär­ker aus­ge­prägt ist. Ins­ge­samt scheint es, dass der Infor­ma­ti­ons­kon­sum der tra­di­tio­nel­len Medi­en das Ver­trau­en in die poli­ti­schen Insti­tu­tio­nen erhöht. Ins­ge­samt gaben zwei Drit­tel der Per­so­nen, die gro­ßes Ver­trau­en in die Insti­tu­tio­nen haben, an, tra­di­tio­nel­le Medi­en zu nut­zen, wäh­rend nur 38% der Befrag­ten mit gerin­gem Ver­trau­en anga­ben, tra­di­tio­nel­le Medi­en als Haupt­in­for­ma­ti­ons­quel­le zu nut­zen. Es gibt also einen star­ken Zusam­men­hang zwi­schen dem Kon­sum tra­di­tio­nel­ler Medi­en und dem Ver­trau­en in poli­ti­sche Institutionen.

Dies betrifft jedoch nur die Haupt­in­for­ma­ti­ons­quel­le. Um genau­er zu erfah­ren, wie die ver­schie­de­nen Medi­en­ar­ten das Ver­trau­en in die poli­ti­schen Insti­tu­tio­nen beein­flus­sen, befrag­ten wir die Befrag­ten nach allen Infor­ma­ti­ons­quel­len, über die sie sich wäh­rend des Wahl­kampfs poli­ti­sche Infor­ma­tio­nen beschafft haben. Ins­ge­samt gaben 52% der Befrag­ten an, sich aus Zei­tun­gen zu infor­mie­ren, 46% nutz­ten das Fern­se­hen und 22% das Radio. In Bezug auf digi­ta­le Infor­ma­ti­ons­quel­len zei­gen die Ergeb­nis­se, dass 18% der Befrag­ten sozia­le Netz­wer­ke nut­zen und 28% das Inter­net. Schließ­lich gab ein gros­ser Teil der Befrag­ten an, dass sie sich auch auf Gesprä­che mit Freun­den und Fami­lie als Quel­le für poli­ti­sche Infor­ma­tio­nen stüt­zen (41%). Bei Gesprä­chen am Arbeits­platz ist die­ser Anteil gerin­ger (14 %).

Die­ser Infor­ma­ti­ons­kon­sum hängt auch mit dem Ver­trau­en der Men­schen in die poli­ti­schen Insti­tu­tio­nen zusam­men. Abbil­dung 2 zeigt den Durch­schnitt des Ver­trau­ens in die Insti­tu­tio­nen nach Art der Quelle.

Abbildung 2: Durchschnittliches Vertrauen in Institutionen nach Medienquelle

Abbil­dung: Alix d’A­gosti­no, DeFac­to • Daten­quel­le: durch­ge­führ­te Umfrage

Abbil­dung 2 zeigt, dass Per­so­nen, die tra­di­tio­nel­le­re Medi­en — TV, Radio und Zei­tun­gen — kon­su­mie­ren, ten­den­zi­ell mehr Ver­trau­en in poli­ti­sche Insti­tu­tio­nen haben. Es ist ersicht­lich, dass die­ser Mit­tel­wert signi­fi­kant höher ist als das Ver­trau­en in die Insti­tu­tio­nen der Befrag­ten, die ange­ben, das Inter­net oder sozia­le Netz­wer­ke zu nutzen.

Zusam­men­fas­send zeigt unse­re Unter­su­chung einen star­ken Zusam­men­hang zwi­schen dem Kon­sum von Infor­ma­tio­nen in tra­di­tio­nel­len Medi­en und dem Ver­trau­en in poli­ti­sche Insti­tu­tio­nen. Die Nut­zung von sozia­len Netz­wer­ken und Infor­ma­tio­nen aus dem Inter­net sind hin­ge­gen mit einem gerin­ge­ren Ver­trau­en in die poli­ti­schen Insti­tu­tio­nen ver­bun­den. Ange­sichts der ent­schei­den­den Rol­le, die das Ver­trau­en in Insti­tu­tio­nen für den Fort­be­stand demo­kra­ti­scher Sys­te­me spielt, und der wach­sen­den Bedeu­tung digi­ta­ler Infor­ma­ti­ons­quel­len, die mit einem gerin­ge­ren Ver­trau­en in demo­kra­ti­sche Insti­tu­tio­nen ein­her­ge­hen, scheint es, dass die tra­di­tio­nel­len Medi­en eine wich­ti­ge Rol­le bei der Ver­brei­tung poli­ti­scher Infor­ma­tio­nen in der Bevöl­ke­rung spie­len. Die Aus­wir­kun­gen der Gebüh­ren­sen­kun­gen in der Schweiz müs­sen in ihrer Gesamt­heit betrach­tet wer­den, und es ist ent­schei­dend zu berück­sich­ti­gen, dass das Medi­en­an­ge­bot in der Schweiz zur poli­ti­schen Sta­bi­li­tät bei­trägt. Eine Schwä­chung der bestehen­den Medi­en­in­sti­tu­tio­nen kann zu weni­ger Sta­bi­li­tät füh­ren, und es liegt nun an der Schwei­zer Bevöl­ke­rung, die poten­zi­el­len indi­vi­du­el­len Gewin­ne einer nied­ri­ge­ren Gebühr und die gesell­schaft­li­chen Kos­ten einer Schwä­chung der Medi­en­in­sti­tu­tio­nen abzuwägen.

Metho­de
Die vor­lie­gen­den Ergeb­nis­se stam­men aus einer Umfra­ge, die zwi­schen dem 23. Okto­ber und dem 1. Novem­ber 2023 nach den Par­la­ments­wah­len vom 22. Okto­ber 2023 durch­ge­führt wur­de. Die Befrag­ten wur­den mit Quo­ten für Alter und Geschlecht rekru­tiert. Ins­ge­samt nah­men 3950 Per­so­nen an der Umfra­ge teil.
NFP 77 – Digi­ta­le Transformation
Im Natio­na­len For­schungs­pro­gramm (NFP 77) for­schen Wissenschaftler:innen in 46 For­schungs­pro­jek­ten zum The­ma „Digi­ta­le Trans­for­ma­ti­on“. Das Haupt­ziel des NFP 77 Pro­gramms ist die Erar­bei­tung von Wis­sen über Chan­cen, Risi­ken, Her­aus­for­de­run­gen und Lösun­gen der Digi­ta­li­sie­rung für die Schweiz.

Hin­weis: Der Arti­kel wur­de von Remo Pari­si übersetzt.

Bild: flickr.com

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