Citizen Sourcing”-Plattform für öffentliche Infrastruktur in Zürich: Wie lässt sich die Beteiligung von Frauen verbessern?

Die Digi­ta­li­sie­rung bie­tet der öffent­li­chen Ver­wal­tung neue Mög­lich­kei­ten für die Zusam­men­ar­beit mit den Bürger:innen. Die­se digi­ta­le Zusam­men­ar­beit kann zusätz­li­che wert­vol­le Res­sour­cen und Ideen lie­fern und die Qua­li­tät der Dienst­leis­tun­gen ver­bes­sern. Obwohl die Nut­zung die­ser Betei­li­gungs­platt­for­men sowohl für die Stadt­ver­wal­tung selbst als auch für die Bürger:innen vor­teil­haft ist, zei­gen For­schungs­er­geb­nis­se, dass sie nicht von allen demo­gra­fi­schen Grup­pen gleich inten­siv genutzt wer­den. Dies führt zu einem Betei­li­gungs­ge­fäl­le, das wich­ti­ge Fra­gen zu demo­kra­ti­schen Grund­sät­zen wie Chan­cen­gleich­heit und Fair­ness aufwirft.

Datenerhebung in Zusammenarbeit mit der Stadt Zürich

In die­ser Stu­die arbei­ten wir gemein­sam mit der Stadt Zürich an ihrer Platt­form “Züri wie neu”, einer Platt­form, auf der Bürger:innen ver­schie­dens­te Infra­struk­tur­män­gel wie defek­te Ver­kehrs­schil­der oder Schä­den an einem Spiel­platz mel­den kön­nen. Die­se Platt­form ist des­halb span­nend, weil eine Vor­stu­die ergab, dass nur 24 % der Nutzer:innen der Platt­form Frau­en sind (Neu­mann & Schott, 2021).

Die Lite­ra­tur zeigt, dass zwi­schen Frau­en und Män­nern signi­fi­kan­te Unter­schie­de in den Prä­fe­ren­zen für gra­fi­sche Lay­outs bestehen. Män­ner bevor­zu­gen zum Bei­spiel dunk­le­re Far­ben wie Schwarz und Blau, wäh­rend Frau­en hel­le­re Far­ben wie Gelb oder Lila vor­zie­hen. Das aktu­el­le Lay­out der Platt­form (sie­he Abbil­dung 1: Ver­si­on 1) könn­te daher für Frau­en weni­ger attrak­tiv sein als für Männer.

In unse­rer Stu­die haben wir die Erfah­run­gen der Nut­zer (“user expe­ri­ence”) mit dem Design der Platt­form unter­sucht, um her­aus­zu­fin­den, wel­ches Design die Betei­li­gungs­ab­sicht von Frau­en ver­bes­sern wür­de. In Zusam­men­ar­beit mit der Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ab­tei­lung der Stadt Zürich ent­wi­ckel­ten wir, auf der Grund­la­ge frü­he­rer For­schungs­er­geb­nis­se, fünf neue inter­ak­ti­ve Ver­sio­nen (“Mock-ups”), die sich in Bezug auf Spra­che, Far­be, und Lay­out unter­schie­den (sie­he Abbil­dung 1). Wir tes­te­ten die­se ver­schie­de­nen Ver­sio­nen der Platt­form, indem wir eine expe­ri­men­tel­le Umfra­ge unter einer reprä­sen­ta­ti­ven Stich­pro­be von Bürger:innen (N=500) in Zürich durch­führ­ten, die die Platt­form “Züri wie neu” noch nicht nutz­ten. Nach­dem wir den Studienteilnehmer:innen eine der Ver­sio­nen vor­ge­stellt hat­ten, mas­sen wir unter ande­rem zwei Varia­blen: die per­sön­li­che Bewer­tung des Designs (Ska­la von 1–5) und die Absicht, die Platt­form zu nut­zen (Ska­la von 1–7).

Abbildung 1 | Sechs interaktive Versionen der Plattform “Züriwieneu”

Es gibt Möglichkeiten, die Nutzung digitaler Plattformen für Frauen deutlich zu verbessern

Wir konn­ten bestä­ti­gen, dass die Ori­gi­nal­ver­si­on das Design ist, wel­ches Frau­en am wenigs­ten gefällt. Unse­re Ergeb­nis­se bestä­ti­gen auch: Je mehr einer Per­son das Design der Platt­form gefällt, des­to wahr­schein­li­cher ist es, dass sie die Platt­form nut­zen würde.

Bei den Ver­sio­nen (3) und (6) wür­den sich Frau­en signi­fi­kant mehr betei­li­gen als Män­ner und ins­ge­samt erzeugt jede neue Ver­si­on bei den Frau­en höhe­re Betei­li­gungs­ab­sich­ten als der aktu­el­le Sta­tus Quo. Aus­ser­dem: Wäh­rend die Umstel­lung auf eine inklu­si­ve Spra­che bei Frau­en einen sehr posi­ti­ven Effekt hat, bewirkt sie bei Män­nern das Gegenteil.

Wenn das Ziel dar­in besteht, eine Design­ver­si­on zu fin­den, die für bei­de Geschlech­ter glei­cher­mas­sen geeig­net ist, dann sind die Ver­sio­nen (2) und (6) (blaue Far­be, kom­bi­niert mit einem hin­zu­ge­füg­ten Bild) am bes­ten geeignet.

Die Bedeu­tung der Nut­zer­er­fah­rung und des inklu­si­ven Designs von Web­sei­ten wird in der öffent­li­chen Ver­wal­tung häu­fig unter­schätzt. Die Ergeb­nis­se die­ser Stu­die sind daher nicht nur für digi­ta­le Betei­li­gungs­platt­for­men rele­vant, son­dern auch für jede Art von digi­ta­len Dienst­leis­tun­gen oder Prozessen.


Bemer­kung: Die­ser Arti­kel wur­de im Rah­men des IDHEAP Poli­cy Brief No. 4 veröffentlicht.

Refe­renz: 

Bild: unsplash.com

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