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Citizen Sourcing”-Plattform für öffentliche Infrastruktur in Zürich: Wie lässt sich die Beteiligung von Frauen verbessern?

Pascale-Catherine Kirklies, Olivier Neumann
19th Mai 2023

Die Digitalisierung bietet der öffentlichen Verwaltung neue Möglichkeiten für die Zusammenarbeit mit den Bürger:innen. Diese digitale Zusammenarbeit kann zusätzliche wertvolle Ressourcen und Ideen liefern und die Qualität der Dienstleistungen verbessern. Obwohl die Nutzung dieser Beteiligungsplattformen sowohl für die Stadtverwaltung selbst als auch für die Bürger:innen vorteilhaft ist, zeigen Forschungsergebnisse, dass sie nicht von allen demografischen Gruppen gleich intensiv genutzt werden. Dies führt zu einem Beteiligungsgefälle, das wichtige Fragen zu demokratischen Grundsätzen wie Chancengleichheit und Fairness aufwirft.

Datenerhebung in Zusammenarbeit mit der Stadt Zürich

In dieser Studie arbeiten wir gemeinsam mit der Stadt Zürich an ihrer Plattform “Züri wie neu”, einer Plattform, auf der Bürger:innen verschiedenste Infrastrukturmängel wie defekte Verkehrsschilder oder Schäden an einem Spielplatz melden können. Diese Plattform ist deshalb spannend, weil eine Vorstudie ergab, dass nur 24 % der Nutzer:innen der Plattform Frauen sind (Neumann & Schott, 2021).

Die Literatur zeigt, dass zwischen Frauen und Männern signifikante Unterschiede in den Präferenzen für grafische Layouts bestehen. Männer bevorzugen zum Beispiel dunklere Farben wie Schwarz und Blau, während Frauen hellere Farben wie Gelb oder Lila vorziehen. Das aktuelle Layout der Plattform (siehe Abbildung 1: Version 1) könnte daher für Frauen weniger attraktiv sein als für Männer.

In unserer Studie haben wir die Erfahrungen der Nutzer (“user experience”) mit dem Design der Plattform untersucht, um herauszufinden, welches Design die Beteiligungsabsicht von Frauen verbessern würde. In Zusammenarbeit mit der Kommunikationsabteilung der Stadt Zürich entwickelten wir, auf der Grundlage früherer Forschungsergebnisse, fünf neue interaktive Versionen (“Mock-ups”), die sich in Bezug auf Sprache, Farbe, und Layout unterschieden (siehe Abbildung 1). Wir testeten diese verschiedenen Versionen der Plattform, indem wir eine experimentelle Umfrage unter einer repräsentativen Stichprobe von Bürger:innen (N=500) in Zürich durchführten, die die Plattform “Züri wie neu” noch nicht nutzten. Nachdem wir den Studienteilnehmer:innen eine der Versionen vorgestellt hatten, massen wir unter anderem zwei Variablen: die persönliche Bewertung des Designs (Skala von 1-5) und die Absicht, die Plattform zu nutzen (Skala von 1-7).

Abbildung 1 | Sechs interaktive Versionen der Plattform “Züriwieneu”

Es gibt Möglichkeiten, die Nutzung digitaler Plattformen für Frauen deutlich zu verbessern

Wir konnten bestätigen, dass die Originalversion das Design ist, welches Frauen am wenigsten gefällt. Unsere Ergebnisse bestätigen auch: Je mehr einer Person das Design der Plattform gefällt, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie die Plattform nutzen würde.

Bei den Versionen (3) und (6) würden sich Frauen signifikant mehr beteiligen als Männer und insgesamt erzeugt jede neue Version bei den Frauen höhere Beteiligungsabsichten als der aktuelle Status Quo. Ausserdem: Während die Umstellung auf eine inklusive Sprache bei Frauen einen sehr positiven Effekt hat, bewirkt sie bei Männern das Gegenteil.

Wenn das Ziel darin besteht, eine Designversion zu finden, die für beide Geschlechter gleichermassen geeignet ist, dann sind die Versionen (2) und (6) (blaue Farbe, kombiniert mit einem hinzugefügten Bild) am besten geeignet.

Die Bedeutung der Nutzererfahrung und des inklusiven Designs von Webseiten wird in der öffentlichen Verwaltung häufig unterschätzt. Die Ergebnisse dieser Studie sind daher nicht nur für digitale Beteiligungsplattformen relevant, sondern auch für jede Art von digitalen Dienstleistungen oder Prozessen.


Bemerkung: Dieser Artikel wurde im Rahmen des IDHEAP Policy Brief No. 4 veröffentlicht.

Referenz: 

Bild: unsplash.com