Die Pandemie hat den Stress für Hochqualifizierte reduziert

In der 26. Aus­ga­be der Zeit­schrift Social Chan­ge in Switz­er­land unter­su­chen Han­nah Klaas und ihre Co-Autor-inn-en die Ent­wick­lung des Stress­ni­veaus in der Schweiz zwi­schen 2016 und 2021. Die For­scher-innen zei­gen, dass der Stress der Bevöl­ke­rung wäh­rend des Lock­downs im Früh­jahr 2020 signi­fi­kant abnahm, aller­dings nur bei Füh­rungs­kräf­ten und Per­so­nen mit Hoch­schul­ab­schluss. Eine posi­ti­ve Leh­re aus der Pan­de­mie wäre es, die beruf­li­che Fle­xi­bi­li­tät bei­zu­be­hal­ten und so den Stress dau­er­haft zu reduzieren.

Social Change in Switzerland

Die For­scher-innen von FORS, dem Schwei­zer Kom­pe­tenz­zen­trum Sozi­al­wis­sen­schaf­ten, ana­ly­sier­ten fast 45’000 Ant­wor­ten zum Stress aus dem Schwei­zer Haus­halt-Panel. Ein Vier­tel der Bevöl­ke­rung gibt an, sich oft oder sehr oft gestresst zu füh­len, wäh­rend 15% sich nie gestresst füh­len. Das Stress­ni­veau ist bei jun­gen Erwach­se­nen höher als bei Men­schen zwi­schen 36 und 64 Jah­ren und vor allem als bei Rent­nern, die den gerings­ten Stress­pe­gel auf­wei­sen. Dar­über hin­aus füh­len sich Frau­en und Per­so­nen mit Hoch­schul­bil­dung häu­fi­ger gestresst als Män­ner und Per­so­nen mit einem nied­ri­ge­ren Bildungsniveau.

Zwi­schen 2016 und 2019 stieg der Anteil der Per­so­nen, die oft unter Stress lei­den, kon­ti­nu­ier­lich. In der ers­ten COVID-Wel­le im Früh­jahr 2020 sank der Stress­pe­gel jedoch. Die Pan­de­mie redu­zier­te ins­be­son­de­re den Stress von Viel­be­schäf­tig­ten und Per­so­nen mit ter­tiä­rer Bil­dung, wäh­rend das Stress­ni­veau von nied­rig qua­li­fi­zier­ten Per­so­nen unver­än­dert blieb. Die­ser Unter­schied erklärt sich durch die Zunah­me des Home Office: Wäh­rend der Pan­de­mie pro­fi­tier­ten 71% der Per­so­nen mit ter­tiä­rem Bil­dungs­ab­schluss davon, aber nur 26% jener mit nied­ri­ger Bildung.

Die Autor-inn-en zei­gen, dass wäh­rend der ers­ten Wel­le auch eine bes­se­re Ver­ein­bar­keit von Beruf und Fami­lie zur Stress­re­duk­ti­on von höher aus­ge­bil­de­ten Per­so­nen bei­getra­gen hat, inso­fern sie wirt­schaft­lich abge­si­chert waren. Gut aus­ge­bil­de­te Per­so­nen sahen ihr Berufs- und Pri­vat­le­ben ent­schleu­nigt und gewan­nen durch Tele­ar­beit an Fle­xi­bi­li­tät. Die­ser Effekt war jedoch nur vor­über­ge­hend, und der Stress­pe­gel steigt 2021 wie­der an. Die Autoren plä­die­ren dafür, dass die posi­ti­ven Aspek­te der Pan­de­mie — grös­se­re Arbeits­fle­xi­bi­li­tät und eine bes­se­re Work-Life-Balan­ce — auf die Zeit nach der Pan­de­mie über­tra­gen wer­den, um Stress dau­er­haft zu reduzieren.


Refe­renz:

  • H. S. Klaas, U. Kuhn, J.-E. Ref­le, M. Voor­pos­tel, V.-A. Ryser, N. Daso­ki & R. Till­mann (2021). Die Ent­wick­lung von Stress in der Schweiz – die ers­te Wel­le der Pan­de­mie ver­schafft gestress­ten Men­schen eine Pau­se. Social Chan­ge in Switz­er­land, N°26, www.socialchangeswitzerland.ch

 

Bild: Kam­bo­opics (Karo­li­na Grabowska)

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