Gleichstellung in der Schweiz: Erwerbstätigkeit von Müttern noch immer wenig akzeptiert

In der 25. Aus­ga­be der Zeit­schrift Social Chan­ge in Switz­er­land unter­su­chen Chris­ti­na Bor­na­ti­ci und ihre bei­den Co-Autoren die Ent­wick­lung der Ein­stel­lun­gen zur Geschlech­ter­gleich­stel­lung in der Schweiz. Zwi­schen 2000 und 2017 ist die Unter­stüt­zung für die Erwerbs­tä­tig­keit von Frau­en gestie­gen, wäh­rend die Akzep­tanz von erwerbs­tä­ti­gen Müt­tern mit klei­nen Kin­dern gering bleibt. Von allen Genera­tio­nen sind es die Jüngs­ten — die Mill­en­ni­als -, die die tra­di­tio­nells­ten Ein­stel­lun­gen zum The­ma Geschlecht haben.

Chris­ti­na Bor­na­ti­ci (FORS), Jac­ques-Antoi­ne Gaut­hi­er und Jean-Marie Le Goff (Uni­ver­si­tät Lau­sanne) ana­ly­sier­ten fast 80’000 Ant­wor­ten zu Geschlech­ter­rol­len aus dem Schwei­zer Haus­halt-Panel zwi­schen 2000 und 2017. Wäh­rend sich die Ein­stel­lun­gen von Frau­en und Män­nern in Rich­tung grö­ße­rer Gleich­stel­lung bewe­gen, sind Män­ner nach wie vor tra­di­tio­nel­ler. Im All­ge­mei­nen wird die Erwerbs­tä­tig­keit von Frau­en bes­ser akzep­tiert als jene von Müt­tern mit Kin­dern im Vor­schul­al­ter. Die Beschäf­ti­gung von Frau­en wird unter­stützt, solan­ge kei­ne Kin­der im Haus­halt leben. Sobald sie jedoch Mut­ter wer­den, wird von den Frau­en erwar­tet, dass sie sich auf die Pri­vat­sphä­re inner­halb der Schwei­zer Gesell­schaft konzentrieren.

Die Autorin und ihre zwei Co-Autoren zei­gen auch, dass sich die Ein­stel­lun­gen mit den Lebens­er­fah­run­gen ver­än­dern. Frau­en, die in den Arbeits­markt ein­tre­ten, ent­wi­ckeln eine ega­li­tä­re­re Ein­stel­lung gegen­über der Arbeit von Frau­en im All­ge­mei­nen und von Müt­tern im Beson­de­ren. Auch der umge­kehr­te Fall ist zu beob­ach­ten: Frau­en, die den Arbeits­markt ver­las­sen, wer­den in ihren Ein­stel­lun­gen zur gesell­schaft­li­chen Rol­le der Frau traditioneller.

Eine unsichere Zukunft für die Geschlechtergleichstellung?

Die AutorIn­nen erwar­te­ten, dass jün­ge­re Genera­tio­nen, die in einem ega­li­tä­re­ren Kon­text sozia­li­siert wur­den, weni­ger tra­di­tio­nel­le Ein­stel­lun­gen haben als älte­re Genera­tio­nen. Über­ra­schen­der­wei­se zei­gen Mill­en­ni­als jedoch tra­di­tio­nel­le­re Ein­stel­lun­gen zu Geschlech­ter­rol­len. Sie ste­hen der För­de­rung der Geschlech­ter­gleich­stel­lung weni­ger posi­tiv gegen­über und sehen die Erwerbs­tä­tig­keit von Frau­en kri­ti­scher. Die tra­di­tio­nel­le­ren Ein­stel­lun­gen der jun­gen Erwach­se­nen wirft die Fra­ge auf, ob in der Schweiz das Inter­es­se an der tat­säch­li­chen Umset­zung der Geschlech­ter­gleich­stel­lung abnimmt.


Referenz:
  • C. Bor­na­ti­ci, J. A. Gaut­hi­er & J. M. Le Goff (2021). Ein­stel­lun­gen zur Geschlech­ter­gleich­stel­lung in der Schweiz, 2000–2017. Social Chan­ge in Switz­er­land, N°25, www.socialchangeswitzerland.ch

Bild: pexels.com

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