Regierungskommunikation in der Schweiz

Die Regie­rungs­kom­mu­ni­ka­ti­on steht im Zeit­al­ter der Digi­ta­li­sie­rung vor umfang­rei­chen Her­aus­for­de­run­gen: Sie muss inner­halb eines engen und oft nur wenig aktu­el­len Rah­mens recht­li­cher und nor­ma­ti­ver Begren­zun­gen und unter sich rasch wan­deln­den Struk­tur­be­din­gun­gen adäquat, umfas­send und zeit­nah kom­mu­ni­zie­ren und dabei den Ansprü­chen von Bür­ge­rin­nen und Bür­gern wie Medi­en­ver­tre­tern glei­cher­ma­ßen gerecht wer­den. Wie dies gelin­gen kann und wo spe­zi­fi­sche Fall­stri­cke lie­gen, dis­ku­tiert unser Bei­trag am Bei­spiel der Regie­rungs­kom­mu­ni­ka­ti­on in der Schweiz. 

Rechtliche und normative Rahmenbedingungen der Regierungskommunikation

Die Infor­ma­ti­ons- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ar­beit des schwei­ze­ri­schen Bun­des­rats ist in der Bun­des­ver­fas­sung nor­miert. Die Regie­rung muss über die eige­nen Pla­nun­gen und Ent­schei­de infor­mie­ren, den Zugang zu amt­li­chen Doku­men­ten ermög­li­chen sowie vor Wah­len und Abstim­mun­gen über poli­ti­sche Rech­te infor­mie­ren. Zudem gehö­ren Auf­klä­rungs­kam­pa­gnen und die Kom­mu­ni­ka­ti­on im Kri­sen­fall zu den Auf­ga­ben der Regie­rungs­kom­mu­ni­ka­ti­on. Zustän­dig für die Infor­ma­ti­on und Kom­mu­ni­ka­ti­on ist die Bun­des­kanz­lei, eine der ältes­ten eid­ge­nös­si­schen Bun­des­be­hör­den. Der Bun­des­kanz­lei obliegt die Koor­di­na­ti­on der Kom­mu­ni­ka­ti­ons­auf­ga­ben des Bun­des­ra­tes als Kol­le­gi­al­or­gan und der Kom­mu­ni­ka­ti­on der Depar­te­men­te. Die Arbeit der Bun­des­kanz­lei unter­liegt viel­fäl­ti­gen Geset­zen und Ver­ord­nun­gen, die u.a. besa­gen, dass die Kom­mu­ni­ka­ti­on von Behör­den objek­tiv, voll­stän­dig und sach­lich sein zu sein habe. Doch gera­de vor Abstim­mun­gen ent­zün­det sich an der Infor­ma­ti­ons- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­tä­tig­keit des Bun­des­ra­tes und der Bun­des­ver­wal­tung vor Abstim­mun­gen immer wie­der Kritik.

Regierungskommunikation und die Medien

Zu den Beson­der­hei­ten der Regie­rungs­kom­mu­ni­ka­ti­on gehört es, dass die Regie­rung unter beson­de­rer Medi­en­auf­merk­sam­keit steht und sich ein enges Inter­de­pen­denz­ver­hält­nis zwi­schen Regie­rung und Medi­en her­aus­ge­bil­det hat. Mit dem Struk­tur­wan­del des Medi­en­sys­tems – dem Bedeu­tungs­zu­wachs audio­vi­su­el­ler Medi­en, der Kom­mer­zia­li­sie­rung der Pres­se und der Digi­ta­li­sie­rung – hat sich auch die Regie­rungs- und Ver­wal­tungs­kom­mu­ni­ka­ti­on gewan­delt. Die Kom­ple­xi­tät ist gestie­gen und die Auf­ga­ben der Regie­rungs­kom­mu­ni­ka­ti­on und der Öffent­lich­keits­ar­beit der Ver­wal­tung haben sich ver­viel­fäl­tigt. Damit stie­gen auch die Res­sour­cen, die für die Infor­ma­ti­ons- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ar­beit der Regie­rung auf­ge­wen­det wer­den. Gleich­zei­tig hat die Anpas­sung der Regie­rungs­kom­mu­ni­ka­ti­on an das Medi­en­sys­tem in Tei­len zu einer zuge­nom­me­nen Per­so­na­li­sie­rung und Kon­flikt­ori­en­tie­rung der Regie­rungs­kom­mu­ni­ka­ti­on geführt. Doch im Ver­gleich zu ande­ren Län­dern wird der Regie­rungs­kom­mu­ni­ka­ti­on in der Schweiz noch immer eine grös­se­re Sach- und Ver­mitt­lungs­ori­en­tie­rung zuge­spro­chen. Das liegt auch an den zahl­rei­chen direkt­de­mo­kra­ti­schen Abstim­mungs­ver­fah­ren, wel­che die akti­ve Mit­wir­kung von Par­tei­en, Ver­bän­den und Ver­ei­nen an der Ent­schei­dungs­vor­be­rei­tung erfordern.

Herausforderungen der Digitalisierung

Die Nut­zung digi­ta­ler Kom­mu­ni­ka­ti­ons­tech­no­lo­gien ermög­licht es der Regie­rung, ihre Inhal­te auch unter Umge­hung der klas­si­schen Mas­sen­me­di­en über vie­le ver­schie­de­ne Kanä­le zu ver­brei­ten, sich zu ver­net­zen und in den Dia­log mit den Bür­ge­rin­nen und Bür­gern zu tre­ten. Der Ein­satz digi­ta­ler Kom­mu­ni­ka­ti­ons­tech­no­lo­gien in der Regie­rungs- und Ver­wal­tungs­kom­mu­ni­ka­ti­on weckt indes auch neue Erwar­tun­gen hin­sicht­lich der Dia­log­be­reit­schaft und Respon­si­vi­tät der Regierungskommunikation.

Die­se Ände­run­gen brin­gen neue nor­ma­ti­ve und recht­li­che Pro­blem­stel­lun­gen mit sich: Wie kann unter Beach­tung der aus einer Zeit vor der Digi­ta­li­sie­rung stam­men­den nor­ma­ti­ven Rah­men­set­zun­gen sinn­voll online kom­mu­ni­ziert wer­den? Inwie­fern sind Ansprü­che an zivi­li­sier­te, das heisst aus nor­ma­ti­ver Per­spek­ti­ve funk­tio­na­le und deli­be­ra­ti­ve Online-Dis­kur­se mit den Gren­zen kom­mu­ni­ka­ti­ven Exe­ku­tiv­han­delns in Ein­klang zu brin­gen? Die Her­aus­for­de­rung wird sein, sich den poli­ti­schen und den tech­no­lo­gisch indu­zier­ten media­len Ver­än­de­run­gen so anzu­pas­sen, dass der Kern­auf­trag der Regie­rungs­kom­mu­ni­ka­ti­on unter sich ändern­den Struk­tur­be­din­gun­gen und im Span­nungs­feld zwi­schen nor­ma­ti­ven Erwar­tun­gen der Bür­ge­rin­nen und Bür­ger auf der einen und demo­kra­tie­theo­re­tisch begrün­de­ten recht­li­chen Rah­men­set­zun­gen auf der ande­ren Sei­te mög­lichst gut erfüllt wer­den kann.


Refe­renz:

Raupp, Julia­na und Jan Niklas Kocks (2019). Regie­rungs­kom­mu­ni­ka­ti­on. In: Black­box Exe­ku­ti­ve – Regie­rungs­leh­re in der Schweiz. Zürich: NZZ Libro, Rei­he „Poli­tik und Gesell­schaft in der Schweiz“.


Am 18. Juni 2019 fin­det an der Uni­ver­si­tät Bern das vom Kom­pe­tenz­zen­trum für Public Manage­ment orga­ni­sier­te Swiss Gover­nan­ce Forum mit dem Fokus “Regie­ren in der Schweiz” statt. Im Rah­men der Ver­an­stal­tung wird das Buch “Black­box Exe­ku­ti­ve – Regie­rungs­leh­re in der Schweiz” vor­ge­stellt.


Bild: You­tube

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