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Regierungskommunikation in der Schweiz

Juliana Raupp, Jan Niklas Kocks
11th Juni 2019

Die Regierungskommunikation steht im Zeitalter der Digitalisierung vor umfangreichen Herausforderungen: Sie muss innerhalb eines engen und oft nur wenig aktuellen Rahmens rechtlicher und normativer Begrenzungen und unter sich rasch wandelnden Strukturbedingungen adäquat, umfassend und zeitnah kommunizieren und dabei den Ansprüchen von Bürgerinnen und Bürgern wie Medienvertretern gleichermaßen gerecht werden. Wie dies gelingen kann und wo spezifische Fallstricke liegen, diskutiert unser Beitrag am Beispiel der Regierungskommunikation in der Schweiz.

Rechtliche und normative Rahmenbedingungen der Regierungskommunikation

Die Informations- und Kommunikationsarbeit des schweizerischen Bundesrats ist in der Bundesverfassung normiert. Die Regierung muss über die eigenen Planungen und Entscheide informieren, den Zugang zu amtlichen Dokumenten ermöglichen sowie vor Wahlen und Abstimmungen über politische Rechte informieren. Zudem gehören Aufklärungskampagnen und die Kommunikation im Krisenfall zu den Aufgaben der Regierungskommunikation. Zuständig für die Information und Kommunikation ist die Bundeskanzlei, eine der ältesten eidgenössischen Bundesbehörden. Der Bundeskanzlei obliegt die Koordination der Kommunikationsaufgaben des Bundesrates als Kollegialorgan und der Kommunikation der Departemente. Die Arbeit der Bundeskanzlei unterliegt vielfältigen Gesetzen und Verordnungen, die u.a. besagen, dass die Kommunikation von Behörden objektiv, vollständig und sachlich sein zu sein habe. Doch gerade vor Abstimmungen entzündet sich an der Informations- und Kommunikationstätigkeit des Bundesrates und der Bundesverwaltung vor Abstimmungen immer wieder Kritik.

Regierungskommunikation und die Medien

Zu den Besonderheiten der Regierungskommunikation gehört es, dass die Regierung unter besonderer Medienaufmerksamkeit steht und sich ein enges Interdependenzverhältnis zwischen Regierung und Medien herausgebildet hat. Mit dem Strukturwandel des Mediensystems – dem Bedeutungszuwachs audiovisueller Medien, der Kommerzialisierung der Presse und der Digitalisierung – hat sich auch die Regierungs- und Verwaltungskommunikation gewandelt. Die Komplexität ist gestiegen und die Aufgaben der Regierungskommunikation und der Öffentlichkeitsarbeit der Verwaltung haben sich vervielfältigt. Damit stiegen auch die Ressourcen, die für die Informations- und Kommunikationsarbeit der Regierung aufgewendet werden. Gleichzeitig hat die Anpassung der Regierungskommunikation an das Mediensystem in Teilen zu einer zugenommenen Personalisierung und Konfliktorientierung der Regierungskommunikation geführt. Doch im Vergleich zu anderen Ländern wird der Regierungskommunikation in der Schweiz noch immer eine grössere Sach- und Vermittlungsorientierung zugesprochen. Das liegt auch an den zahlreichen direktdemokratischen Abstimmungsverfahren, welche die aktive Mitwirkung von Parteien, Verbänden und Vereinen an der Entscheidungsvorbereitung erfordern.

Herausforderungen der Digitalisierung

Die Nutzung digitaler Kommunikationstechnologien ermöglicht es der Regierung, ihre Inhalte auch unter Umgehung der klassischen Massenmedien über viele verschiedene Kanäle zu verbreiten, sich zu vernetzen und in den Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern zu treten. Der Einsatz digitaler Kommunikationstechnologien in der Regierungs- und Verwaltungskommunikation weckt indes auch neue Erwartungen hinsichtlich der Dialogbereitschaft und Responsivität der Regierungskommunikation.

Diese Änderungen bringen neue normative und rechtliche Problemstellungen mit sich: Wie kann unter Beachtung der aus einer Zeit vor der Digitalisierung stammenden normativen Rahmensetzungen sinnvoll online kommuniziert werden? Inwiefern sind Ansprüche an zivilisierte, das heisst aus normativer Perspektive funktionale und deliberative Online-Diskurse mit den Grenzen kommunikativen Exekutivhandelns in Einklang zu bringen? Die Herausforderung wird sein, sich den politischen und den technologisch induzierten medialen Veränderungen so anzupassen, dass der Kernauftrag der Regierungskommunikation unter sich ändernden Strukturbedingungen und im Spannungsfeld zwischen normativen Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger auf der einen und demokratietheoretisch begründeten rechtlichen Rahmensetzungen auf der anderen Seite möglichst gut erfüllt werden kann.


Referenz:

Raupp, Juliana und Jan Niklas Kocks (2019). Regierungskommunikation. In: Blackbox Exekutive – Regierungslehre in der Schweiz. Zürich: NZZ Libro, Reihe „Politik und Gesellschaft in der Schweiz“.


Am 18. Juni 2019 findet an der Universität Bern das vom Kompetenzzentrum für Public Management organisierte Swiss Governance Forum mit dem Fokus "Regieren in der Schweiz" statt. Im Rahmen der Veranstaltung wird das Buch "Blackbox Exekutive – Regierungslehre in der Schweiz" vorgestellt.


Bild: Youtube