Die Zersiedelungsinitiative wurde abgelehnt, obwohl eine deutliche Mehrheit der Stimmenden die Kernanliegen der Vorlage unterstützte. Das Begehren der Jungen Grünen scheiterte, weil die aktuelle Gesetzgebung zur Bekämpfung der Zersiedelung als ausreichend angesehen wurde. Das zeigt die aktuelle Voto-Studie.
Obwohl die Zersiedelungsinitiative an der Urne deutlich verworfen wurde, stiessen die Kernanliegen der Vorlage bei den Stimmenden auf überaus grossen Zuspruch. So unterstützten insgesamt mehr als 80 Prozent der Befragten die Forderung, dass die Schweizer Landschaft und das Kulturland besser geschützt werden sollen. Dieses Argument fand sogar unter jenen Stimmenden eine Dreiviertelmehrheit, die am 10. Februar ein Nein zur Zersiedelungsinitiative einlegten.
Die Vorlage scheiterte jedoch, weil die Meinung überwog, dass die aktuelle Gesetzgebung zur Bekämpfung der Zersiedlung genüge. Nein-Stimmende wiesen in erster Linie auf das kürzlich revidierte Raumplanungsgesetz hin. Demgegenüber dominierten auf der befürwortenden Seite Motive im Zusammenhang mit dem Umwelt- und Heimatschutz. Die Ja-Stimmenden begründeten ihren Entscheid hauptsächlich mit der Forderung, dass eine weitere Überbauung der Schweiz zu stoppen sei.
Deutliche Differenzen beim Stimmentscheid ergaben sich in Bezug auf die Parteisympathien. Wuchtig angenommen wurde die Zersiedelungsinitiative von der Anhängerschaft der Grünen (91%). Im Gegensatz dazu sprach sich das bürgerliche Lager klar gegen die Vorlage aus. Die Sympathisierenden der SVP, CVP und FDP lehnten die Zersiedelungsinitiative mit Nein-Stimmenanteilen von 78 bis 84 Prozent ab. Gespaltenwaren ihrerseits die Anhängerschaften der SP und der GLP (Ja-Anteile von jeweils 53%).
Bei der Stimmbeteiligung traten geschlechterspezifische Unterschiede zutage. Die Frauen nahmen an derAbstimmung weniger häufig teil als die Männer (34 vs. 43%). Jene Frauen, die sich an die Urnen begaben, stimmten der Zersiedelungsinitiative jedoch eher zu (41%) als die Männer (32%). Darüber hinaus vermochten die Grünen ihre Basis nicht in Scharen für die Volksinitiative ihrer Jungpartei zu mobilisieren. Die Stimmbeteiligung unter den Sympathisierenden der Grünen fiel nur durchschnittlich aus.
Zitierweise:
Bernhard, Laurent und Lukas Lauener (2019). VOTO-Studie zur eidgenössischen Volksabstimmung vom 10. Februar 2019. ZDA, FORS, LINK: Aarau/Lausanne/Luzern.
Kontakt:
Lukas Lauener: 021 692 46 71, lukas.lauener@fors.unil.ch.
Die VOTO-Studie
Die VOTO-Studien sind ein gemeinsames Projekt des Forschungszentrums FORS, dem Zentrum für Demokratie Aarau (ZDA) und dem Befragungsinstitut LINK. Finanziert wird VOTO von der Schweizerischen Bundeskanzlei. Die Befragung wird vom Bund seit Herbst 2016 neu anstelle der VOX-Analysen an den VOTO-Verbund in Auftrag gegeben.
An der Abstimmung vom 10. Februar 2019 hatte das Schweizer Stimmvolk über eine einzige Vorlage zu befinden: die von der Jungen Grünen Schweiz lancierte und im Oktober 2016 eingereichte Volksinitiative «Zersiedelung stoppen – für eine nachhaltige Siedlungsentwicklung (Zersiedelungsinitiative)». Diese Initiative wurde mit einem Nein- Stimmenanteil von 63.7% verworfen.
Für die vorliegende Analyse wurden 1’517 Stimmberechtigte befragt. Alle Berichte, die Fragebogen sowie die Rohdaten mit Zusatzinformationen zur Erhebung sind für wissenschaftliche Zwecke frei zugänglich unter www.voto.swiss bzw. durch das FORS-Datenarchiv forsbase.unil.ch.