Panaschierstatistik: Kaum veränderte SVP-Listen

Kei­ne Par­tei ver­liert so weni­ge Stim­men an Lis­ten ande­rer Par­tei­en wie die Schwei­ze­ri­sche Volks­par­tei. Gleich­zei­tig kann die SVP auf über­durch­schnitt­lich vie­le Fremd­stim­men zäh­len. Die Wäh­ler­schaft der GLP und BDP ist hin­ge­gen sehr pana­schier­freu­dig. Dies zeigt eine Ana­ly­se der Pana­schier­sta­tis­tik der Natio­nal­rats­wah­len 2011. 

Die Wäh­le­rin­nen und Wäh­ler der SVP sind schweiz­weit die lis­ten­treus­ten. Im Durch­schnitt geht für die Volks­par­tei weni­ger als eine von zehn Stim­men auf den eige­nen Wahl­zet­teln durch Pana­schie­ren ver­lo­ren. Den bes­ten Wert erziel­te die Par­tei 2011 im Kan­ton Zürich: Dort gin­gen nur gera­de 2.7 Pro­zent der Stim­men auf SVP-Lis­ten an die Konkurrenz. 

Die meis­ten Lis­ten­stim­men ver­lor die SVP im Tes­sin. Dafür konn­te sich die Lega über vie­le Fremd­stim­men von der SVP-Wäh­ler­schaft freuen. 

Listentreue der Wählerschaft (Nationalratswahlen 2011)

Quel­le: BFS, eige­ne Darstellung

Lese­hil­fe: Im Kan­ton Aar­gau gin­gen 2011 94.0 % der Stim­men auf den SVP-Lis­ten an Kan­di­die­ren­de der SVP, 87.5 der Stim­men auf den SP-Lis­ten gin­gen an Kan­di­die­ren­de der SP und 75.9% der Stim­men auf den BDP-Lis­ten gin­gen an die BDP

INFOBOX: Lis­ten­treue
Defi­ni­ti­on: Lis­ten­treue ist der pro­zen­tua­le Anteil der Stim­men auf eige­nen Wahl­zet­teln, die an die eige­ne Par­tei gingen. 
 Listentreue Wählerinnen und Wähler der SP, CVP und FDP

Auch die Wäh­ler­schaft der SP sowie der bür­ger­li­chen Mit­te­par­tei­en FDP und CVP ver­zich­te­ten gröss­ten­teils dar­auf, auf ihren Par­tei­lis­ten zu pana­schie­ren und Kan­di­die­ren­de von ande­ren Par­tei­en zu unterstützen.

In den Kan­to­nen der Roman­die kann vor allem die SP auf sehr lis­ten­treue Wäh­le­rin­nen und Wäh­ler zäh­len, dort ver­liert die Par­tei kaum Stim­men an ande­re Par­tei­en. Auch die FDP kann in den Kan­to­nen mit einer tra­di­tio­nell star­ken radi­ka­len Par­tei auf eine lis­ten­treue Wäh­ler­schaft zählen.

Wahlkreisgrösse und Listentreue

In gros­sen Kan­to­nen ist das Ange­bot an unter­schied­lichs­ten Lis­ten sehr gross. In die­sen Wahl­krei­sen erweist sich die Wäh­ler­schaft aber ganz gene­rell als weni­ger pana­schier­freu­dig. So liegt die Lis­ten­treue in den Kan­to­nen Bern, Genf, Waadt oder Zürich bei allen Par­tei­en über dem Durchschnitt. 

Panaschierfreudige neue Mitte

Die neu­en Par­tei­en GLP und BDP, die 2011 gros­se Gewin­ne ver­bu­chen konn­ten, haben noch kei­ne treue Stamm­wäh­ler­schaft. Sie pro­fi­tier­ten in der Ver­gan­gen­heit von Wech­sel­wäh­lern, die aber gleich­zei­tig auch häu­fig noch Kan­di­die­ren­de ande­rer Lis­ten unter­stütz­ten. Jede vier­te Stim­me auf einem BDP-Wahl­zet­tel ging 2011 durch Pana­schie­ren an eine ande­re Par­tei ver­lo­ren. Auch die GLP muss­te vie­le Stim­men an ande­re Lis­ten abge­ben. Dies ist aller­dings auch dar­auf zurück­zu­füh­ren, dass der BDP und GLP 2011 in man­chen Kan­to­nen mehr Lis­ten­plät­ze als Kan­di­die­ren­de zur Ver­fü­gung stan­den.[1]

SP am attraktivsten für fremde Wähler

Das Ziel der Par­tei­en ist klar: so vie­le Stim­men wie mög­lich dazu­ge­win­nen und gleich­zei­tig so weni­ge wie mög­lich abge­ben. Für pana­schie­ren­de Wäh­le­rin­nen und Wäh­ler war die SP 2011 die attrak­tivs­te Par­tei. 5.6 Pro­zent aller Stim­men der kon­kur­rie­ren­den Lis­ten gin­gen an SP-Kan­di­die­ren­de. Auch die Kan­di­die­ren­den der CVP wur­den von pana­schie­ren­den Wäh­lern häu­fig berück­sich­tigt, auf sie ent­fie­len durch­schnitt­lich 4.9 Pro­zent der frem­den Stimmen. 

Attraktivität der Parteien für’s Panaschieren (Nationalratswahlen 2011)

Quel­le: BFS, eige­ne Darstellung

Lese­hil­fe: Im Kan­ton Aar­gau gin­gen 5.8 % der Stim­men auf frem­den Wahl­zet­teln an die SVP.

INFOBOX: Attrak­ti­vi­tät
Defi­ni­ti­on: Attrak­ti­vi­tät ist der pro­zen­tua­le Anteil der Stim­men auf frem­den Wahl­zet­teln, die an die eige­ne Par­tei gingen.
Kleinparteien unattraktiv für fremde Wähler

Die bei­den Par­tei­en der neu­en Mit­te, die BDP und die GLP, ver­lo­ren nicht nur vie­le Stim­men an ande­re Par­tei­en, sie gewan­nen selbst auch kaum wel­che dazu. Der Anteil der Fremd­stim­men für Kan­di­die­ren­de der BDP oder der GLP lag 2011 zwi­schen einem und zwei Pro­zent. Die Kan­di­die­ren­den der BDP muss­ten ihre Man­da­te 2011 in fast allen Kan­to­nen aus eige­ner Kraft holen, es gab prak­tisch kei­ne Fremd­stim­men. Eine Aus­nah­me bil­det der Kan­ton Grau­bün­den. Die im Kan­ton bereits bekann­ten Kan­di­die­ren­den auf der BDP-Lis­te ver­moch­ten auch vie­le Wäh­le­rin­nen und Wäh­ler ande­rer Par­tei­en von sich zu überzeugen.

INFOBOX: Kumu­lie­ren und Panaschieren

Das Schwei­zer Wahl­sys­tem lässt es zu, dass Wäh­le­rin­nen und Wäh­ler die vor­ge­druck­ten Wahl­lis­ten ver­än­dern kön­nen. Zum einen kön­nen ein­zel­ne Kan­di­die­ren­de dop­pelt gewählt wer­den (Kumu­lie­ren), zum ande­ren kön­nen auch die Namen von Kan­di­die­ren­den ande­rer Par­tei­en auf den Wahl­zet­tel geschrie­ben wer­den (Pana­schie­ren).

[1]So ver­moch­te die BDP in Frei­burg (4 Kandidierende/7 Lis­ten­plät­ze), Basel-Stadt (4/5), St. Gal­len (11/12), Waadt (9/18) und Wal­lis (6/7) und die GLP in Grau­bün­den (4/5) die Lis­ten nur mit Dop­pel­nen­nun­gen zu fül­len. In Luzern gelang es der BDP mit drei Kan­di­die­ren­den trotz Dop­pel­nen­nun­gen nicht, die zehn Lis­ten­plät­ze zu besetzen. 


Quel­len:

Foto: DeFacto

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