Die Frauen legen weiter zu: 4‑Jahresbilanz der kantonalen Wahlen

Die «lila Wel­le», wel­che bereits die eid­ge­nös­si­schen Wah­len 2019 geprägt hat­te, hielt auch bei den meis­ten kan­to­na­len Wah­len der letz­ten vier Jah­re an. In den kan­to­na­len Par­la­men­ten beträgt der Frau­en­an­teil nun 33,5 Pro­zent und in den Regie­run­gen 31 Pro­zent. Dies ent­spricht einer Stei­ge­rung um rund vier bzw. sechs Pro­zent­punk­te. Eine grös­se­re Stei­ge­rung als vier Pro­zent­punk­te gab es in den ver­gan­ge­nen fünf­zig Jah­ren bei den kan­to­na­len Par­la­ments­wah­len erst ein Mal: Im Zuge der Nicht­wahl von Chris­tia­ne Brun­ner in den Bun­des­rat stieg der Frau­en­an­teil 1995 um fast sie­ben Pro­zent­punk­te auf 22 Prozent.

Frauenmehrheit in Neuenburg

Bei den bei den kan­to­na­len Par­la­ments­wah­len der letz­ten vier Jah­re ist ins­be­son­de­re der Durch­marsch der Frau­en in Neu­en­burg her­vor­zu­he­ben: Die Frau­en stei­ger­ten ihre Ver­tre­tung um 24 Pro­zent­punk­te und stel­len mit 58 Pro­zent die Mehr­heit. Neu­en­burg ist der ers­te und bis­her ein­zi­ge Kan­ton mit einer Frau­en­mehr­heit im Parlament.

Neben Neu­en­burg stieg die Frau­en­ver­tre­tung auch in 18 wei­te­ren Kan­to­nen an, am stärks­ten in Basel-Stadt, Grau­bün­den und im Wal­lis (zwi­schen 11 und 15 Punk­te). Am höchs­ten ist nun die Frau­en­ver­tre­tung, neben Neu­en­burg, in Luzern, Basel-Stadt und in Zürich (40–44 Prozent).

Abbildung 1. Kantonale Parlamentswahlen 2020–2023: Gewählte Frauen in Prozent (Stand: Jüngste Wahlen und Veränderung)

Datenbasis: Bundesamt für Statistik
Gegentrend in sechs Kantonen

Die Ver­grös­se­rung der Frau­en­ver­tre­tung erfolg­te jedoch nicht flä­chen­de­ckend. In sechs Kan­to­nen wur­de sie klei­ner: in Obwal­den um sie­ben Pro­zent­punk­te, in Schwyz und im Aar­gau um fünf Punk­te, in Appen­zell Inner­rho­den um vier Punk­te und in Basel-Land­schaft und im Tes­sin um zwei Punkte.

In sechs Kan­to­nen, die alle bevöl­ke­rungs­mäs­sig klein sind, ist nur jeder vier­te Sitz – oder weni­ger – von einer Frau besetzt: 25 Pro­zent beträgt der Frau­en­an­teil in Uri, Gla­rus und Jura, zwan­zig Pro­zent in Appen­zell-Inner­rho­den, 18 Pro­zent in Obwal­den und nur neun Pro­zent in Schwyz.

Rotgrüne Frauen in der Mehrheit

Die Frau­en­ver­tre­tung in den kan­to­na­len Par­la­men­ten ist in den letz­ten vier Jah­ren ins­ge­samt bei allen gros­sen Par­tei­en grös­ser gewor­den, vor allem bei den Grü­nen, der «Mit­te», der SP und den Grün­li­be­ra­len (um fünf bis sechs Pro­zent­punk­te). Etwas gerin­ger war der Zuwachs bei der FDP (+4 Punk­te) und bei der SVP (+3 Punk­te), also bei den­je­ni­gen Par­tei­en, die einen schon eher nied­ri­gen Frau­en­an­teil auf­wei­sen. Damit akzen­tu­iert sich das bekann­te par­tei­po­li­ti­sche Ver­tei­lungs­mus­ter der Frau­en­ver­tre­tung wei­ter: Bei den Grü­nen und der SP sind die Frau­en nun knapp in der Mehr­heit. Bei den Grün­li­be­ra­len beträgt der Frau­en­an­teil 43 Pro­zent, bei der «Mit­te» 31 Pro­zent, bei der FDP 27 Pro­zent und bei der SVP 18 Prozent.

Markanter Vormarsch der «Mitte»-Frauen in den Kantonsregierungen

Noch grös­ser als in den kan­to­na­len Par­la­men­ten war die Stei­ge­rung der Frau­en­ver­tre­tung in den Kan­tons­re­gie­run­gen: Nach einem Zuwachs von sechs Pro­zent­punk­ten beträgt der Frau­en­an­teil nun 31 Prozent.

Dass die Zahl der Frau­en in den Kan­tons­re­gie­run­gen um zehn auf 48 gestie­gen ist, ist vor allem auf mar­kan­te Gewin­ne bei der «Mit­te» zurück­zu­füh­ren (+7) sowie der FDP (+3). Die Grün­li­be­ra­len stel­len neu auch eine Regie­rungs­rä­tin, wäh­rend die Grü­nen in Genf einen Frau­en­sitz verloren.

Die meis­ten Regie­rungs­rä­tin­nen stel­len nun die SP und die «Mit­te» (15 bzw. 14), gefolgt von FDP/LP (10). Fünf Regie­rungs­rä­tin­nen gehö­ren der SVP an, drei den Grü­nen und eine den Grünliberalen.

Nach ihrem mar­kan­ten Vor­marsch haben die Frau­en bei der «Mit­te» nun gut jedes drit­te «Mitte»-Regierungsmandat inne. Pari­tä­tisch ver­tre­ten sind die Frau­en unter den Regie­rungs­ver­tre­tun­gen der SP und den Grün­li­be­ra­len. Bei den Grü­nen beträgt der Frau­en­an­teil 43 Pro­zent, bei FDP/LP 26 Pro­zent und bei der SVP 19 Prozent.

Abbildung 2. Kantonale Regierungswahlen: Gewählte Frauen in Prozent 2023

Immer noch drei Kantonsregierungen ohne Frauen

In vier Kan­to­nen sind die Frau­en in der Regie­rung in der Mehr­heit: in Zürich, Genf, Solo­thurn und in der Waadt. Vier­zig Pro­zent und mehr beträgt der Frau­en­an­teil in acht Kantonen.

Nach acht Jah­ren sind die Frau­en wie­der in den Regie­run­gen der Kan­to­ne Tes­sin und Luzern ver­tre­ten. Immer noch aber gibt es drei Kan­to­ne ohne Frau­en in der Regie­rung: Uri, Aar­gau und das Wal­lis. Zur Erin­ne­rung: Von 2012 bis 2015 regier­te in jeder Kan­tons­re­gie­rung min­des­tens eine Frau mit.


Hin­weis: Die­ser Bei­trag wur­de am 15. Mai 2023 auf Journal21 erstpubliziert.

Bild: flickr.com

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