Rückverteilung fördert Zustimmung zu CO2-Steuern – wenn da nur die Politik nicht wäre

Öko­lo­gi­sche Steu­ern wer­den von vie­len Men­schen abge­lehnt, weil sie die damit ein­her­ge­hen­den Kos­ten fürch­ten. Aller­dings ist vie­len nicht bewusst, dass sie bei einer Rück­erstat­tung der Steu­er­ein­nah­men an die Bevöl­ke­rung sogar mehr zurück­er­hal­ten könn­ten, als sie durch die Steu­er bezah­len. In unse­rer Stu­die haben wir Befrag­ten in der Schweiz und in den USA für das Sze­na­rio einer CO2-Steu­er eine indi­vi­du­el­le Schät­zung ihrer Kos­ten und der Höhe ihrer Rück­erstat­tung vor­ge­legt. Damit wol­len wir unter­su­chen, ob die Infor­ma­ti­on über die Rück­erstat­tung die Zustim­mung zu die­ser Steu­er beeinflusst. 

Es gibt ver­schie­de­ne Arten, CO2 mit Kos­ten zu ver­set­zen. Eine davon sind Steu­ern. Doch wes­halb haben nur weni­ge Län­der eine CO2-Steu­er, die hoch genug ist, um die inter­na­tio­na­len Kli­ma­zie­le zu errei­chen (Stiglitz und Stern 2017)? Grün­de für die schwie­ri­ge poli­ti­sche Durch­setz­bar­keit sind unter ande­rem die Befürch­tun­gen von Bürger:innen und Par­tei­en, dass eine sol­che Besteue­rung hohe Kos­ten ver­ur­sa­chen wür­den, wel­che zudem für Haus­hal­te mit nied­ri­gem Ein­kom­men stär­ker ins Gewicht fal­len würden.

Eine Lösung für Letz­te­res, d.h. die regres­si­ve Wir­kung von öko­lo­gi­schen Steu­ern, ist die Rück­ver­tei­lung der Steu­er­ein­nah­men an die Bevöl­ke­rung. Haus­hal­te mit nied­ri­gem Ein­kom­men erhal­ten damit auf­grund ihres gerin­gen Kon­sums typi­scher­wei­se mehr zurück­er­stat­tet, als sie auf­grund der Steu­er bezah­len müs­sen. Theo­re­tisch müss­te mit die­ser Rück­ver­tei­lung auch die poli­ti­sche Umsetz­bar­keit gege­ben sein, weil gezeigt wer­den kann, dass eine Mehr­heit der Haus­hal­te unter dem Strich einen finan­zi­el­len Gewinn machen kann (Fremstad und Paul 2019).

In vie­len Fäl­len ist die­ser Sach­ver­halt den betrof­fe­nen Per­so­nen aber wohl nicht bewusst. Wenn Bürger:innen von einer CO2-Steu­er hören, den­ken sie ten­den­zi­ell erst an die Kos­ten. Das Pro­blem der CO2-Besteue­rung ist, dass deren Kos­ten für das Indi­vi­du­um wesent­lich sicht­ba­rer sind als der Nut­zen für das Kli­ma (Sta­del­mann-Stef­fen und Der­mont 2018). Selbst wenn die Bevöl­ke­rung von der Rück­erstat­tung weiss, unter­schätzt sie deren Aus­mass womög­lich. Das kann die Ein­stel­lung zu CO2-Steu­ern nega­tiv beeinflussen.

Und wenn der Nutzen bekannt ist?

Ziel unse­rer Stu­die war es, her­aus­zu­fin­den, ob sich die Zustim­mung zu einer CO2-Steu­er erhöht, wenn die Betrof­fe­nen wis­sen, dass sie auf­grund der Rück­ver­gü­tung Geld zurück erhal­ten – oft mehr, als sie durch die Steu­ern bezah­len. Des­halb wur­de in unse­re Befra­gung ein Instru­ment zur Berech­nung der durch eine CO2-Steu­er für Haus­hal­te ent­ste­hen­den Kos­ten sowie der Höhe der Rück­erstat­tung inte­griert. Die­ses dient dazu, den Befrag­ten auf­zu­zei­gen, wie hoch auf der einen Sei­te ihre per­sön­li­che Steu­er­last wäre, und aus­ser­dem einem zufäl­li­gen Teil der Befrag­ten zusätz­lich, wie viel sie rück­ver­teilt erhal­ten würden.

In den USA gibt es nur in weni­gen Tei­len des Lan­des eine CO2-Steu­er. Auf staat­li­cher Ebe­ne wur­de eine sol­che noch nicht wirk­lich the­ma­ti­siert. In der Befra­gung zeigt sich, dass auch ohne Rück­ver­gü­tung eine Mehr­heit der befrag­ten US-Ame­ri­ka­ner sowohl eine nied­ri­ge als auch eine hohe CO2-Steu­er befür­wor­ten. Vor dem Hin­ter­grund einer Rück­ver­gü­tung erhöh­te sich die Akzep­tanz aber wesent­lich – ent­spre­chend unse­rer Annah­me (sie­he Abbil­dung 1).

Abbildung 1: Zustimmung zur CO2-Steuer, nach Höhe der Steuer, mit und ohne Rückvergütung

In der Schweiz ist die Aus­gangs­la­ge eine ande­re. Seit 2008 ist eine Len­kungs­ab­ga­be auf fos­si­len Brenn­stof­fen in Kraft, wel­che über die Zeit höher wur­de und seit dem 1. Janu­ar 2022 120 Fran­ken pro Ton­ne CO2 beträgt. Zwei Drit­tel der Ein­nah­men aus der CO2-Abga­be wer­den über die Kran­ken­kas­sen­prä­mi­en an die Bevöl­ke­rung rück­ver­teilt. Im Jahr 2022 erhielt jede Per­son ins­ge­samt 88,20 Fran­ken. Dies wird aller­dings nicht sehr trans­pa­rent kom­mu­ni­ziert, was wahr­schein­lich ein Grund ist, dass nur ein klei­ner Teil der Bevöl­ke­rung über die­se Rück­ver­gü­tung infor­miert ist (Mil­den­ber­ger et al. 2022).

Im Juni 2021 kam das revi­dier­te CO2-Gesetz zur Abstim­mung, wel­ches einen maxi­ma­len Preis von 210 Fran­ken vor­ge­se­hen hät­te. Damit hät­te sich auch die Rück­ver­tei­lung erhöht. Das Gesetz wur­de von der Stimm­be­völ­ke­rung aller­dings mit 51.6% Nein-Stim­men knapp abge­lehnt. Unse­re Befra­gung in der Schweiz wur­de im Zeit­raum der Abstim­mung durch­ge­führt – also in einer Zeit, in der das The­ma hoch aktu­ell war.

Ins­ge­samt fin­det die CO2-Steu­er in unse­rer Befra­gung in der Schweiz weni­ger Unter­stüt­zung. Nur in einem Fall stimmt die Mehr­heit der Befrag­ten zu: bei einer nied­ri­gen Steu­er mit Rück­ver­gü­tung (sie­he Abbil­dung 1). Das Ergeb­nis aus der Stu­die deckt sich dabei mit dem Abstim­mungs­er­geb­nis zum CO2-Gesetz. In der Befra­gung befür­wor­te­ten 47.1% eine hohe Steu­er mit Rück­ver­gü­tung – ein ähn­lich hoher Wert wie die 48.4% Ja-Stim­men bei der Volks­ab­stim­mung. Aber wich­tig im Kon­text der Stu­die: Auch in der Schweiz lässt sich ein kla­rer Rück­ver­tei­lungs­ef­fekt beob­ach­ten: Wer erfährt, wie viel Geld er oder sie durch die Rück­ver­tei­lung erhält, stimmt der Ein­füh­rung einer ent­spre­chen­den Steu­er signi­fi­kant und deut­lich stär­ker zu.

Politische Debatte als Dämpfer

Eine Erklä­rung für die tie­fe­re Zustim­mung in der Schweiz im Ver­gleich zur USA ist eben­die­se Abstim­mung oder kon­kre­ter die Tat­sa­che, dass die CO2-Steu­er in der Abstim­mungs­kam­pa­gne kon­tro­vers und mit einem Fokus auf die Kos­ten dis­ku­tiert wur­de. Dass die­se Poli­ti­sie­rung zu einer gerin­ge­ren Zustim­mung geführt hat, bestä­ti­gen auch unse­re wei­ter­ge­hen­den Ana­ly­sen. Um die Rol­le der poli­ti­schen Debat­te zu tes­ten, erhielt in der Umfra­ge näm­lich die Hälf­te der Befrag­ten eine Infor­ma­ti­on dar­über, dass lin­ke und rech­te Par­tei­en unter­schied­li­che Argu­men­te für oder gegen eine sol­che Steu­er vertreten.

Unse­re Annah­me lau­tet, dass der Effekt unter­drückt oder sogar eli­mi­niert wird, wenn poli­ti­sche Par­tei­en bezie­hungs­wei­se Inter­es­sen­grup­pen die Aus­wir­kun­gen der CO2-Besteue­rung öffent­lich dis­ku­tie­ren. Dies bestä­tigt sich in den Ana­ly­sen (sie­he Abbil­dung 2). Wäh­rend sich in den USA ohne Poli­ti­sie­rung über das gan­ze poli­ti­sche Spek­trum ein Rück­ver­tei­lungs­ef­fekt zeigt, ist die­ser in der Schweiz gene­rell v.a. auf die poli­ti­sche Rech­te beschränkt. Ins­ge­samt ist die­ser Rück­ver­tei­lungs­ef­fekt vor allem auf unte­re Ein­kom­mens­schich­ten zurück­zu­füh­ren, die in der Umfra­ge die Infor­ma­ti­on erhal­ten, dass sie von der Steu­er finan­zi­ell pro­fi­tie­ren. Kom­men nun aber poli­ti­sche Bot­schaf­ten ins Spiel (rech­te Sei­te der Gra­phik), ver­schwin­det der posi­ti­ve Effekt der Rück­ver­tei­lung fast voll­stän­dig. Die poli­ti­sche Infor­ma­ti­on über­trumpft also die öko­no­mi­sche. Dabei ist es wich­tig zu beto­nen, dass die poli­ti­sche Infor­ma­ti­on sowohl pro- wie auch con­tra-Argu­men­te beinhal­tet. Es ist also weni­ger der Inhalt, son­dern viel­mehr die Erin­ne­rung dar­an, dass öko­lo­gi­sche Steu­ern poli­tisch umstrit­ten und v.a. von rech­ter Sei­te kri­tisch betrach­tet wer­den, wel­chen den Rück­ver­tei­lungs­ef­fekt zunichtemacht.

Abbildung 2: Der Effekt der Rückerstattung mit und ohne politische Botschaften

Die vor­lie­gen­den Ergeb­nis­se zei­gen, dass die Rück­ver­tei­lung von CO2-Steu­er­ein­nah­men an die Bevöl­ke­rung durch­aus die Zustim­mung zur Steu­er erhö­hen kann. Die Ana­ly­sen machen aber deut­lich, dass ein sol­cher Zustim­mungs­ef­fekt an min­des­tens zwei Bedin­gun­gen geknüpft ist. Ers­tens müs­sen die Betrof­fe­nen kor­rekt über die per­sön­li­chen finan­zi­el­len Aus­wir­kun­gen infor­miert sein bzw. wis­sen, dass sie allen­falls sogar von der Steu­er pro­fi­tie­ren kön­nen. Das sind auf­grund ihres zurück­hal­ten­de­ren Kon­sum­ver­hal­tens ins­ge­samt v.a. die unte­ren Ein­kom­mens­schich­ten, gilt aber natür­lich gera­de auch für öko­lo­gisch spar­sa­me Haus­hal­te. Zwei­tens steht die «posi­ti­ve» Rück­ver­tei­lungs­in­for­ma­ti­on für Bürger:innen im rech­ten poli­ti­schen Lager im Kon­flikt mit der Posi­ti­on «ihrer» Par­tei­en, wel­che CO2-Steu­ern ableh­nen. Unse­re Ergeb­nis­se zei­gen deut­lich, dass in die­sem Span­nungs­feld der Par­tei­in­for­ma­ti­on Vor­zug gege­ben wird. Damit sich der Rück­ver­tei­lungs­ef­fekt mate­ria­li­sie­ren kann, bedürf­te es also auch einer Ent­po­li­ti­sie­rung des Themas.


Quel­le:

Fer­m­stad, Anders, Mat­to Mil­den­ber­ger, Mark Paul und Isa­bel­le Sta­del­mann-Stef­fen. 2022. The Role of Reba­tes in Public Sup­port for Car­bon Taxes. Envi­ron­men­tal Rese­arch Let­ters 17(8): 084040.

Refe­ren­zen:

Fremstad A. und M. Paul. 2019. The impact of a car­bon tax on ine­qua­li­ty. Eco­lo­gi­cal Eco­no­mics 163: 88–97.

Mil­den­ber­ger, Mat­to, Erick Lac­ha­pel­le, Kathryn Har­ri­son und Isa­bel­le Sta­del­mann-Stef­fen. 2022. Limi­ted impacts of car­bon tax reba­te pro­gram­mes on public sup­port for car­bon pri­cing. Natu­re Cli­ma­te Chan­ge 17: 141–147.

Sta­del­mann-Stef­fen, Isa­bel­le und Clau Der­mont. 2018. The unpo­pu­la­ri­ty of incen­ti­ve-based instru­ments: what impro­ves the cost–benefit ratio? Public Choice 175(1–2): 37–62.

Stiglitz, Joseph E. und Nicho­las Stern. 2017. Report of the High-Level Com­mis­si­on on Car­bon Pri­ces (World Bank).

Bild: flickr.com

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