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Rückverteilung fördert Zustimmung zu CO2-Steuern – wenn da nur die Politik nicht wäre

Isabelle Stadelmann-Steffen, Manuela Liem, Anders Fremstad, Matto Mildenberger, Mark Paul
14th Februar 2023

Ökologische Steuern werden von vielen Menschen abgelehnt, weil sie die damit einhergehenden Kosten fürchten. Allerdings ist vielen nicht bewusst, dass sie bei einer Rückerstattung der Steuereinnahmen an die Bevölkerung sogar mehr zurückerhalten könnten, als sie durch die Steuer bezahlen. In unserer Studie haben wir Befragten in der Schweiz und in den USA für das Szenario einer CO2-Steuer eine individuelle Schätzung ihrer Kosten und der Höhe ihrer Rückerstattung vorgelegt. Damit wollen wir untersuchen, ob die Information über die Rückerstattung die Zustimmung zu dieser Steuer beeinflusst.

Es gibt verschiedene Arten, CO2 mit Kosten zu versetzen. Eine davon sind Steuern. Doch weshalb haben nur wenige Länder eine CO2-Steuer, die hoch genug ist, um die internationalen Klimaziele zu erreichen (Stiglitz und Stern 2017)? Gründe für die schwierige politische Durchsetzbarkeit sind unter anderem die Befürchtungen von Bürger:innen und Parteien, dass eine solche Besteuerung hohe Kosten verursachen würden, welche zudem für Haushalte mit niedrigem Einkommen stärker ins Gewicht fallen würden.

Eine Lösung für Letzteres, d.h. die regressive Wirkung von ökologischen Steuern, ist die Rückverteilung der Steuereinnahmen an die Bevölkerung. Haushalte mit niedrigem Einkommen erhalten damit aufgrund ihres geringen Konsums typischerweise mehr zurückerstattet, als sie aufgrund der Steuer bezahlen müssen. Theoretisch müsste mit dieser Rückverteilung auch die politische Umsetzbarkeit gegeben sein, weil gezeigt werden kann, dass eine Mehrheit der Haushalte unter dem Strich einen finanziellen Gewinn machen kann (Fremstad und Paul 2019).

In vielen Fällen ist dieser Sachverhalt den betroffenen Personen aber wohl nicht bewusst. Wenn Bürger:innen von einer CO2-Steuer hören, denken sie tendenziell erst an die Kosten. Das Problem der CO2-Besteuerung ist, dass deren Kosten für das Individuum wesentlich sichtbarer sind als der Nutzen für das Klima (Stadelmann-Steffen und Dermont 2018). Selbst wenn die Bevölkerung von der Rückerstattung weiss, unterschätzt sie deren Ausmass womöglich. Das kann die Einstellung zu CO2-Steuern negativ beeinflussen.

Und wenn der Nutzen bekannt ist?

Ziel unserer Studie war es, herauszufinden, ob sich die Zustimmung zu einer CO2-Steuer erhöht, wenn die Betroffenen wissen, dass sie aufgrund der Rückvergütung Geld zurück erhalten – oft mehr, als sie durch die Steuern bezahlen. Deshalb wurde in unsere Befragung ein Instrument zur Berechnung der durch eine CO2-Steuer für Haushalte entstehenden Kosten sowie der Höhe der Rückerstattung integriert. Dieses dient dazu, den Befragten aufzuzeigen, wie hoch auf der einen Seite ihre persönliche Steuerlast wäre, und ausserdem einem zufälligen Teil der Befragten zusätzlich, wie viel sie rückverteilt erhalten würden.

In den USA gibt es nur in wenigen Teilen des Landes eine CO2-Steuer. Auf staatlicher Ebene wurde eine solche noch nicht wirklich thematisiert. In der Befragung zeigt sich, dass auch ohne Rückvergütung eine Mehrheit der befragten US-Amerikaner sowohl eine niedrige als auch eine hohe CO2-Steuer befürworten. Vor dem Hintergrund einer Rückvergütung erhöhte sich die Akzeptanz aber wesentlich – entsprechend unserer Annahme (siehe Abbildung 1).

Abbildung 1: Zustimmung zur CO2-Steuer, nach Höhe der Steuer, mit und ohne Rückvergütung

In der Schweiz ist die Ausgangslage eine andere. Seit 2008 ist eine Lenkungsabgabe auf fossilen Brennstoffen in Kraft, welche über die Zeit höher wurde und seit dem 1. Januar 2022 120 Franken pro Tonne CO2 beträgt. Zwei Drittel der Einnahmen aus der CO2-Abgabe werden über die Krankenkassenprämien an die Bevölkerung rückverteilt. Im Jahr 2022 erhielt jede Person insgesamt 88,20 Franken. Dies wird allerdings nicht sehr transparent kommuniziert, was wahrscheinlich ein Grund ist, dass nur ein kleiner Teil der Bevölkerung über diese Rückvergütung informiert ist (Mildenberger et al. 2022).

Im Juni 2021 kam das revidierte CO2-Gesetz zur Abstimmung, welches einen maximalen Preis von 210 Franken vorgesehen hätte. Damit hätte sich auch die Rückverteilung erhöht. Das Gesetz wurde von der Stimmbevölkerung allerdings mit 51.6% Nein-Stimmen knapp abgelehnt. Unsere Befragung in der Schweiz wurde im Zeitraum der Abstimmung durchgeführt – also in einer Zeit, in der das Thema hoch aktuell war.

Insgesamt findet die CO2-Steuer in unserer Befragung in der Schweiz weniger Unterstützung. Nur in einem Fall stimmt die Mehrheit der Befragten zu: bei einer niedrigen Steuer mit Rückvergütung (siehe Abbildung 1). Das Ergebnis aus der Studie deckt sich dabei mit dem Abstimmungsergebnis zum CO2-Gesetz. In der Befragung befürworteten 47.1% eine hohe Steuer mit Rückvergütung – ein ähnlich hoher Wert wie die 48.4% Ja-Stimmen bei der Volksabstimmung. Aber wichtig im Kontext der Studie: Auch in der Schweiz lässt sich ein klarer Rückverteilungseffekt beobachten: Wer erfährt, wie viel Geld er oder sie durch die Rückverteilung erhält, stimmt der Einführung einer entsprechenden Steuer signifikant und deutlich stärker zu.

Politische Debatte als Dämpfer

Eine Erklärung für die tiefere Zustimmung in der Schweiz im Vergleich zur USA ist ebendiese Abstimmung oder konkreter die Tatsache, dass die CO2-Steuer in der Abstimmungskampagne kontrovers und mit einem Fokus auf die Kosten diskutiert wurde. Dass diese Politisierung zu einer geringeren Zustimmung geführt hat, bestätigen auch unsere weitergehenden Analysen. Um die Rolle der politischen Debatte zu testen, erhielt in der Umfrage nämlich die Hälfte der Befragten eine Information darüber, dass linke und rechte Parteien unterschiedliche Argumente für oder gegen eine solche Steuer vertreten.

Unsere Annahme lautet, dass der Effekt unterdrückt oder sogar eliminiert wird, wenn politische Parteien beziehungsweise Interessengruppen die Auswirkungen der CO2-Besteuerung öffentlich diskutieren. Dies bestätigt sich in den Analysen (siehe Abbildung 2). Während sich in den USA ohne Politisierung über das ganze politische Spektrum ein Rückverteilungseffekt zeigt, ist dieser in der Schweiz generell v.a. auf die politische Rechte beschränkt. Insgesamt ist dieser Rückverteilungseffekt vor allem auf untere Einkommensschichten zurückzuführen, die in der Umfrage die Information erhalten, dass sie von der Steuer finanziell profitieren. Kommen nun aber politische Botschaften ins Spiel (rechte Seite der Graphik), verschwindet der positive Effekt der Rückverteilung fast vollständig. Die politische Information übertrumpft also die ökonomische. Dabei ist es wichtig zu betonen, dass die politische Information sowohl pro- wie auch contra-Argumente beinhaltet. Es ist also weniger der Inhalt, sondern vielmehr die Erinnerung daran, dass ökologische Steuern politisch umstritten und v.a. von rechter Seite kritisch betrachtet werden, welchen den Rückverteilungseffekt zunichtemacht.

Abbildung 2: Der Effekt der Rückerstattung mit und ohne politische Botschaften

Die vorliegenden Ergebnisse zeigen, dass die Rückverteilung von CO2-Steuereinnahmen an die Bevölkerung durchaus die Zustimmung zur Steuer erhöhen kann. Die Analysen machen aber deutlich, dass ein solcher Zustimmungseffekt an mindestens zwei Bedingungen geknüpft ist. Erstens müssen die Betroffenen korrekt über die persönlichen finanziellen Auswirkungen informiert sein bzw. wissen, dass sie allenfalls sogar von der Steuer profitieren können. Das sind aufgrund ihres zurückhaltenderen Konsumverhaltens insgesamt v.a. die unteren Einkommensschichten, gilt aber natürlich gerade auch für ökologisch sparsame Haushalte. Zweitens steht die «positive» Rückverteilungsinformation für Bürger:innen im rechten politischen Lager im Konflikt mit der Position «ihrer» Parteien, welche CO2-Steuern ablehnen. Unsere Ergebnisse zeigen deutlich, dass in diesem Spannungsfeld der Parteiinformation Vorzug gegeben wird. Damit sich der Rückverteilungseffekt materialisieren kann, bedürfte es also auch einer Entpolitisierung des Themas.


Quelle:

Fermstad, Anders, Matto Mildenberger, Mark Paul und Isabelle Stadelmann-Steffen. 2022. The Role of Rebates in Public Support for Carbon Taxes. Environmental Research Letters 17(8): 084040.

Referenzen:

Fremstad A. und M. Paul. 2019. The impact of a carbon tax on inequality. Ecological Economics 163: 88–97.

Mildenberger, Matto, Erick Lachapelle, Kathryn Harrison und Isabelle Stadelmann-Steffen. 2022. Limited impacts of carbon tax rebate programmes on public support for carbon pricing. Nature Climate Change 17: 141-147.

Stadelmann-Steffen, Isabelle und Clau Dermont. 2018. The unpopularity of incentive-based instruments: what improves the cost–benefit ratio? Public Choice 175(1-2): 37-62.

Stiglitz, Joseph E. und Nicholas Stern. 2017. Report of the High-Level Commission on Carbon Prices (World Bank).

Bild: flickr.com