Aktuelle Rückvergütung hat nur beschränkten Einfluss auf Zustimmung zu CO2-Steuern

Aus wis­sen­schaft­li­cher Per­spek­ti­ve wäre eine CO2-Steu­er das idea­le Instru­ment, um Anrei­ze für einen gerin­ge­ren CO2-Aus­stoss zu set­zen. Den­noch ist sie poli­tisch schwer umsetz­bar. Doch kann die Zustim­mung der Bevöl­ke­rung erhöht wer­den, wenn die Steu­er­ein­nah­men an die Bürger:innen rück­ver­teilt wer­den? Eine Stu­die hat dies in der Schweiz und in Kana­da unter­sucht, den ein­zi­gen Län­dern die eine sol­che Steu­er mit Rück­ver­tei­lung kennen. 

Um den CO2-Aus­stoss der Gesell­schaft zu sen­ken, müs­sen Anrei­ze geschaf­fen wer­den, die den Kon­sum von CO2-inten­si­ven Gütern unat­trak­ti­ver machen, bezie­hungs­wei­se den Kon­sum kli­ma­freund­li­cher Güter attrak­ti­ver. Ein typi­sches Bei­spiel dafür sind CO2-Steu­ern. Sol­che Abga­ben wer­den von Wissenschaftler:innen als opti­ma­le Poli­cy bezeich­net, weil sie kos­ten­ef­fek­tiv sind, für Preis­sta­bi­li­tät sor­gen und sich admi­nis­tra­tiv ein­fach umset­zen las­sen. Trotz die­ser Vor­tei­le stos­sen sol­che Steu­ern in der Poli­tik und der Bevöl­ke­rung auf Widerstand.

Die Argu­men­te dage­gen sind viel­fäl­tig. Beson­ders oft wird aber kri­ti­siert, dass sie unso­zi­al sei­en, weil sie unte­re Ein­kom­mens­schi­cken rela­tiv gese­hen beson­ders stark belas­ten. Eine Lösung für die­ses Pro­blem ist die Rück­ver­tei­lung der Steu­er­ein­nah­men an die Bevöl­ke­rung. Wer­den die Steu­er­ein­nah­men etwa pro Kopf an die Bevöl­ke­rung zurück­ver­teilt, pro­fi­tie­ren unte­re Ein­kom­mens­schich­ten und Haus­hal­te, die wenig CO2 aus­stos­sen. Sie erhal­ten in der Regel so mehr Geld zurück, als sie über die Steu­er bezah­len. Die­se Rück­ver­tei­lung – etwa in Form einer ein­heit­li­chen Pau­scha­le – wird des­halb in der For­schung als wich­ti­ges Instru­ment gese­hen, um CO2-Steu­ern für die Bevöl­ke­rung akzep­ta­bel zu machen (Kle­nert et al. 2018). Ins­be­son­de­re unte­re Ein­kom­mens­grup­pen soll­ten unter die­sen Umstän­den CO2-Steu­ern eher befür­wor­ten (Fremstad et al. 2022).

Bis­he­ri­ge empi­ri­sche Unter­su­chun­gen lie­fern aber kei­ne ein­heit­li­chen Befun­de und basie­ren oft auf hypo­the­ti­schen Fäl­len. Die hier beschrie­be­ne Stu­die geht des­halb einen Schritt wei­ter und stellt die Fra­ge: Wel­che poli­ti­schen Aus­wir­kun­gen haben Rück­ver­gü­tun­gen im Kon­text von real exis­tie­ren­den poli­ti­schen Mass­nah­men? Es wur­den Befra­gun­gen in der Schweiz sowie in Kana­da durch­ge­führt – den ein­zi­gen Län­dern, die eine sol­che Steu­er mit Rück­ver­tei­lung der Ein­nah­men kennen.

Die kana­di­sche Regie­rung hat 2019 eine CO2-Steu­er mit Rück­ver­gü­tung über die Steu­ern ein­ge­führt. Eine erwach­se­ne Per­son pro Haus­halt erhält für alle Per­so­nen im jewei­li­gen Haus­halt eine Ein­kom­mens­steu­er­gut­schrift. In der Schweiz gibt es seit 2008 eine CO2-Abga­be mit Rück­ver­gü­tung. Zwei Drit­tel der Abga­be wer­den an die Bevöl­ke­rung und die Unter­neh­men zurück­ver­teilt. Ein Drit­tel fliesst in das Gebäu­de­pro­gramm zur För­de­rung CO2-wirk­sa­mer Mass­nah­men. Die Bevöl­ke­rung erhält ihren Anteil an der Rück­ver­gü­tung über eine Gut­schrift auf der Krankenkassenprämie.

Die generellen Muster: Wer CO2-Steuern unterstützt

In der kana­di­schen Stu­die wur­den die­sel­ben Per­so­nen fünf­mal befragt, um ihre Ein­stel­lung zur CO2-Steu­er zu erhe­ben. Dies im Zeit­raum von Febru­ar 2019, als die Steu­er ange­kün­digt wur­de, bis Mai 2020, ein Jahr nach der Ein­füh­rung. Über die fünf Befra­gungs­wel­len hin­weg blieb die Zustim­mung in Kana­da rela­tiv sta­bil. Unter­schie­de zei­gen sich jedoch bezüg­lich Par­tei­prä­fe­renz. Über alle Befra­gungs­zeit­punk­te hin­weg ist die Zustim­mung bei Unter­stüt­zen­den der Libe­ral Par­ty of Cana­da deut­lich höher als bei den Unter­stüt­zen­den der Con­ser­va­ti­ve Par­ty of Cana­da. Die Unter­schie­de bestehen auch unter Berück­sich­ti­gung der indi­vi­du­el­len Kostenbelastung.

In der Schweiz fand nur eine Befra­gung zu einem Zeit­punkt statt – im Dezem­ber 2019. Die Zustim­mung zur exis­tie­ren­den Poli­tik ist hier ins­ge­samt höher als in Kana­da, doch auch in der Schweiz zei­gen sich Unter­schie­de je nach Par­tei­prä­fe­renz. Wer lin­ke oder Mit­te­par­tei­en unter­stützt, spricht sich deut­lich häu­fi­ger für die aktu­el­le CO2-Abga­be aus, als poli­tisch rechts ver­or­te­te Per­so­nen (sie­he auch Abbil­dung 2).

Erhöhen Informationen über die Rückerstattung die Unterstützung?

Doch beein­flusst die Rück­erstat­tung der Steu­er­ein­nah­men die Ein­stel­lun­gen der Bevöl­ke­rung? Um dies zu über­prü­fen, wur­de zunächst in Kana­da eine Beson­der­heit des Sys­tems genutzt: Das Sys­tem der Rück­ver­tei­lung wur­de nur in eini­gen Pro­vin­zen ein­ge­führt, wäh­rend es in ande­ren nicht zur Anwen­dung kam. Falls die Rück­erstat­tung der Zustim­mung för­der­lich ist, soll­te die Unter­stüt­zung für die Steu­er also in den Pro­vin­zen mit Rück­erstat­tung höher aus­fal­len. Dies lässt sich in den Daten aller­dings nicht sehen.

Es ist anzu­neh­men, dass sich ein Effekt auf die Zustim­mung nur ent­fal­ten kann, wenn die Rezi­pi­en­ten die­se Rück­erstat­tung bewusst wahr­neh­men. Dies­be­züg­lich zei­gen die Daten aller­dings, dass auch in jenen Pro­vin­zen, in denen die Bevöl­ke­rung eine Steu­er­gut­schrift erhält, ein wesent­li­cher Teil der Befrag­ten (17%) nichts von die­ser Rück­erstat­tung wuss­ten und ins­ge­samt die Höhe der rück­erstat­te­ten Sum­me unter­schätzt wur­de. Dies gilt stär­ker für die Unter­stüt­zen­den der Con­ser­va­ti­ve Par­ty, wel­che der Steu­er beson­ders skep­tisch gegenüberstehen.

Ein ähn­li­ches Bild zeigt sich in den Schwei­zer Daten (Abbil­dung 1). Obwohl die CO2-Abga­be schon seit 2008 in Kraft ist, wis­sen nur 12% der Befrag­ten, dass die Ein­nah­men aus der CO2-Abga­be an Bevöl­ke­rung und Wirt­schaft rück­ver­teilt wer­den. Eben­so gering ist das Wis­sen über die Höhe des rück­ver­teil­ten Betrags und dar­über, dass die Rück­ver­tei­lung über die Kran­ken­kas­se vor­ge­nom­men wird. Unter die­sen Umstän­den ist es unwahr­schein­lich, dass die bestehen­de CO2-Abga­be posi­ti­ve Erfah­rungs­ef­fek­te schafft.

Abbildung 1: Wissensstand bezüglich CO2-Abgabe in der Schweiz (korrekte Antworten hervorgehoben)

Doch, wäre die Unter­stüt­zung für eine Erhö­hung der CO2-Abga­be höher, wenn die Men­schen bes­ser ver­ste­hen wür­den, wie sie funk­tio­niert? Um dies zu über­prü­fen, wur­de in die Befra­gun­gen ein Expe­ri­ment ein­ge­baut. Der Hälf­te der Befrag­ten erhiel­ten Erklä­run­gen zur CO2-Abga­be und ein Bild einer Kran­ken­kas­sen­prä­mi­en­ab­rech­nung, auf der die Rück­erstat­tung der CO2-Abga­be aus­ge­wie­sen wird. Die Ana­ly­sen zeig­ten, dass die­se Infor­ma­tio­nen zwar die Zustim­mung zur aktu­el­len CO2-Abga­be erhöh­ten, aller­dings nur bei Per­so­nen, die sich poli­tisch links oder rechts ein­ord­nen, nicht aber für jene in der Mit­te (Abbil­dung 2). Aus­ser­dem stei­ger­ten die Infor­ma­tio­nen die Unter­stüt­zung für eine Erhö­hung der CO2-Abga­be nicht wesentlich.

Abbildung 2: Der Effekt von Informationen auf die Zustimmung zur CO2-Abgabe in der Schweiz 

In Kana­da erhielt eben­falls die Hälf­te der Befrag­ten bei der vier­ten Befra­gungs­wel­le Infor­ma­tio­nen zur rück­erstat­te­ten Sum­me. Hier zeig­te sich gar kein posi­ti­ver Effekt auf die Unter­stüt­zung. Im Gegen­teil, nun glaub­ten die Befrag­ten sogar weni­ger, dass die­ser Betrag ihre tat­säch­li­chen Aus­ga­ben im Rah­men der CO2-Abga­be decken wür­den. Dies gilt ins­be­son­de­re für Sympathisant:innen der Con­ser­va­ti­ve Party. 

Fazit

Ins­ge­samt lie­fert die vor­lie­gen­de Stu­die nur wenig Hin­wei­se, dass die bereits bestehen­den CO2-Steu­ern mit Rück­ver­gü­tung in Kana­da und der Schweiz Unter­stüt­zung für eine CO2-Steu­er schaf­fen können.

Die Ana­ly­sen zei­gen einer­seits, dass die­se Rück­ver­gü­tung in ihrer aktu­el­len Aus­ge­stal­tung nicht oder nicht kor­rekt im Bewusst­sein der Men­schen ankommt. Dies, obwohl die CO2-Abga­be in der Schweiz schon seit über zehn Jah­ren in Kraft ist und in Kana­da die Befra­gung in einer Zeit durch­ge­führt wur­de, als das The­ma sehr pro­mi­nent war. Zudem deu­ten die Ergeb­nis­se der Stu­di­en in bei­den Län­dern dar­auf hin, dass ein­ma­li­ge Infor­ma­ti­on, wie sie im Rah­men der Expe­ri­men­te zur Ver­fü­gung gestellt wur­den, dar­an nichts Wesent­li­ches ändern.

Stu­di­en aus ande­ren Berei­chen las­sen den Schluss zu, dass Ler­nen über die Zeit die Unter­stüt­zung für Steu­ern erhö­hen kann (Hens­her und Li 2013). Damit dies in der Pra­xis gelingt – dar­auf deu­tet unse­re Stu­die hin — muss aber die Sicht­bar­keit des Instru­ments und v.a. der Rück­ver­tei­lung, aber auch die Wahr­neh­mung ihrer Wirk­sam­keit ver­bes­sert wer­den. Unse­re Ana­ly­sen impli­zie­ren, dass dies nicht mit einer kurz­fris­ti­gen Infor­ma­ti­ons­kam­pa­gne, z.B. im Rah­men einer Abstim­mungs­kam­pa­gne, gelingt, son­dern dass viel­mehr eine län­ger­fris­ti­ge Dis­kus­si­on mit und Sen­si­bi­li­sie­rung der Bevöl­ke­rung nötig ist.


Quel­le:

Mil­den­ber­ger, Mat­to, Erick Lac­ha­pel­le, Kathryn Har­ri­son und Isa­bel­le Sta­del­mann-Stef­fen. 2022. Limi­ted impacts of car­bon tax reba­te pro­gram­mes on public sup­port for car­bon pri­cing. Natu­re Cli­ma­te Chan­ge 17: 141–147.

Refe­ren­zen:

  • Fer­m­stad, Anders, Mat­to Mil­den­ber­ger, Mark Paul und Isa­bel­le Sta­del­mann-Stef­fen. 2022. The Role of Reba­tes in Public Sup­port for Car­bon Taxes. Envi­ron­men­tal Rese­arch Let­ters 17(8): 084040.
  • Hens­her, David A. und Zheng Li. 2013. Refe­ren­dum voting in road pri­cing reform: A review of the evi­dence. Trans­port Poli­cy 25: 186–197.
  • Kle­nert, David, Linus Mattauch, Emma­nu­el Com­bet, Ott­mar Eden­ho­fer, Came­ron Hepburn, Ryan Raf­a­ty und Nicho­las Stern. 2018. Making car­bon pri­cing work for citi­zens. Natu­re Cli­ma­te Chan­ge 8: 669–677.

 

Bild: Unsplah

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