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Aktuelle Rückvergütung hat nur beschränkten Einfluss auf Zustimmung zu CO2-Steuern

Isabelle Stadelmann-Steffen, Manuela Liem, Matto Mildenberger, Erick Lachapelle, Kathryn Harrison
21st Dezember 2022

Aus wissenschaftlicher Perspektive wäre eine CO2-Steuer das ideale Instrument, um Anreize für einen geringeren CO2-Ausstoss zu setzen. Dennoch ist sie politisch schwer umsetzbar. Doch kann die Zustimmung der Bevölkerung erhöht werden, wenn die Steuereinnahmen an die Bürger:innen rückverteilt werden? Eine Studie hat dies in der Schweiz und in Kanada untersucht, den einzigen Ländern die eine solche Steuer mit Rückverteilung kennen.

Um den CO2-Ausstoss der Gesellschaft zu senken, müssen Anreize geschaffen werden, die den Konsum von CO2-intensiven Gütern unattraktiver machen, beziehungsweise den Konsum klimafreundlicher Güter attraktiver. Ein typisches Beispiel dafür sind CO2-Steuern. Solche Abgaben werden von Wissenschaftler:innen als optimale Policy bezeichnet, weil sie kosteneffektiv sind, für Preisstabilität sorgen und sich administrativ einfach umsetzen lassen. Trotz dieser Vorteile stossen solche Steuern in der Politik und der Bevölkerung auf Widerstand.

Die Argumente dagegen sind vielfältig. Besonders oft wird aber kritisiert, dass sie unsozial seien, weil sie untere Einkommensschicken relativ gesehen besonders stark belasten. Eine Lösung für dieses Problem ist die Rückverteilung der Steuereinnahmen an die Bevölkerung. Werden die Steuereinnahmen etwa pro Kopf an die Bevölkerung zurückverteilt, profitieren untere Einkommensschichten und Haushalte, die wenig CO2 ausstossen. Sie erhalten in der Regel so mehr Geld zurück, als sie über die Steuer bezahlen. Diese Rückverteilung – etwa in Form einer einheitlichen Pauschale – wird deshalb in der Forschung als wichtiges Instrument gesehen, um CO2-Steuern für die Bevölkerung akzeptabel zu machen (Klenert et al. 2018). Insbesondere untere Einkommensgruppen sollten unter diesen Umständen CO2-Steuern eher befürworten (Fremstad et al. 2022).

Bisherige empirische Untersuchungen liefern aber keine einheitlichen Befunde und basieren oft auf hypothetischen Fällen. Die hier beschriebene Studie geht deshalb einen Schritt weiter und stellt die Frage: Welche politischen Auswirkungen haben Rückvergütungen im Kontext von real existierenden politischen Massnahmen? Es wurden Befragungen in der Schweiz sowie in Kanada durchgeführt – den einzigen Ländern, die eine solche Steuer mit Rückverteilung der Einnahmen kennen.

Die kanadische Regierung hat 2019 eine CO2-Steuer mit Rückvergütung über die Steuern eingeführt. Eine erwachsene Person pro Haushalt erhält für alle Personen im jeweiligen Haushalt eine Einkommenssteuergutschrift. In der Schweiz gibt es seit 2008 eine CO2-Abgabe mit Rückvergütung. Zwei Drittel der Abgabe werden an die Bevölkerung und die Unternehmen zurückverteilt. Ein Drittel fliesst in das Gebäudeprogramm zur Förderung CO2-wirksamer Massnahmen. Die Bevölkerung erhält ihren Anteil an der Rückvergütung über eine Gutschrift auf der Krankenkassenprämie.

Die generellen Muster: Wer CO2-Steuern unterstützt

In der kanadischen Studie wurden dieselben Personen fünfmal befragt, um ihre Einstellung zur CO2-Steuer zu erheben. Dies im Zeitraum von Februar 2019, als die Steuer angekündigt wurde, bis Mai 2020, ein Jahr nach der Einführung. Über die fünf Befragungswellen hinweg blieb die Zustimmung in Kanada relativ stabil. Unterschiede zeigen sich jedoch bezüglich Parteipräferenz. Über alle Befragungszeitpunkte hinweg ist die Zustimmung bei Unterstützenden der Liberal Party of Canada deutlich höher als bei den Unterstützenden der Conservative Party of Canada. Die Unterschiede bestehen auch unter Berücksichtigung der individuellen Kostenbelastung.

In der Schweiz fand nur eine Befragung zu einem Zeitpunkt statt – im Dezember 2019. Die Zustimmung zur existierenden Politik ist hier insgesamt höher als in Kanada, doch auch in der Schweiz zeigen sich Unterschiede je nach Parteipräferenz. Wer linke oder Mitteparteien unterstützt, spricht sich deutlich häufiger für die aktuelle CO2-Abgabe aus, als politisch rechts verortete Personen (siehe auch Abbildung 2).

Erhöhen Informationen über die Rückerstattung die Unterstützung?

Doch beeinflusst die Rückerstattung der Steuereinnahmen die Einstellungen der Bevölkerung? Um dies zu überprüfen, wurde zunächst in Kanada eine Besonderheit des Systems genutzt: Das System der Rückverteilung wurde nur in einigen Provinzen eingeführt, während es in anderen nicht zur Anwendung kam. Falls die Rückerstattung der Zustimmung förderlich ist, sollte die Unterstützung für die Steuer also in den Provinzen mit Rückerstattung höher ausfallen. Dies lässt sich in den Daten allerdings nicht sehen.

Es ist anzunehmen, dass sich ein Effekt auf die Zustimmung nur entfalten kann, wenn die Rezipienten diese Rückerstattung bewusst wahrnehmen. Diesbezüglich zeigen die Daten allerdings, dass auch in jenen Provinzen, in denen die Bevölkerung eine Steuergutschrift erhält, ein wesentlicher Teil der Befragten (17%) nichts von dieser Rückerstattung wussten und insgesamt die Höhe der rückerstatteten Summe unterschätzt wurde. Dies gilt stärker für die Unterstützenden der Conservative Party, welche der Steuer besonders skeptisch gegenüberstehen.

Ein ähnliches Bild zeigt sich in den Schweizer Daten (Abbildung 1). Obwohl die CO2-Abgabe schon seit 2008 in Kraft ist, wissen nur 12% der Befragten, dass die Einnahmen aus der CO2-Abgabe an Bevölkerung und Wirtschaft rückverteilt werden. Ebenso gering ist das Wissen über die Höhe des rückverteilten Betrags und darüber, dass die Rückverteilung über die Krankenkasse vorgenommen wird. Unter diesen Umständen ist es unwahrscheinlich, dass die bestehende CO2-Abgabe positive Erfahrungseffekte schafft.

Abbildung 1: Wissensstand bezüglich CO2-Abgabe in der Schweiz (korrekte Antworten hervorgehoben)

Doch, wäre die Unterstützung für eine Erhöhung der CO2-Abgabe höher, wenn die Menschen besser verstehen würden, wie sie funktioniert? Um dies zu überprüfen, wurde in die Befragungen ein Experiment eingebaut. Der Hälfte der Befragten erhielten Erklärungen zur CO2-Abgabe und ein Bild einer Krankenkassenprämienabrechnung, auf der die Rückerstattung der CO2-Abgabe ausgewiesen wird. Die Analysen zeigten, dass diese Informationen zwar die Zustimmung zur aktuellen CO2-Abgabe erhöhten, allerdings nur bei Personen, die sich politisch links oder rechts einordnen, nicht aber für jene in der Mitte (Abbildung 2). Ausserdem steigerten die Informationen die Unterstützung für eine Erhöhung der CO2-Abgabe nicht wesentlich.

Abbildung 2: Der Effekt von Informationen auf die Zustimmung zur CO2-Abgabe in der Schweiz 

In Kanada erhielt ebenfalls die Hälfte der Befragten bei der vierten Befragungswelle Informationen zur rückerstatteten Summe. Hier zeigte sich gar kein positiver Effekt auf die Unterstützung. Im Gegenteil, nun glaubten die Befragten sogar weniger, dass dieser Betrag ihre tatsächlichen Ausgaben im Rahmen der CO2-Abgabe decken würden. Dies gilt insbesondere für Sympathisant:innen der Conservative Party.

Fazit

Insgesamt liefert die vorliegende Studie nur wenig Hinweise, dass die bereits bestehenden CO2-Steuern mit Rückvergütung in Kanada und der Schweiz Unterstützung für eine CO2-Steuer schaffen können.

Die Analysen zeigen einerseits, dass diese Rückvergütung in ihrer aktuellen Ausgestaltung nicht oder nicht korrekt im Bewusstsein der Menschen ankommt. Dies, obwohl die CO2-Abgabe in der Schweiz schon seit über zehn Jahren in Kraft ist und in Kanada die Befragung in einer Zeit durchgeführt wurde, als das Thema sehr prominent war. Zudem deuten die Ergebnisse der Studien in beiden Ländern darauf hin, dass einmalige Information, wie sie im Rahmen der Experimente zur Verfügung gestellt wurden, daran nichts Wesentliches ändern.

Studien aus anderen Bereichen lassen den Schluss zu, dass Lernen über die Zeit die Unterstützung für Steuern erhöhen kann (Hensher und Li 2013). Damit dies in der Praxis gelingt – darauf deutet unsere Studie hin - muss aber die Sichtbarkeit des Instruments und v.a. der Rückverteilung, aber auch die Wahrnehmung ihrer Wirksamkeit verbessert werden. Unsere Analysen implizieren, dass dies nicht mit einer kurzfristigen Informationskampagne, z.B. im Rahmen einer Abstimmungskampagne, gelingt, sondern dass vielmehr eine längerfristige Diskussion mit und Sensibilisierung der Bevölkerung nötig ist.


Quelle:

Mildenberger, Matto, Erick Lachapelle, Kathryn Harrison und Isabelle Stadelmann-Steffen. 2022. Limited impacts of carbon tax rebate programmes on public support for carbon pricing. Nature Climate Change 17: 141-147.

Referenzen:

  • Fermstad, Anders, Matto Mildenberger, Mark Paul und Isabelle Stadelmann-Steffen. 2022. The Role of Rebates in Public Support for Carbon Taxes. Environmental Research Letters 17(8): 084040.
  • Hensher, David A. und Zheng Li. 2013. Referendum voting in road pricing reform: A review of the evidence. Transport Policy 25: 186-197.
  • Klenert, David, Linus Mattauch, Emmanuel Combet, Ottmar Edenhofer, Cameron Hepburn, Ryan Rafaty und Nicholas Stern. 2018. Making carbon pricing work for citizens. Nature Climate Change 8: 669-677.

 

Bild: Unsplah