Der Sozialstaat verringert die Ungleichheit um einen Viertel

In der 28. Aus­ga­be der Zeit­schrift Social Chan­ge in Switz­er­land doku­men­tie­ren Oli­ver Hüm­be­lin und sei­ne Kol­le­gen, wie der Sozi­al­staat die Ein­kom­mens­ver­tei­lung in der Schweiz ver­än­dert. Dank Sozi­al­leis­tun­gen und Steu­ern ver­rin­gert sich die Ungleich­heit der Markt­ein­kom­men um einen Vier­tel. Der grös­se­re Teil der Umver­tei­lung geschieht dabei über Sozi­al­leis­tun­gen, der klei­ne­re über Steuern.

Social Change in Switzerland

Die Schweiz galt im inter­na­tio­na­len Ver­gleich der Sozi­al­staa­ten lan­ge als Nach­züg­le­rin. Heu­te trägt der Sozi­al­staat jedoch auch in der Schweiz mass­geb­lich zur Abnah­me der Ein­kom­mensun­gleich­heit bei. Mit­hil­fe von 3.4 Mil­lio­nen Indi­vi­du­al­da­ten aus den Sozi­al­ver­si­che­rungs- und Steu­er­re­gis­tern zei­gen die Autoren, dass Sozi­al­leis­tun­gen und Steu­ern die unglei­che Ver­tei­lung von Markt­ein­kom­men um einen Vier­tel ver­rin­gern. 70% die­ser Abnah­me sind auf Trans­fer­leis­tun­gen zurück­zu­füh­ren – in ers­ter Linie auf Ren­ten und Leis­tun­gen der Sozi­al­hil­fe – und wei­te­re 30% der Abnah­me erklä­ren sich mit den pro­gres­si­ven direk­ten Steuern.

Die Auf­schlüs­se­lung der Ein­kom­men für Haus­hal­te im Ren­ten­al­ter zeigt, dass die AHV für 70% der Rent­ner-innen die wich­tigs­te Ein­kom­mens­quel­le dar­stellt. Im Ver­gleich dazu spielt die beruf­li­che Vor­sor­ge ins­be­son­de­re bei den weni­ger wohl­ha­ben­den Rent­ner-innen eine beschei­de­ne Rol­le. Erst ab dem 70. Ein­kom­men­sper­zen­til fällt sie stär­ker in Gewicht als die AHV, wäh­rend bei den aller­reichs­ten fünf Pro­zent der Rent­ner-innen die Ver­mö­gens­er­trä­ge dominieren.

Die vier For­scher zei­gen auch, dass eine Mehr­heit der Gesell­schaft vom Sozi­al­staat pro­fi­tiert. Im Schnitt über­wie­gen die bezo­ge­nen Sozi­al­leis­tun­gen die abge­lie­fer­ten direk­ten Steu­ern bis zum 60. Ein­kom­men­sper­zen­til der Erwerbs­be­völ­ke­rung. Bei den ärms­ten 10 Pro­zent füh­ren Sozi­al­leis­tun­gen zu einer Ver­dop­pe­lung der Markt­ein­kom­men, wäh­rend sich die­se bei den reichs­ten 10 Pro­zent nach Sozi­al­leis­tun­gen und Steu­ern um einen Fünf­tel ver­rin­gern. Im inter­na­tio­na­len Ver­gleich bleibt jedoch der Umver­tei­lungs­ef­fekt von direk­ten Steu­ern schwach. Die Autoren erklä­ren die­se Beson­der­heit der Schweiz mit dem kan­to­na­len und kom­mu­na­len Steu­er­wett­be­werb, der über die Jah­re zu einer Abschwä­chung der Steu­er­pro­gres­si­on geführt hat.

Refe­renz

Hüm­be­lin, Oli­ver, Farys, Rudolf, Jann, Ben & Leh­mann, Oli­vi­er (2021). Umver­tei­lung über Steu­ern und Sozi­al­leis­tun­gen in der Schweiz. Social Chan­ge in Switz­er­land, N°28, www.socialchangeswitzerland.ch

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