Datensicherheit und Datenschutz: Wissen und Wahrnehmung der Bevölkerung

Digitalisierungsprozesse im öffentlichen Sektor haben zu einer Zunahme innovativer Ansätze für eine bessere Leistungserbringung durch Informations- und Kommunikationstechnologie geführt. Oftmals basieren Vorbehalte bei BürgerInnen gegenüber solchen Bestrebungen auf Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes (‘data protection’ (DP)) und der Datensicherheit (‘data security’ (DS)). Eine neue Studie unter britischen und deutschen Befragten zeigt, dass BürgerInnen DP und DS eine hohe Bedeutung beimessen, während sie über ein geringes Wissen über die tatsächliche Bedeutung dieser Begriffe verfügen und sich wenig mit verwandten Konzepte auskennen.

Datenschutz (DP) und Datensicherheit (DS) sind komplexe Konzepte, die oftmals synonym verwendet werden, obwohl es eine klare Unterscheidung gibt. Datenschutz fokussiert auf den Schutz personenbezogener Daten im Sinne der informationellen Selbstbestimmung und bezieht sich demnach auf rechtliche Regulierungen (Lynskey, 2014), wohingegen Datensicherheit die technischen Komponenten des sicheren Datenmanagements beschreibt (DiMase et al., 2015). DP und DS bezeichnen somit zwei unterschiedliche Perspektiven, wie öffentliche oder private Institutionen und Akteure mit personenbezogenen Daten von BürgerInnen oder KundInnen umgehen. Bestehende Forschung zeigt, dass das Verständnis der Öffentlichkeit von DP und DS eher begrenzt ist, während die Sensibilität der Bevölkerung gegenüber Datenschutzverletzungen und unethischem Umgang mit Daten wächst. Zudem ist bislang nur wenig über das Verständnis der BürgerInnen von den Konzepten DP und DS bekannt.

Eine Grundannahme der Studie besteht darin, dass das Verständnis der BürgerInnen – d.h. die subjektive Perspektive – von der technischen und der rechtlichen Perspektive beeinflusst wird und die BürgerInnen daher nicht zwischen den beiden Begriffen DP und DS unterscheiden.

Die subjektive Perspektive

Die subjektive Perspektive umfasst Aspekte von DP und DS aus der Sicht des Endnutzenden. Im Gegensatz zur rechtlichen und technischen Perspektive steht bei der subjektiven Perspektive das Verständnis des Individuums der beiden Konstrukte sowie dessen Befürchtungen und Bedenken im Zentrum. Vorangegangene Forschung konnte zeigen, dass verschiedene Aspekte im Zusammenhang mit DP und DS für Individuen von besonderer Bedeutung sind. Hierzu zählen insbesondere Sicherheit, Privatsphäre, wahrgenommene Kontrolle über persönliche Daten, Vertrauen und Risikowahrnehmung, wobei der kulturelle Hintergrund für diese Wahrnehmung ebenfalls eine Rolle spielt. Die subjektive Perspektive spielt eine wichtige Rolle für eine ganzheitliche Betrachtung der Konzepte von DP und DS.

Studiendesign und Ergebnisse
Die Studie basiert auf einer Medienanalyse einerseits und einer Online-Befragung andererseits. Eine Möglichkeit, Erkenntnisse über das Verständnis der Öffentlichkeit von DP und DS zu gewinnen, ist die Analyse der Medienberichterstattung, da die Medien als Transportmittel für Informationen dienen und die öffentliche Meinung formen. Um die mediale Konzeptualisierung von DP und DS zu messen, wurde eine Inhaltsanalyse von zwei deutschen und zwei britischen Zeitungen durchgeführt, bestehend aus jeweils einer eher konservativen (The Times und Die Welt) und einer eher liberalen (The Guardian und Die Süddeutsche) Tageszeitungen. Diese Analyse diente als empirische Grundlage für die Fragebogenkonzeption. Die quantitative Studie basiert auf einer Online-Befragung unter 500 deutschen 500 und britischen Befragten. Die Medienanalyse zeigte auf, dass die Medien sich in 57% der untersuchten Artikel hauptsächlich mit DP oder DS befassten, während 43% die Themen nur am Rande betrachteten (N = 128). Zwischen der Berichterstattung in den beiden Ländern konnte kein signifikanter Unterschied festgestellt werden. Die Artikel befassten sich in 34% der Fälle mit der technischen Perspektive von DP und DS, in 60% mit rechtlichen Perspektive und in 6% mit der subjektiven Perspektive (N = 199, pro Artikel waren mehrere Perspektiven möglich).
Wissen über Datenschutz und der Datensicherheit

Um die zugrundeliegende Hypothese zu untersuchen, dass die Bevölkerung nicht ausreichend zwischen den Begriffen DP und DS differenziert, wurden die Befragten zu Beginn der Umfrage direkt gefragt, ob Sie der Ansicht seien, dass es einen Unterschied zwischen Datenschutz und Datensicherheit gebe. 59% bejahten diese Frage, während 19% der Ansicht waren, dass es keinen Unterschied gebe und 22% beantworteten die Frage mit ‘weiss nicht’ (N = 1.000).

Um die subjektive Perspektive von DP und DS genauer zu erfassen, wurden die Befragten gebeten, drei Stichworte zu den Begriffen zu nennen. 55 % der Antworten enthielten drei Schlüsselwörter, die sich auf DP und DS bezogen, während 46 % weniger als drei gültige Schlüsselwörter nannten (N = 1.000). Die ersten angegebenen Schlüsselwörter wurden codiert (Abbildung 1). 19% der gegebenen Antworten waren ungültige Antworten wie ‘weiss nicht’ oder ‘keine’. Bei den themenbezogenen Schlüsselwörtern waren die häufigsten Antworten Schlüsselwörter aus den Kategorien ‘Sicherheit’ (17 %), ‘Privatsphäre’ (14 %) und ‘Cyberkriminalität’ (9 %).

Abbildung 1: Codierungsergebnisse für Schlüsselwörter, die mit DP und DS assoziiert werden  

Anmerkung: Die Balken stellen Prozentsätze dar. Die Frage lautete: «’Datensicherheit’ und ‘Datenschutz’ sind weit gefasste Begriffe. Ganz allgemein: Welche Stichworte fallen Ihnen ein, wenn Sie an ‘Datensicherheit’ und ‘Datenschutz’ denken?» (N = 1.000).
Unterschiede zwischen Deutschland und Grossbritannien

Die befragten Personen aus Deutschland zeigten sich weniger besorgt, persönliche Daten im Internet preiszugeben als Personen aus Grossbritannien. Generell scheinen Personen aus Grossbritannien stärkere Bedenken hinsichtlich DP und DS aufzuweisen als deutsche Befragte. In beiden Ländern bestehen die stärksten Bedenken bezüglich ‘missbräuchlicher Verwendung von Daten’ und ‘Datendiebstahl’. In Grossbritannien folgt an dritter Stelle die Angst vor ‘Identitätsdiebstahl’, wohingegen deutsche Befragte fürchten, dass Unternehmen aus den eigenen Daten Profit schlagen. Insgesamt sind die befragten BritInnen signifikant vertrauter mit technischen Begriffen rund um DP und DS. Auch die Gesetzeslage ist ihnen geläufiger als den Deutschen, wonach sich 37% der BritInnen zutrauen würden, den Begriff ‘Data Protection Act’ zu erklären. Unter den deutschen Befragten würden sich lediglich 15% zutrauen, das deutsche Äquivalent ‘Bundesdatenschutzgesetz’ zu erklären.

Schlussfolgerungen und Fazit

Die Resultate bestätigen die Existenz der subjektiven Perspektive und dass sich diese von der rechtlichen und technischen Perspektive unterscheidet. Im Zusammenhang mit der zunehmenden Digitalisierung von Verwaltungsleistungen unterstreichen die Resultate die Relevanz der Sicherstellung von DP und DS aus Bevölkerungssicht. Basierend auf den Ergebnissen sollte die subjektive Perspektive der BürgerInnen stärker in den öffentlichen Diskurs einbezogen und konkret adressiert werden.


Referenzen

  •  Der Beitrag ist die Kurzfassung von Pleger, L. E., Guirguis, K., & Mertes, A. (2021). Making public concerns tangible: An empirical study of German and UK citizens’ perception of data protection and data security. Computers in Human Behavior, 122.
  • DiMase, D., Collier, Z. A., Heffner, K., & Linkov, I. (2015). Systems engineering framework for cyber physical security and resilience. Environment Systems and Decisions, 35(2), 291–300.
  • Lynskey, O. (2014). Deconstucting data protection: The ’added-value’of a right to data protection in the EU legal order. International and Comparative Law Quarterly, 63(3), 569–597.

Bild: unsplash.com

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KategorienKommunikationswissenschaft, Politisches VerhaltenThemen
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