Hello, Goodbye

Gross­bri­tan­ni­en hat die Euro­päi­sche Uni­on Ende Janu­ar ver­las­sen. Nun rich­ten sich alle Augen auf die bevor­ste­hen­den wirt­schaft­li­chen Aus­wir­kun­gen und die wei­te­ren Ver­hand­lungs­run­den. Wir haben uns der Fra­ge gewid­met, wie das bri­ti­sche Volk den Zustand sei­nes Lan­des in die­sem ent­schei­den­den Moment sei­ner poli­ti­schen Geschich­te ein­schätzt. Dabei zeigt sich, dass die Situa­ti­on der neu­en bri­ti­schen Regie­rung zuneh­mend dif­fi­zi­ler wer­den könnte.

Die eupi­ni­ons-Befra­gung
Mit unse­ren eupi­ni­ons-Trends erfas­sen wir die Grund­la­gen des poli­ti­schen und per­sön­li­chen Lebens, indem wir seit 2015 alle drei Mona­te euro­päi­sche Bürger*innen befra­gen. Dafür ana­ly­sie­ren wir vier Fra­gen im Lau­fe der Zeit und ver­glei­chen die bri­ti­schen Ant­wor­ten mit denen ihrer kon­ti­nen­ta­len Nachbar*innen.
Die vier Fra­gen, die wir ver­wen­den, sind:
  • Den­ken Sie über Ihr Land im All­ge­mei­nen nach. Wür­den Sie sagen, dass sich die Din­ge in die rich­ti­ge Rich­tung bewegen?
  • Wie zufrie­den sind Sie mit der Art und Wei­se, wie die Demo­kra­tie in Ihrem Land funktioniert?
  • Wie ist Ihr per­sön­li­cher Aus­blick auf die Zukunft im Allgemeinen?
  • Wie hat sich Ihre per­sön­li­che wirt­schaft­li­che Situa­ti­on in den letz­ten zwei Jah­ren verändert?

Dabei kön­nen wir sehen, dass, obwohl eine beträcht­li­che Anzahl bri­ti­scher Bürger*innen das Ver­trau­en in den Zustand ihres Lan­des ver­lo­ren hat, sie ihre per­sön­li­che Situa­ti­on wei­ter­hin recht posi­tiv einschätzen.

Im Juli 2015 gaben 44 Pro­zent der Brit*innen an, zufrie­den zu sein mit der Rich­tung, die das Land ein­ge­schla­gen hat­te (sie­he Abbil­dung 1). Seit­her ist der Anteil der Zufrie­de­nen um 17 Pro­zent­punk­te gesun­ken. Im Dezem­ber 2019 gaben nur noch 27 Pro­zent der bri­ti­schen Bevöl­ke­rung an, dass sich ihr Land in die rich­ti­ge Rich­tung entwickelt.

Abbildung 1: Zufriedenheit mit der Entwicklung des eigenen Landes, 2015–2019

Ganz all­ge­mein beur­tei­len die Europäer*innen den Zustand ihres jewei­li­gen Lan­des nicht sehr posi­tiv. Bemer­kens­wert ist jedoch, dass die Brit*innen im Jahr 2015 zu den­je­ni­gen gehör­ten, die ihr Land am posi­tivs­ten beur­teil­ten — nur vier Jah­re spä­ter gehö­ren sie zu den am wenigs­ten Zufriedenen.

2019 befin­den sich die Brit*innen auf einem ähn­li­chen Niveau wie die befrag­ten Bürger*innen aus Frank­reich und Spa­ni­en, die nur noch von den noto­risch unzu­frie­de­nen Italiener*innen über­trof­fen werden.

Wäh­rend die bri­ti­schen Befrag­ten den Zustand ihres Lan­des deut­lich nega­ti­ver ein­schätz­ten, hat sich der Grad der Zufrie­den­heit inner­halb der EU ins­ge­samt seit 2015 nicht wesent­lich verändert.

Auf die Fra­ge, wie die Demo­kra­tie in ihrem Land funk­tio­niert (sie­he Abbil­dung 2) ergibt sich ein ähn­li­ches Bild. Wir haben die­se Fra­ge erst­mals im März 2016 gestellt. Damals gaben 56 Pro­zent der bri­ti­schen Bürger*innen an, mit der Art und Wei­se, wie die Demo­kra­tie in Gross­bri­tan­ni­en funk­tio­niert, zufrie­den zu sein. Im Dezem­ber 2019 waren nur noch 43 Pro­zent die­ser Mei­nung wobei die Zufrie­den­heit beson­ders in den letz­ten 18 Mona­ten stark gesun­ken ist.

Abbildung 2: Zufriedenheit mit der nationalen Demokratie, 2016–2019

Bis zum Som­mer 2018 stieg die Zufrie­den­heit mit der Demo­kra­tie in Gross­bri­tan­ni­en sogar noch an. Seit­dem ist die Zufrie­den­heit mit der Art und Wei­se, wie die Demo­kra­tie in Gross­bri­tan­ni­en funk­tio­niert, jedoch zurück­ge­gan­gen: von 62 Pro­zent im Juni 2018 auf 43 Pro­zent am Ende des Jah­res 2019. In der EU ins­ge­samt liegt die Zufrie­den­heit mit der Demo­kra­tie bei rund 50 Pro­zent. Wäh­rend die Italiener*innen mit ihrer Demo­kra­tie beson­ders unzu­frie­den sind (nur 27 Pro­zent sind zufrie­den), sind die Deut­schen mit ihrer Demo­kra­tie am zufrie­dens­ten (57 Prozent).

Inter­es­san­ter­wei­se ergibt sich ein ande­res Bild, wenn es um das per­sön­li­chen Leben der Befrag­ten geht (sie­he Abbil­dung 3). Im Jahr 2015 gaben 59 Pro­zent der bri­ti­schen Befrag­ten an, einen posi­ti­ven Aus­blick auf ihre per­sön­li­che Zukunft zu haben. In den fol­gen­den Jah­ren stieg die­se Zahl sogar bis auf 75 Pro­zent im Sep­tem­ber 2018 an, wor­auf­hin sie wie­der auf 54 Pro­zent im Dezem­ber 2019 zurück­ging. Nur die Französ*innen und Italiener*innen hat­ten im Dezem­ber 2019 einen weni­ger posi­ti­ven Aus­blick auf ihr per­sön­li­ches Leben. In der EU ins­ge­samt hat­ten 58 Pro­zent eine posi­ti­ve Aus­sicht auf ihre per­sön­li­che Zukunft im Jahr 2015. Auch die­ser Opti­mis­mus stieg bis Sep­tem­ber 2018 auf 75 Pro­zent an und ist im Dezem­ber 2019 wie­der auf 58 Pro­zent gesunken.

Abbildung 3: Ausblick auf die persönliche Zukunft, 2015–2019

Wir sehen ein ähn­li­ches Mus­ter, wenn man die Men­schen fragt, wie sich ihre per­sön­li­che wirt­schaft­li­che Situa­ti­on in den letz­ten zwei Jah­ren ent­wi­ckelt hat (sie­he Abbil­dun­gen 4a bis 4c). Wir haben im März 2016 begon­nen, die­se Fra­ge zu stel­len. Damals gaben 32 Pro­zent der Brit*innen an, dass sie sich ver­bes­sert habe, 33 Pro­zent gaben an, dass sie sich ver­schlech­tert habe, und 35 Pro­zent sahen in den letz­ten zwei Jah­ren kei­ne Ver­än­de­rung ihrer per­sön­li­chen wirt­schaft­li­chen Situa­ti­on. Mit­te 2018 war ein beträcht­li­cher Teil der Brit*innen posi­ti­ver gegen­über ihrer per­sön­li­chen wirt­schaft­li­chen Situa­ti­on ein­ge­stellt, um dann 2019 wie­der nega­ti­ver dar­über nach­zu­den­ken. Nur 28 Pro­zent sahen eine Ver­bes­se­rung, 33 Pro­zent eine Ver­schlech­te­rung und 39 Pro­zent kei­ne Veränderung.

Abbildung 4a: Persönliche wirtschaftliche Situation verbessert, 2016–2019

Abbildung 4b: Persönliche wirtschaftliche Situation verschlechtert, 2016–2019

Abbildung 4c: Persönliche wirtschaftliche Situation bleibt gleich, 2016–2019

Die Aus­wir­kun­gen des Bre­x­it sind noch nicht abseh­bar. Bis­lang stan­den vor allem die lau­fen­den Debat­ten und die Macht­kämp­fe im Par­la­ment im Fokus. Die wirt­schaft­li­chen und gesell­schaft­li­chen Aus­wir­kun­gen sind bis­her aus­ge­blie­ben, da der Bre­x­it noch nicht statt­ge­fun­den hat­te. Wenn die Fol­gen des Bre­xits sicht­ba­rer und somit auch die Wahr­neh­mung ihrer per­sön­li­chen Situa­ti­on für die Men­schen düs­te­rer wird, könn­te wohl auch die Situa­ti­on für die neue bri­ti­sche Regie­rung zuneh­mend dif­fi­zi­ler werden.


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Bild: Wikicommons

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