Ständeratswahlen im Aargau: Gegenseitige Unterstützung von SVP- und FDP-Wählerschaft

Am 20. Okto­ber 2019 wähl­te das Aar­gau­er Stimm­volk unter ande­rem die Aar­gau­er Mit­glie­der des Stän­de­rats. Da nie­mand der Kan­di­die­ren­den das abso­lu­te Mehr erreich­te, fin­det am kom­men­den Sonn­tag, den 24. Novem­ber 2019, der zwei­te Wahl­gang statt. Im Fol­gen­den wer­den die Ergeb­nis­se der Nach­wahl­be­fra­gung des ers­ten Wahl­gangs vorgestellt.

SVP- und FDP-Wählerschaft unterstützen sich gegenseitig

Die Stän­de­rats­kan­di­da­ten der FDP und SVP, Thier­ry Bur­kart und Hans­jörg Knecht, erziel­ten die bei­den bes­ten Resul­ta­te, was unter ande­rem dar­an lag, dass die Wäh­ler­schaf­ten bei­der Par­tei­en den Kan­di­da­ten der jeweils ande­ren Par­tei hin­rei­chend oft unter­stütz­ten. Bur­kart stand auf fast sie­ben von zehn Wahl­zet­teln (67%) von SVP-Wäh­len­den, wäh­rend Knecht von 41 Pro­zent der FDP-Wäh­ler­schaft unter­stützt wur­de. Trotz Ver­lus­ten bei den Natio­nal­rats­wah­len machen die­se bei­den Wäh­ler­schaf­ten bei­na­he die Hälf­te (45%) des Elek­to­rats aus, was in der Fol­ge die bei­den Spit­zen­plät­ze garantierte.

Bei SP und Grü­nen war die gegen­sei­ti­ge Unter­stüt­zung trotz ideo­lo­gi­scher Nähe nicht viel höher als bei FDP und SVP: Céd­ric Wer­muth wur­de von rund zwei Drit­teln aller Grü­nen-Wäh­len­den (65%) und Ruth Müri von etwas mehr als der Hälf­te (53%) der SP-Wäh­ler­schaft gewählt. Weil das lin­ke Lager im Aar­gau trotz beträcht­li­chen Zuge­win­nen für die Grü­nen nach wie vor erheb­lich klei­ner ist als eine Alli­anz von FDP und SVP, wäre eine höhe­re Geschlos­sen­heit nötig gewe­sen, um die Spit­zen­plät­ze der FDP- und SVP-Kan­di­da­ten im ers­ten Wahl­gang zu gefähr­den. Ins­be­son­de­re jene SP- und Grü­nen-Wäh­len­den, die sich im gemäs­sigt lin­ken Lager oder in der poli­ti­schen Mit­te ver­or­ten, wichen ver­gleichs­wei­se oft vom rot-grü­nen Ticket Wermuth/Müri ab.

Ruth Müri erzielte bei den 18–29-Jährigen das beste Resultat aller Kandidierenden

Der Wahl­ent­scheid war wenig über­ra­schend pri­mär von der Par­tei­zu­ge­hö­rig­keit und der ideo­lo­gi­schen Ori­en­tie­rung abhän­gig. Die meis­ten Wäh­len­den ent­schie­den sich für die Kan­di­da­tin bzw. den Kan­di­da­ten der eige­nen, bevor­zug­ten Partei.

Die ideo­lo­gi­sche Ori­en­tie­rung spiel­te vor allem bei der Abga­be der zwei­ten Stim­me eine ent­schei­den­de Rol­le. Hier wur­de oft die Kan­di­da­tur der ideo­lo­gisch am nächs­ten ste­hen­den Par­tei zusätz­lich aufgeführt.

Sozia­le Merk­ma­le spiel­ten bes­ten­falls eine unter­ge­ord­ne­te Rol­le. Zwar gab es beträcht­li­che Dif­fe­ren­zen zwi­schen Wäh­le­rin­nen und Wäh­lern: Ruth Müri und Céd­ric Wer­muth erziel­ten deut­lich mehr Stim­men von Frau­en als von Män­nern, wohin­ge­gen dies bei Thier­ry Bur­kart und Hans­jörg Knecht genau umge­kehrt war.

Das hat aber kaum mit der Per­sön­lich­keit der Kan­di­die­ren­den zu tun, son­dern viel­mehr mit den gene­rel­len Unter­schie­den zwi­schen Män­nern und Frau­en bei der Par­tei­wahl: Grü­ne und SP erzie­len bei Frau­en signi­fi­kant bes­se­re Resul­ta­te als bei Män­nern. Bei FDP und SVP ver­hält es sich umgekehrt.

Eine Aus­nah­me bil­de­te indes­sen das Alter: Es hat­te auch unab­hän­gig von der indi­vi­du­el­len Par­tei­prä­fe­renz einen Ein­fluss auf den Wahl­ent­scheid. Thier­ry Bur­kart und Hans­jörg Knecht erziel­ten Mehr­hei­ten bei den über 70-Jäh­ri­gen, wäh­rend die viert­plat­zier­te Ruth Müri bei den 18–29-Jährigen gar das bes­te Resul­tat aller Kan­di­die­ren­den erziel­te. Da älte­re Wahl­be­rech­tig­te sich aber auch in die­sem Jahr deut­lich fleis­si­ger an den Wah­len betei­lig­ten als Jun­ge, fie­len die aus­ge­zeich­ne­ten Ergeb­nis­se Bur­karts und Knechts bei den Senio­ren und Senio­rin­nen im End­ef­fekt schwe­rer ins Gewicht als das Spit­zen­re­sul­tat Müris bei den Jungen.

Nach­wahl­be­fra­gung der Fokus-Studie
Die vor­lie­gen­de Unter­su­chung beruht auf einer Befra­gung von 2’190 Aar­gau­er Wahl­be­rech­tig­ten im Rah­men der Stu­die FOKUS Aar­gau zur Aar­gau­er Stän­de­rats­wahl vom 20. Okto­ber 2019. Die Stu­die wur­de vom Zen­trum für Demo­kra­tie Aar­au und vom Befra­gungs­in­sti­tut publi­test durch­ge­führt und vom Swiss­los-Fonds Kan­ton Aar­gau unterstützt.

Refe­renz:

Milic, Tho­mas, Uwe Ser­dült und Salim Brüg­ge­mann (2019): «Stu­die zur Aar­gau­er Stän­de­rats­wahl vom 20. Okto­ber 2019». FOKUS Aar­gau Nr. 4. Aar­au, Zen­trum für Demo­kra­tie Aarau.

image_pdfimage_print