CO2– und andere Lenkungsabgaben gelten als ein wirksames Mittel zur Erreichung umwelt- und klimapolitischer Ziele. Teile der Öffentlichkeit begegnen solchen Abgaben allerdings mit Skepsis. Eine Untersuchung im Auftrag des Bundesamts für Energie benennt nun Faktoren, die die Akzeptanz von Lenkungsabgaben beeinflussen.
Die Idee einer ökologischen Lenkungsabgabe reicht ins frühe 20. Jahrhundert zurück (‹Pigou-Steuer›). In den 1990er Jahren wurde die Idee dann von der Umweltbewegung aufgegriffen und seither politisch breit diskutiert. Damals entstanden verschiedene Konzepte, wie sich umweltschonendes Verhalten finanziell belohnen lässt.
Umweltschonendes Verhalten soll belohnt werden
Gemeinsam war den diversen Ansätzen der Grundgedanke: Während wohlmeinende Appelle meist verpuffen, lässt sich umweltschonendes Verhalten «über das Portemonnaie» wirkungsvoll herbeiführen. Das Konzept einer Lenkungsabgabe ist im Grunde simpel: Auf den Verbrauch von Energie bzw. von natürlichen Ressourcen wird eine Abgabe erhoben. Die Erträge werden anschliessend meist zu gleichen Teilen pro Kopf an die Bevölkerung rückverteilt. Der Lenkungseffekt stellt sich dabei wie von selbst ein: Personen, die wenig Energie/Ressourcen beanspruchen, profitieren finanziell; wer hingegen Energie/Ressourcen überdurchschnittlich in Anspruch nimmt, erleidet aus diesem Verhalten einen finanziellen Nachteil. Der Einzelne wird folglich für umweltschonendes Verhalten finanziell belohnt.
Nachdem skandinavische Staaten in den frühen 1990er Jahren vorangegangen sind, hat unterdessen auch die Schweiz dieses ebenso einfache wie faszinierende Konzept als umweltpolitisches Steuerungsinstrument etabliert: 1999 führte die Stadt Basel die erste Schweizer Lenkungsabgabe auf Strom ein. Aufgrund der Abgabe zahlt jeder Stromkonsument heute (bei Normaltarif) 4,9 Rp. mehr für die Kilowattstunde Strom. Die Erträge werden dann gleichmässig an Stromkunden und Firmen zurückerstattet – 2016 waren es rund 65 Franken pro Kopf.
Auch auf nationaler Ebene ist die Lenkungsabgabe heute Realität: Seit dem Jahr 2000 wird eine Abgabe auf flüchtige organische Verbindungen (VOC) erhoben, seit 2008 zudem eine CO2-Abgabe auf fossile Brennstoffe wie Heizöl und Erdgas. Zwei Drittel der Erträge werden (über die Krankenkassen-Abrechnung) an die Bevölkerung zurückerstattet. Das restliche Drittel wird für Gebäudesanierungen verwendet; mit diesem Geld wird der Energiebedarf gesenkt und damit der CO2-Ausstoss vermindert.
In der Finanzwissenschaft werden die beiden Begriffe anders gebraucht. Ihre Verwendung hat nichts mit der Rückverteilung der Einnahmen zu tun, sondern mit dem Zweck der Abgabe, wie SEPIA-Projektpartner und EPFL-Professor Philippe Thalmann ausführt: «Eine Lenkungsabgabe wird so festgelegt, dass ein Umweltziel erreicht wird, z. B. eine gewisse Senkung des CO2-Ausstosses. Der Ertrag ist ein Nebeneffekt. Bei der Umweltsteuer ist der Ertrag das Ziel. In beiden Fällen kann der Ertrag in die allgemeine Steuerkasse fliessen, gezielte Ausgaben finanzieren oder zur Senkung einer bestehenden Steuer verwendet werden. In letzterem Fall spricht man von einer ökologischen Steuerreform.»
Untersuchung in zwei Schritten
Die beiden Beispiele zeigen: Lenkungsabgaben sind heute ein anerkanntes Instrument der Umwelt- und Energiepolitik. Ökologische Steuerreformen, die die Senkung einer bestehenden Steuer zum Ziel haben, hatten dagegen in der letzten Zeit einen schweren Stand.
Augenfällig wurde das im März 2015. Damals erlitt die Volksinitiative ‹Energie- statt Mehrwertsteuer› der Grünliberalen Partei in der Volksabstimmung Schiffbruch. Die Initiative propagierte eine Umweltsteuer, deren Einnahmen die Staatseinnahmen aus der Mehrwertsteuer ersetzen sollten. Die Gründe für die Ablehnung waren vielfältig: Ein Teil der Kritiker zweifelt an deren umweltpolitischer Wirksamkeit, ein anderer fürchtet Schaden für die Wirtschaft und das Budget der öffentlichen Hand. Beanstandet wurde auch, die Reform sei unsozial, da die Energiekosten bei ärmeren Personen einen grösseren Teil an den Haushaltsausgaben ausmachen als bei Gutbetuchten.
Während eine ökologische Steuerreform in der Schweiz vorerst vom Tisch ist, sind Lenkungsabgaben ein anerkanntes Instrument der Umwelt- und Klimapolitik. Vor diesem Hintergrund hat eine ökonomische Studie im Auftrag des Bundesamts für Energie nun unter anderem untersucht, welche Ausgestaltung der CO2-Abgabe auf die grösste Zustimmung stösst.
Im ersten Schritt untersuchten die Wissenschaftler mit einer ökonomischen Modellsimulation verschiedene Ausgestaltungsarten und Rückverteilungsvarianten einer CO2-Abgabe auf fossile Energie. Auf diesem Weg schätzten sie den umweltpolitischen Nutzen der Rückverteilungsarten ab, berechneten ihre Auswirkungen auf die Einkommensverteilung und das Volkseinkommen.
Im zweiten Schritt befragten die Forscher repräsentativ 1200 Personen. Die Wissenschaftler wollten dabei insbesondere herausfinden, ob die Befragten die CO2-Abgabe anders einschätzten, wenn sie vorgängig über die Simulationsergebnisse (sprich: die errechneten Auswirkungen einer CO2-Abgabe auf Umwelt, Verteilung und Volkseinkommen) informiert wurden.
Einflussgrössen für Akzeptanz
Die Forscher fanden heraus, dass die vorgängige Information über die Auswirkungen der CO2-Abgabe deren Akzeptanz wesentlich beeinflusst. Die wichtigsten Erkenntnisse:
Eine Mehrheit der Befragten wünscht, dass zumindest ein Teil der Einnahmen aus einer CO2-Abgabe nicht rückerstattet wird, sondern für Umweltzwecke ausgegeben wird. Insofern scheint eine Teilzweckbindung für die Akzeptanz wichtig zu sein. Wenn man die umweltpolitische Wirksamkeit einer CO2-Abgabe klar kommuniziert, verringert sich der Wunsch nach einer umweltpolitischen Zweckbindung.
Eine wichtige Rolle für die Akzeptanz einer Lenkungsabgabe spielt, auf welche Art die Erträge rückerstattet werden. Informiert man über die Verteilungswirkungen, stösst die Rückerstattung über eine Pro-Kopf-Pauschale auf erhöhten Anklang, da sie sozialer ist als eine Rückerstattung über die Einkommensteuerrechnung oder über die Mehrwertsteuer. «Unsere Berechnungen zeigen, dass man eine CO2-Abgabe durch Wahl der bevorzugten Rückverteilung der Einkünfte sehr sozial ausgestalten kann», sagt EPFL-Forscher Philippe Thalmann.
Ein guter Kompromiss ist ein Mischsystem, bei dem ein Teil der Einnahmen rückerstattet, und ein anderer Teil für Umweltzwecke verwendet wird, wie das bei der bereits eingeführten CO2-Abgabe auf Brennstoffe der Fall ist. Dazu HEG-Forscher Andrea Baranzini: «Die Kombination von umweltpolitischer Zweckbindung und Pro-Kopf-Pauschalen hat Vorzüge bezüglich Akzeptanz und im Hinblick auf umwelt- und verteilungspolitische Ziele.»
Die SEPIA-Forscher erinnern an den früheren Befund von Ökonomen, wonach die Rückverteilung einer Lenkungsabgabe durch Senkung besonders verzerrender Steuern gesamtwirtschaftlich betrachtet am besten wäre. «Ich habe diese Position selber als Ökonom über viele Jahre vertreten», sagt der Umweltökonom Frank Vöhringer, Inhaber des Beratungsbüros Econability und Leiter des SEPIA-Projekts. «Allerdings ist dieses Argument in der breiten Öffentlichkeit schwer zu vermitteln. Mit dem Umweltargument lassen sich mehr Menschen für eine CO2-Abgabe gewinnen.»
Die beteiligten Forscher stellen fest, dass viele Schweizerinnen und Schweizer nicht wissen, dass die vor rund neun Jahren eingeführte CO2-Abgabe auf Brennstoffe über die jährliche Krankenkassen-Abrechnung zurückerstattet wird. «Die Rückerstattung z. B. über einen persönlichen Scheck hätte mehr Signalwirkung und könnte die Akzeptanz einer solchen Abgabe erhöhen», sagt HEG-Forscher Stefano Carattini und ergänzt: «Die Regierung sollte aktiver über die Funktionsweise und die Rückerstattung einer CO2-Abgabe kommunizieren.»
Hinweis: Dieser Beitrag bezieht sich auf die Studie ‹Social Cushioning of Energy Price Increases and Public Acceptability› (SEPIA). Daran beteiligt waren das Beratungsbüro Econability (Mühlethurnen), die Genfer Fachhochschule für Verwaltung (Haute Ecole de Gestion/HEG), die Universität Genf (Prof. Frédéric Varone) und die EPFL in Lausanne (Prof. Philippe Thalmann).
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