Gemeindeparlamente in der Schweiz – Verbreitung, Herausforderungen und Reformansätze

Die Aus­ge­stal­tung der Legis­la­tiv­funk­ti­on ist die ent­schei­den­de Fra­ge, die sich für die poli­ti­sche Orga­ni­sa­ti­on einer Gemein­de in der Schweiz stellt. Mit dem Ver­samm­lungs­sys­tem und dem Par­la­ments­sys­tem ste­hen sich zwei Model­le gegen­über, die von unter­schied­li­chen Vor­stel­lun­gen über die poli­ti­schen Kom­pe­ten­zen und Fähig­kei­ten der Bür­ge­rin­nen und Bür­ger respek­ti­ve der idea­len Orga­ni­sa­ti­on der poli­ti­schen Ent­schei­dungs­pro­zes­se geprägt sind. Im ers­ten Fall tref­fen die Stimm­bür­ge­rin­nen und Stimm­bür­ger die poli­ti­schen Ent­schei­dun­gen selbst und direkt, im zwei­ten Fall dele­gie­ren sie sie an gewähl­te Repräsentanten.

Als Wie­ge der direk­ten Ver­samm­lungs­de­mo­kra­tie gilt der anti­ke Stadt­staat Athen, des­sen aus­ge­klü­gel­tes Staats­we­sen auf einer Volks­ver­samm­lung (Ekkle­sia) beruh­te. Kom­plet­tiert wur­de die­se durch prag­ma­ti­sche Ele­men­te der direk­ten, gemein­sa­men Ver­wal­tung kom­mu­na­ler Güter, die sich vor allem im (vor)alpinen Raum dank der Absenz feu­da­ler Struk­tu­ren ent­wi­ckeln konnten.

Die libe­ra­le reprä­sen­ta­ti­ve Par­la­ments­de­mo­kra­tie, etwa im Sin­ne eines Alexis de Toc­que­vil­le oder John Stuart Mill, aner­bie­tet sich dem­ge­gen­über als demo­kra­ti­sche Lösung für grös­se­re Kon­tex­te und Flä­chen­staa­ten. Sie nimmt die Beden­ken auf, dass das Hand­werk der Poli­tik nicht jeder­manns Sache ist. Des­halb wird es in die Hän­de (aus)gewählter Reprä­sen­tan­ten gelegt, die ohne bin­den­des Man­dat Ent­schei­dun­gen zum Nut­zen der All­ge­mein­heit fällen.

Die Vor­stel­lung, dass das Reprä­sen­ta­ti­ons­prin­zip sowohl das Pro­blem der Ska­lier­bar­keit demo­kra­ti­scher Sys­te­me wie auch das Pro­blem der man­geln­den Befä­hi­gung der Bür­ger­schaft zur poli­ti­schen Teil­nah­me lösen kann, ver­half letzt­lich der Demo­kra­tie auf der Ebe­ne von Natio­nal­staa­ten zum Durchbruch.

In der Lite­ra­tur wird für die reprä­sen­ta­ti­ven Gre­mi­en auf loka­ler Ebe­ne der Begriff Gemein­de­par­la­ment gebraucht. Er unter­schei­det so die Legis­la­ti­ve von der Exe­ku­ti­ve, die in der Regel Gemein­de- oder Stadt­rat genannt wird. Die offi­zi­el­len Bezeich­nun­gen vari­ie­ren jedoch in föde­ra­lis­ti­scher Manier von Kan­ton zu Kan­ton und teil­wei­se sogar inner­halb der Kan­to­ne. Geläu­fi­ge Namen für Gemein­de­par­la­men­te sind bei­spiels­wei­se Gros­ser Gemein­de­rat (ZH, BE, ZG, SO), Gemein­de­rat (ZH, GR), Stadt­rat (BE), Gros­ser Stadt­rat (BE, LU, SH), Ein­woh­ner­rat (LU, BL, SH, AG), Gene­ral­rat (FR), Con­seil géné­ral (FR, VS, NE, JU), Gemein­de­par­la­ment (BS, AR, SG, TG), Con­siglio com­mu­na­le (TI), Con­seil com­mu­nal (VD) und Con­seil muni­ci­pal (GE).

Die Ver­wen­dung des Begriffs Ein­woh­ner ist inso­fern etwas irre­füh­rend, als sich das akti­ve und pas­si­ve Wahl­recht auf die stimm­be­rech­tig­ten Ein­woh­ne­rin­nen und Ein­woh­ner der Gemein­de beschränkt. Die Bezeich­nung Rat betont dem­ge­gen­über stär­ker und rich­ti­ger­wei­se den Ent­schei­dungs­cha­rak­ter der Gemein­de­par­la­men­te oder Ein­woh­ner­rä­te anstel­le der gesetz­ge­be­ri­schen Tätig­keit. In der Tat befas­sen sich die Gemein­de­par­la­men­te mehr mit admi­nis­tra­ti­ven Auf­ga­ben als mit der Recht­set­zung (vgl. Auer 2016: 156 f.)

Auch aus inter­na­tio­na­ler Per­spek­ti­ve mag der Name Gemein­de­par­la­ment zuwei­len erstau­nen, da die Gesetz­ge­bung in den meis­ten Fäl­len bei den höhe­ren poli­ti­schen Ebe­nen ange­sie­delt ist. In föde­ra­lis­tisch gepräg­ten Sys­te­men und bei einer aus­ge­präg­ten Auto­no­mie der Gemein­den (vgl. Lad­ner et al. 2019) fal­len aber durch­aus auch gewis­se Regu­lie­rungs­auf­ga­ben in den Gemein­den an. Gemein­de­par­la­men­te sind zustän­dig für kom­mu­na­le Rege­lun­gen (Regle­men­te), den Finanz­haus­halt der Gemein­de (Rechen­schafts­be­richt, Jah­res­rech­nung, Vor­anschlag und Aus­ga­ben, die einen bestimm­ten Betrag über­schrei­ten) und die Auf­sicht über die Exe­ku­ti­ve und teil­wei­se auch die Ver­wal­tung. Damit erfül­len sie die klas­si­schen Auf­ga­ben eines Parlaments.

In der Schweiz gibt es unterschiedliche Vorstellungen in Bezug auf den idealen Staat

Die zwei kon­kur­rie­ren­den Vor­stel­lun­gen von der Aus­ge­stal­tung der loka­len Demo­kra­tie gepaart mit einem ent­spre­chen­den Staats­ver­ständ­nis stos­sen in den ver­schie­de­nen Lan­des­tei­len der Schweiz auf unter­schied­li­che Sympathien.

Die West­schweiz liegt näher bei der fran­zö­si­schen Vor­stel­lung von einem nach ratio­na­len Kri­te­ri­en ent­wor­fe­nen Staat, der von oben nach unten ein­heit­lich kon­zi­piert ist, wäh­rend in der Deutsch­schweiz das Staats­ver­ständ­nis nach gemein­schaft­li­chen Lösun­gen in dezen­tra­len Ein­hei­ten strebt. Bezeich­nen­der­wei­se trug die fran­zö­si­sche Beset­zung der Schweiz zur Ver­brei­tung der reprä­sen­ta­ti­ven Demo­kra­tie bei. In der Hel­ve­tik wur­den bei­spiels­wei­se die direkt­de­mo­kra­ti­schen Lands­ge­mein­den (Ver­samm­lungs­sys­tem) ver­bo­ten, und die Ver­fas­sung der Hel­ve­ti­schen Repu­blik vom 12. April 1798 hielt in Arti­kel 2 fest, dass die Regie­rungs­form alle­zeit eine reprä­sen­ta­ti­ve sein soll. Erst die Media­ti­ons­ver­fas­sung von 1803 ermög­lich­te es den Lands­ge­mein­de­kan­to­nen in der Deutsch­schweiz, die Lands­ge­mein­de wie­der einzuführen.

In der fran­zö­sisch­spra­chi­gen Schweiz und im Tes­sin domi­nier­te dem­ge­gen­über schon frü­her ein durch die aus­län­di­schen Auf­klä­rer beein­fluss­tes reprä­sen­ta­ti­ves Staats­ver­ständ­nis. Des­halb ent­stand kei­ne Lands­ge­mein­de­tra­di­ti­on und das Par­la­ments­sys­tem erfreu­te sich einer grös­se­ren Popu­la­ri­tät. Die deutsch­spra­chi­ge Schweiz setzt dem­ge­gen­über stär­ker auf Ver­samm­lun­gen und direk­te Demokratie.

Die Her­aus­bil­dung der Gemein­de­par­la­men­te schweiz­weit kann also als anhal­ten­der und durch unter­schied­li­che Demo­kra­tie­tra­di­tio­nen gepräg­ter Ent­wick­lungs­pro­zess ver­stan­den wer­den. Wäh­rend in der länd­li­chen Tra­di­ti­on der Inner­schweiz die ein­fa­che Ver­samm­lungs­tra­di­ti­on fort­be­stand, ent­stan­den in den Städ­ten der Deutsch­schweiz schon sehr früh kom­ple­xe orga­ni­sa­to­ri­sche For­men mit einem Stadt­rat oder Gros­sen Rat. Die Mit­glie­der die­ser Räte wur­den von der Herr­schaft ernannt und bestan­den gross­mehr­heit­lich aus Gross­grund­be­sit­zern und Gross­kauf­leu­ten. Zu die­sen gesell­ten sich spä­ter Ver­tre­ter der Zünf­te. Von demo­kra­ti­schen Reprä­sen­ta­tiv­or­ga­nen waren die­se Insti­tu­tio­nen noch weit ent­fernt. Nicht alle Stadt­be­woh­ner waren wahl­be­rech­tigt, ihre Kom­pe­ten­zen waren eher beschränkt und per­so­nell waren sie mit den Exe­ku­tiv­or­ga­nen verbunden.

Erst im 19. Jahr­hun­dert wur­den die­se Rats­sys­te­me ver­ein­facht und teil­wei­se auf die grös­se­ren Land­ge­mein­den über­tra­gen (vgl. Schaff­hau­ser 1978: 77 ff.). Es ent­stan­den in der Fol­ge eigent­li­che Reprä­sen­ta­tiv­or­ga­ne basie­rend auf dem Prin­zip der Gewal­ten­tei­lung und demo­kra­ti­schen Wah­len. Dabei wur­de der Ein­fluss­ver­lust der Stimm­bür­ger mit wei­te­ren Instru­men­ten der direk­ten Demo­kra­tie (Refe­ren­dum und Initia­ti­ve) kompensiert.

Eine gestei­ger­te Popu­la­ri­tät erfuh­ren Gemein­de­par­la­men­te in den 1970er Jah­ren. Ursäch­lich dafür waren die Ein­füh­rung des Frau­en­stimm­rechts und die damit ver­bun­de­ne Ver­dop­pe­lung der Stimm­bür­ger­schaft, ein erwar­te­ter wei­te­rer Anstieg der Gesamt­be­völ­ke­rung und eine gewis­se Unzu­frie­den­heit mit inter­es­sen­spe­zi­fi­schen Mobi­li­sie­run­gen und Ein­fluss­nah­men in den schon damals oft schwach besuch­ten Gemeindeversammlungen.

Mit Blick auf die Auto­no­mie der Gemein­den und eine mög­lichst ange­mes­se­ne Orga­ni­sa­ti­ons­form ist wei­ter bedeu­tungs­voll, ob die Gemein­den die Mög­lich­keit haben, zwi­schen einem Gemein­de­par­la­ment oder einer Gemein­de­ver­samm­lung zu wäh­len. Dabei ist es durch­aus sinn­voll, zwi­schen den von Ver­fas­sung und Gesetz vor­ge­ge­be­nen Mög­lich­kei­ten und den effek­tiv genutz­ten Frei­hei­ten zu unter­schei­den. Für zahl­rei­che West­schwei­zer und Tes­si­ner Gemein­den gibt es bei­spiels­wei­se kei­ne oder nur beschränk­te Wahl­mög­lich­kei­ten. Oft­mals wird den Gemein­de­par­la­men­ten den Vor­zug gege­ben. In der Zen­tral­schweiz sind in vie­len Kan­to­nen dem­ge­gen­über über­haupt kei­ne Gemein­de­par­la­men­te vor­ge­se­hen, oder dort wo sie mög­lich sind, wer­den sie nicht ein­ge­führt. In wei­te­ren Kan­to­nen wer­den Gemein­de­par­la­men­te erst ab einer bestimm­ten Ein­woh­ner­zahl mög­lich oder müs­sen von Geset­zes wegen ein­ge­führt werden.

Anzahl und Verbreitung der Gemeindeparlamente

Die Gesamt­zahl der Gemein­de­par­la­men­te in der Schweiz ist nicht ganz ein­fach zu bestim­men, da es kein offi­zi­el­les, aktua­li­sier­tes Ver­zeich­nis gibt. Zu Beginn der 1990er Jah­re haben unse­re Nach­for­schun­gen 493 Gemein­de­par­la­men­te iden­ti­fi­ziert (Lad­ner 1991: 299). Damals hat­ten damit 16.3 Pro­zent der Schwei­zer Gemein­den ein Gemein­de­par­la­ment. Im Jahr 2013 exis­tier­ten noch 475 Gemein­de­par­la­men­te. Da die Zahl der Gemein­den in die­ser Zeit jedoch stark abge­nom­men hat, ist der Anteil der Par­la­ments­ge­mein­den auf 20.2 Pro­zent ange­stie­gen (vgl. Lad­ner 2016: 63). Die aktu­ells­ten Zah­len (2019) deu­ten auf 461 Gemein­de­par­la­men­te hin, was einem Anteil von rund 21 Pro­zent entspricht.

Ursäch­lich für die Schwie­rig­kei­ten, eine genaue Zahl zu bestim­men, sind auch gele­gent­li­che Neu­ein­füh­run­gen oder Abschaf­fun­gen von Gemein­de­par­la­men­ten, wel­che vor allem in den klei­ne­ren Gemein­den von der Öffent­lich­keit kaum wahr­ge­nom­men wer­den. In jün­ge­rer Zeit neu geschaf­fe­ne Gemein­de­par­la­men­te fin­den sich bei­spiels­wei­se in Gos­sau SG (2001), Münsin­gen BE (2002), Arbon TG (2003), Wetz­ikon ZH (2012) und Vua­dens FR (2016). Dane­ben sind aber auch im Kan­ton Waadt in meh­re­ren klei­ne­ren Gemein­den neue Par­la­men­te ent­stan­den. Im fran­zö­sisch­spra­chi­gen Teil des Kan­tons Wal­lis wur­de in Ayent (2000) und in Vétroz (1992) ein Gemein­de­par­la­ment ein­ge­führt und auch Les Bois (2000) im Kan­ton Jura hat zu einem Par­la­ments­sys­tem gewechselt.

Dem steht aller­dings auch eine gegen­läu­fi­ge Ent­wick­lung gegen­über: So haben bei­spiels­wei­se in den letz­ten Jahr­zehn­ten mit Aar­burg, Neu­en­hof, Oftrin­gen, Suhr und Sprei­ten­bach ver­schie­de­ne Aar­gau­er Gemein­den das Gemein­de­par­la­ment wie­der abge­schafft. Auch die Gemein­den Düdin­gen FR (1990, Wie­der­ein­füh­rung 2016), Wün­ne­wil-Fla­matt FR (1991, Wie­der­ein­füh­rung 2010), Neun­kirch SH (2013), Birs­fel­den BL (1991) und Ror­schach SG (2004) sind vor­über­ge­hend oder per­ma­nent zum Ver­samm­lungs­sys­tem zurück­ge­kehrt. Wei­ter sind im Kan­ton Tes­sin durch Fusio­nen Gemein­de­par­la­men­te auf­ge­löst wor­den, wie im Fal­le der Gemein­den Oso­gna, Crescia­no, Iragna und Lodri­no, wel­che sich 2017 zur Gemein­de Rivie­ra zusammenschlossen.

Ein jün­ge­res Bei­spiel für die Abschaf­fung eines Gemein­de­par­la­ments ist auch die Gemein­de Gla­rus-Nord. Gla­rus-Nord war die ein­zi­ge Glar­ner Gemein­de, die nach der gros­sen Gemein­de­re­form im Jahr 2010 ein Gemein­de­par­la­ment ein­führ­te. Weil jedoch sowohl das Par­la­ment wie auch die Bür­ger­ver­samm­lung als Legis­la­ti­ve fun­gier­ten, kam es immer wie­der zu Kom­pe­tenz­strei­tig­kei­ten. Die Gemein­de­ver­samm­lung stimm­te am 19. Juni 2015 mit deut­li­chem Mehr einer Moti­on zu, die die Abschaf­fung des Par­la­ments forderte.

Schliess­lich zei­gen ver­schie­de­ne Bei­spie­le, dass die Debat­ten über das ange­mes­se­ne Sys­tem eine Gemein­de über Jahr­zehn­te hin­weg beschäf­ti­gen kön­nen, und dass es häu­fig meh­re­re Anläu­fe braucht, um sol­che grund­le­gen­den insti­tu­tio­nel­len Refor­men zu bewerk­stel­li­gen. In der Zür­cher Gemein­de Wetz­ikon wur­de 2012 im sechs­ten Anlauf an der Urne ein Gemein­de­par­la­ment ein­ge­führt, und zwar zu einem Zeit­punkt, als die Gemein­de schon mehr als 20’000 Ein­woh­ner hat­te. Bereits 1927 soll es gemäss Recher­chen des Zür­cher Ober­län­ders zu einem erfolg­lo­sen Vor­stoss zur Ein­füh­rung eines Gemein­de­par­la­ments gekom­men sein.

Zusätz­li­che Schwie­rig­kei­ten zur Erfas­sung der genau­en Zahl von Gemein­de­par­la­men­ten erge­ben sich wei­ter durch gewis­se Spe­zi­al­fäl­le, wie etwa eine Hand­voll Gemein­den im Kan­ton Grau­bün­den, die sowohl eine Gemein­de­ver­samm­lung wie auch eine Art „Gemein­de­par­la­ment“ ken­nen, oder etwa Gren­chen und Solo­thurn, in denen der 15- respek­ti­ve 30-köp­fi­ge Gemein­de­rat eine Misch­form zwi­schen Exe­ku­ti­ve und Legis­la­ti­ve dar­stellt. Eini­ge Gemein­den in den Kan­to­nen Luzern und Appen­zell ver­zich­ten dem­ge­gen­über auf Gemein­de­par­la­ment und Gemein­de­ver­samm­lung und erle­di­gen sämt­li­che poli­ti­schen Geschäf­te an der Urne.

Betrach­tet man die Ver­brei­tung der Gemein­de­par­la­men­te, so spielt zuerst ein­mal die Grös­se der Gemein­de eine wich­ti­ge Rol­le. Auf den ers­ten Blick nahe­lie­gend ist, dass sich Ver­samm­lun­gen eher für die klei­ne­ren und Par­la­men­te für die gros­sen Gemein­den und Städ­te eig­nen. Bei ein paar Hun­dert Ein­woh­nern stellt sich in der Tat die Fra­ge, ob es zwi­schen ihnen und der Exe­ku­tiv­be­hör­den ein gewähl­tes Reprä­sen­ta­tiv­or­gan braucht, wel­ches die poli­ti­schen Ent­schei­dun­gen trifft.

Die Ein­woh­ner­zah­len allein sind aber nicht der ein­zi­ge erklä­ren­de Fak­tor. Dazu gesel­len sich – wie bereits erwähnt – auch kul­tu­rel­le Dif­fe­ren­zen und unter­schied­li­che demo­kra­tie­theo­re­ti­sche Vor­stel­lun­gen, wie die poli­ti­schen Ent­schei­dun­gen auf loka­ler Ebe­ne gefällt wer­den sol­len. Hält man die Stimm­be­rech­tig­ten befä­higt, sich mit kom­ple­xen poli­ti­schen Pro­ble­men aus­ein­an­der­zu­set­zen und Ent­schei­dun­gen zu tref­fen, die in der Gemein­de auf eine all­ge­mei­ne Akzep­tanz stos­sen, oder soll die­se Auf­ga­be nicht eher an einen klei­nen Kreis von Reprä­sen­tan­ten dele­giert wer­den, der sich kon­ti­nu­ier­li­cher und inten­si­ver mit den poli­ti­schen Geschäf­ten befasst. Es gibt dem­zu­fol­ge Gemein­den mit mehr als 20‘000 Ein­woh­nern (z.B. Rap­pers­wil-Jona und Baar), die sich auf ein Ver­samm­lungs­sys­tem abstüt­zen, wäh­rend in gewis­sen Kan­to­nen alle oder bereits sehr klei­ne Gemein­den ein Gemein­de­par­la­ment haben.

Typologie der Gemeindeparlamente

Ins­ge­samt las­sen sich fünf Grup­pen von Kan­to­nen unter­schei­den (vgl. Tabel­le 1). In der latei­ni­schen Schweiz, wo die Gemein­de­par­la­men­te viel popu­lä­rer sind, haben in den Kan­to­nen Genf und Neu­en­burg alle Gemein­den – unge­ach­tet ihrer Grös­se – ein Gemein­de­par­la­ment. In den zen­tra­len und nörd­li­chen Lan­des­zei­len domi­niert dem­ge­gen­über ein­deu­tig das Ver­samm­lungs­sys­tem. Hier gibt es Kan­to­ne (UR, SZ, OW, NW, AI), die über­haupt kei­ne Gemein­de­par­la­men­te kennen.

Tabelle 1: Gemeindegrösse und Gemeindeparlament: Fünf Gruppen von Kantonen

Quel­le: Lad­ner 2016: 15 ff.

In den übri­gen Kan­to­nen haben die klei­nen Gemein­den eine Gemein­de­ver­samm­lung und die grös­se­ren ein Gemein­de­par­la­ment. Die Fra­ge stellt sich hier vor allem, wo die Gren­ze zwi­schen Par­la­ments- und Ver­samm­lungs­ge­mein­den gelegt ist und wie dies gesetz­lich gere­gelt ist.

Im Kan­ton Frei­burg gibt es kei­ne Gemein­de mit mehr als 8’000 Ein­woh­nern, die noch eine Gemein­de­ver­samm­lung hat. Alle fran­zö­sisch­spra­chi­gen Gemein­den mit 5’000 Ein­woh­ner und mehr haben ein Gemein­de­par­la­ment und es gibt auch eini­ge Gemein­den mit weni­ger Ein­woh­ner, die über ein Gemein­de­par­la­ment ver­fü­gen. Gemäss Gesetz kön­nen die Frei­bur­ger Gemein­den ab 600 Ein­woh­ner ein Gemein­de­par­la­ment haben, in acht nament­lich genann­ten Gemein­den im Kan­ton Frei­burg ist der Gene­ral­rat vorgeschrieben.

Im Kan­ton Bern ist es den Gemein­den über­las­sen, ein Gemein­de­par­la­ment ein­zu­füh­ren. Ab 5000 bis 6’000 Ein­woh­nern taucht denn auch regel­mäs­sig die Fra­ge auf, ob man ein Par­la­ment kon­sti­tu­ie­ren will. Wei­te­re Kan­to­ne, in denen auch klei­ne­re und mit­tel­gros­se Gemein­den ein Par­la­ment haben, sind AG, JU, VS, SH und GR.

Im Kan­ton Zürich kön­nen die Gemein­den anstel­le der Gemein­de­ver­samm­lung ein Gemein­de­par­la­ment ein­rich­ten. Im alten Gemein­de­ge­setz aus dem Jahr 1926 wur­de die­se Mög­lich­keit unter der Bezeich­nung „aus­ser­or­dent­li­che Gemein­de­or­ga­ni­sa­ti­on“ allen Gemein­den mit mehr als 2’000 Ein­woh­nern gewährt, im neu­en Gesetz wird kei­ne Min­dest­grös­se mehr fest­ge­schrie­ben. Es fin­det sich aber auch heu­te im Kan­ton Zürich kei­ne Gemein­de mit weni­ger als 10‘000 Ein­woh­ner, die ein Gemein­de­par­la­ment hat. Dem­ge­gen­über gibt es mehr als 15 Gemein­den mit jeweils über 10‘000 Ein­woh­nern, die noch die Gemein­de­ver­samm­lung ken­nen, dar­un­ter Hor­gen, Vol­kets­wil und Thal­wil, um nur die gröss­ten zu nennen.

Die unter­schied­li­che Struk­tur der Gemein­den gepaart mit den Prä­fe­ren­zen für oder gegen ein Ver­samm­lungs­sys­tem führt letzt­lich dazu, dass auch der Anteil der Gemein­de­par­la­men­te pro Kan­ton rela­tiv unter­schied­lich aus­fällt. Tabel­le 2, wel­che neben der Zahl der Par­la­ments­ge­mein­den auch deren Anteil an der Anzahl Gemein­den ins­ge­samt her­vor­hebt, bringt die Bedeu­tung der Gemein­de­par­la­men­te in den Kan­to­nen nume­risch zum Aus­druck. Neben den Kan­to­nen, in denen in allen oder in kei­ner Gemein­de ein Par­la­ment exis­tiert, ver­zeich­nen vor allem SH, GR und FR über grös­se­re Antei­le an Gemein­de­par­la­men­ten. Dazu gesel­len sich zudem die Par­la­ments­kan­to­ne TI und VD.

Tabelle 2: Anzahl und Anteil Gemeindeparlamente in den Schweizer Kantonen (Stand 1.1.2019)

*Berech­net auf der Basis der Zahl Gemein­den am 1.1.2019

Grösse der Gemeindeparlamente und Wahlverfahren

Die meis­ten Gemein­de­par­la­men­te sind rela­tiv klein und haben zwi­schen 16 und 45 Mit­glie­der. Nur weni­ge Par­la­men­te zäh­len mehr als 75 Mit­glie­der. Im Ver­gleich zu 1988 ist der Anteil der ganz klei­nen Gemein­de­par­la­men­te zurück­ge­gan­gen (vgl. Abbil­dung 1). Dies ist jedoch nicht auf eine sys­te­ma­ti­sche Ver­grös­se­rung der Par­la­men­te zurück­zu­füh­ren, son­dern hängt vor allem damit zusam­men, dass klei­ne Par­la­ments­ge­mein­den in den Kan­to­nen VD, TI und NE fusio­niert haben.

Abbildung 1: Grösse der Gemeindeparlamente (Anzahl Sitze) 1988 und 2013, Prozentanteile


N2013 = 475, N1988 = 391

Über das gröss­te Par­la­ment ver­fügt die Stadt Zürich mit 125 Sit­zen. Die Par­la­men­te von Basel und Lau­sanne haben 100 Sit­ze, die­je­ni­gen von Genf und Bern 80 und das Stadt­par­la­ment Win­ter­thur 60 Sit­ze. Das Par­la­ment von Basel bil­det inso­fern eine Aus­nah­me, als es sich gleich­zei­tig auch um das Kan­tons­par­la­ment des Kan­tons Basel-Stadt han­delt. Die gröss­ten Gemein­de­par­la­men­te gemäss den pro Kan­ton errech­ne­ten Durch­schnitts­wer­ten fin­den sich in den Kan­to­nen VD, VS, FR, AG und ZH. Im Kan­ton Waadt haben bei­spiels­wei­se neben Lau­sanne auch Pul­ly, Mor­ges, Nyon, Mon­treux, Vevey und Yver­don-les-Bains ein Gemein­de­par­la­ment mit 100 Sitzen.

Die Gemein­de­par­la­men­te, respek­ti­ve deren Mit­glie­der wer­den direkt vom Volk gewählt. Der Wahl­kreis bil­det in der Regel die Gemein­de, in sel­te­nen Fäl­len, wie bei­spiels­wei­se in der Stadt Zürich, sind es die Stadt­krei­se. Als Wahl­ver­fah­ren dient in den meis­ten Fäl­len, vor allem für die grös­se­ren Gemein­den, ein Pro­porz­ver­fah­ren, wobei heu­te – dort, wo Pro­porz­wah­len durch­ge­führt wer­den – dar­auf geach­tet wer­den muss, dass die an den Wah­len teil­neh­men­den Grup­pie­run­gen nicht mehr als 10 Pro­zent der Stim­men gewin­nen müs­sen, um einen Sitz zu erhal­ten (vgl. Bun­des­ge­richts­ent­scheid 129 I 185 vom 18. Dezem­ber 2002). In eini­gen Kan­to­nen ist den Gemein­den das Wahl­ver­fah­ren vor­ge­schrie­ben (vgl. Auer 2016: 159).

Probleme und Herausforderungen

In unse­rer neus­ten Erhe­bung aus dem Jahr 2017 wur­de erst­mals nach den all­fäl­li­gen Pro­ble­men der Par­la­ments­ge­mein­den in der Schweiz gefragt. Inter­es­san­ter­wei­se zei­gen sich rela­tiv mar­kan­te Unter­schie­de, wenn die Grös­se der Gemein­den berück­sich­tigt wird. Vie­le Rück­trit­te wäh­rend der Legis­la­tur, Gewähl­te, die nur eine Legis­la­tur blei­ben und der Ein­druck, dass vie­le Par­la­men­ta­rie­rin­nen und Par­la­men­ta­ri­er über­for­dert sind, wer­den in den grös­se­ren Gemein­den deut­lich häu­fi­ger erwähnt (vgl. Abbil­dung 2). Dies lässt ver­mu­ten, dass hier die Arbeits­be­las­tung und die sach­li­che Kom­ple­xi­tät der Geschäf­te die Man­dats­trä­ger stark belas­ten. Schwie­rig­kei­ten genü­gend Kan­di­da­tin­nen und Kan­di­da­ten zu fin­den, betref­fen dem­ge­gen­über vor allem die kleins­ten Parlamentsgemeinden.

Die unzu­rei­chen­de Kon­trol­le der Exe­ku­ti­ve scheint im Ver­gleich dazu als ein eher gering­fü­gi­ges Pro­blem wahr­ge­nom­men zu wer­den. Die kürz­lich durch­ge­führ­te gesamt­schwei­ze­ri­sche Befra­gung der Exe­ku­tiv­mit­glie­der (2018) zeigt, dass die Gemein­de­rä­te in Par­la­ments­sys­te­men die Über­wa­chung ihrer Tätig­kei­ten durch die Legis­la­ti­ve als weni­ger stark wahr­neh­men als ihre Kol­le­gen in Versammlungsgemeinden.

Ohne die Ant­wor­ten über­in­ter­pre­tie­ren zu wol­len, fällt auf, dass die Angst, dass mit einem Gemein­de­par­la­ment die Gemein­de­po­li­tik zu stark und unnö­tig poli­ti­siert wird, vor allem in den Gemein­den zwi­schen 10‘000 und 20‘000 Ein­woh­nern gross ist. Das ist auch der Grös­sen­be­reich, bei dem in Kan­to­nen, in denen das Ver­samm­lungs­sys­tem stark ver­brei­tet ist, über die Ein­füh­rung eines Par­la­ments gestrit­ten wird.

Abbildung 2: Probleme und Schwierigkeiten von Parlamentsgemeinden nach Gemeindegrösse (Einwohnerzahl)


Bemer­kung: Erhe­bun­gen 2017. N =310; 308; 315; 279; 296; 284

Reformansätze zur Stärkung der Gemeindeparlamente

Zur Stär­kung der Par­la­men­te ist die gros­se Mehr­heit der loka­len Par­la­men­te – gemäss Aus­sa­gen der Gemein­de- und Stadt­schrei­ber – dazu über­ge­gan­gen, stän­di­ge Kom­mis­sio­nen ein­zu­füh­ren (vgl. Abbil­dung 3). Aus den Ant­wor­ten der Befra­gung geht lei­der nicht her­vor, ob die­se Kom­mis­sio­nen dem Sys­tem der stän­di­gen Sach­kom­mis­sio­nen, wie sie auf Bun­des­ebe­ne 1991 ein­ge­führt wur­den, gleich­zu­set­zen sind, oder ob es sich eher um ver­ein­zel­te Sach­kom­mis­sio­nen handelt.

Vor allem in den grös­se­ren Gemein­den wur­den auch Par­la­ments­diens­te geschaf­fen, die das Funk­tio­nie­ren des Rats­be­triebs gewähr­leis­ten und die Par­la­men­ta­rie­rin­nen und Par­la­men­ta­ri­er bei ihrer Arbeit unter­stüt­zen. Eben­falls ein beacht­li­cher Anteil der Gemein­de­schrei­ber – und wie­der­um eher in den grös­se­ren Gemein­den – gibt zudem an, dass die Par­tei­en und Frak­tio­nen ver­stärkt (mate­ri­ell) unter­stützt wer­den, wäh­rend das Ein­füh­ren eines Sys­tems mit Ersatz­per­so­nen, wie es in ein­zel­nen Kan­to­nen und Städ­ten prak­ti­ziert wird, deut­lich weni­ger häu­fig vorkommt.

Abbildung 3: Organisation von Gemeindeparlamenten und Unterstützungsmöglichkeiten für Parlamentsmitglieder nach Gemeindegrösse (Einwohnerzahl)


Bemer­kung: Erhe­bun­gen 2017. N = 320; 319; 314; 315

Ausblick

Ange­sichts des beacht­li­chen Bevöl­ke­rungs­wachs­tums der Schweiz von 6.8 Mio. (1990) auf 8.4 Mio. (2016) hat auch die Zahl der gros­sen Gemein­den zuge­nom­men. Ver­füg­ten zu Beginn der 1990er-Jah­re knapp 100 Gemein­den über mehr als 10‘000 Ein­woh­ner, so waren es 2016 mehr als 150 Gemein­den. Den­noch lässt sich nicht fest­stel­len, dass der Wech­sel zu einem Gemein­de­par­la­ment aus­ge­spro­chen popu­lär gewor­den ist. 1988 mach­ten knapp 4 Pro­zent der Ver­samm­lungs­ge­mein­den (N=1932) gel­tend, dass bei ihnen Ver­su­che unter­nom­men wur­den, ein Gemein­de­par­la­ment ein­zu­füh­ren. Im Jahr 2017 gaben nur noch 2.3 Pro­zent der Ver­samm­lungs­ge­mein­den (N=1387) an, in den letz­ten Jah­ren Anstren­gun­gen unter­nom­men zu haben, ein Gemein­de­par­la­ment einzuführen.

Nur in den gröss­ten Gemein­den (mit mehr als 10’000 Ein­woh­nern) sieht es etwas anders aus: Hier wur­de in rund einem Drit­tel der Gemein­den ver­sucht, die Gemein­de­ver­samm­lung durch ein Gemein­de­par­la­ment zu erset­zen. Vor­stös­se zur Ein­füh­rung eines Gemein­de­par­la­ments gab es vor allem in den­je­ni­gen Kan­to­nen, in denen die Ver­samm­lungs­ge­mein­den sehr gross sind (ZH, AG, ZG) oder das Par­la­ments­sys­tem gene­rell eine grös­se­re Ver­brei­tung kennt (FR, JU, VS, BE). Dem­ge­gen­über hat aber auch eine Rei­he von Gemein­den das Gemein­de­par­la­ment abge­schafft und die Gemein­de­ver­samm­lung ein­ge­führt. Gemäss unse­rer Erhe­bung 2017 geben 2.5 Pro­zent der Par­la­ments­ge­mein­den (N=322) an, dass in den letz­ten Jah­ren Vor­stös­se oder Initia­ti­ven unter­nom­men wur­den, das Gemein­de­par­la­ment abzuschaffen.

Vor­stös­se zu einem Sys­tem­wech­sel sind auch nicht immer erfolg­reich. Erfolg­lo­se Ver­su­che ein Par­la­ment ein­zu­füh­ren gab es z. B. in Thal­wil ZH (2007), Itti­gen BE (2011), Birs­fel­den BL (2011), Ebi­kon LU (2014), Ker­zers FR (2015), Rap­pers­wil-Jona (2015), Mut­tenz BL (2018, fünf­ter Anlauf) und Solo­thurn (2019) – erfolg­lo­se Ver­su­che ein bestehen­des Par­la­ment abzu­schaf­fen in Klos­ters-Ser­neus (2018) oder in den Zür­cher Gemein­den Opfikon-Glatt­brugg (1982), Bül­ach (2003) und Schlie­ren (2003).

Dass sich nur ein klei­ner Teil der Gemein­den mit einem Sys­tem­wech­sel befasst, hängt vor allem mit der Klein­heit der meis­ten Schwei­zer Gemein­den zusam­men. Ins­ge­samt besteht aber zur­zeit auch in den grös­se­ren Gemein­den – vor allem in der Deutsch­schweiz – kein ein­deu­ti­ger Reform­trend in Rich­tung Gemein­de­par­la­ment. Dies mag mit­un­ter damit zusam­men­hän­gen, dass kaum sys­te­ma­tisch nach­ge­wie­sen wer­den kann, dass die Gemein­den mit einem Par­la­ment bes­ser fah­ren als mit einem Ver­samm­lungs­sys­tem. Häu­fig wird gel­tend gemacht, dass ein Par­la­ments­be­trieb einer­seits höhe­re Kos­ten ver­ur­sacht und eine unnö­ti­ge Poli­ti­sie­rung der Lokal­po­li­tik mit sich bringt, ande­rer­seits aber auch die Her­aus­bil­dung von Lokal­par­tei­en fördert.

In grös­se­ren, bevöl­ke­rungs­mäs­sig homo­ge­nen Gemein­den, in denen ein gewis­ses Inter­es­se an der Lokal­po­li­tik vor­han­den ist, kann ein Ver­samm­lungs­sys­tem durch­aus bes­tens funk­tio­nie­ren. Wer­den die Gemein­den hete­ro­ge­ner, bestehend aus Bevöl­ke­rungs­grup­pen mit teil­wei­se sehr unter­schied­li­chen poli­ti­schen Inter­es­sen und ist die Bereit­schaft der Stimm­bür­ger­schaft, sich an der Gemein­de­ver­samm­lung zu betei­li­gen, gering, so ermög­licht ein Par­la­ment eine trans­pa­ren­te­re und vor allem auch reprä­sen­ta­ti­ve­re Form der poli­ti­schen Ent­schei­dungs­fin­dung. Die Vor­aus­set­zun­gen in die­sem Fall sind aller­dings, akti­ve und funk­tio­nie­ren­de loka­le Par­tei­en. Ins­ge­samt deu­tet vie­les dar­auf hin, dass es sich bei Par­la­ments- und Ver­samm­lungs­sys­tem – zumin­dest im Grund­satz – um funk­tio­nal gleich­wer­ti­ge Orga­ni­sa­ti­ons­for­men handelt.

Hin­weis: Die­ser Bei­trag erschien im Mit­tei­lungs­blatt der Schwei­ze­ri­schen Gesell­schaft für Par­la­ments­for­schung vom April 2019.


Lite­ra­tur

  • Auer, Andre­as (2016). Staats­recht der schwei­ze­ri­schen Kan­to­ne. Zürich: Stämpfli.
  • Lad­ner, Andre­as et al. (2019). Pat­terns of Local Auto­no­my in Euro­pe. Lon­don: Palgrave.
  • Lad­ner, Andre­as (2016). Gemein­de­ver­samm­lung und Gemein­de­par­la­ment. Über­le­gun­gen und empi­ri­sche Befun­de zur Aus­ge­stal­tung der Legis­la­tiv­funk­ti­on in den Schwei­zer Gemein­den. Lau­sanne: Cahier de l’IDHEAP Nr. 292.
  • Schaff­hau­ser, René (1978). Die direk­te Demo­kra­tie in der kom­ple­xen For­men der Gemein­de­or­ga­ni­sa­ti­on. Wil SG: Buch­dru­cke­rei Zehn­der AG.

Bild: Gros­ser Stadt­rat Luzern

image_pdfimage_print