Millionärssteuerinitiative im Aargau: Kein Graben zwischen Arm und Reich beim Abstimmungsentscheid

Zwei Drit­tel aller Stim­men­den befand die Mil­lio­närs­steu­er­initia­ti­ve als nicht geeig­net zur Sanie­rung der Kan­tons­fi­nan­zen. Zudem infor­mier­ten sich 86 Pro­zent der Stimm­be­völ­ke­rung mit dem kan­to­na­len Stimm­büch­lein über die Vor­la­ge. Dies zeigt eine Stu­die des Zen­trums für Demo­kra­tie Aar­au und des Befra­gungs­in­sti­tuts publi­test, wel­che erst­mals eine Befra­gung von Stimm­be­rech­tig­ten im Nach­gang zu einer kan­to­na­len Abstim­mung durchführten. 

Der Ent­scheid zur Mil­lio­närs­steu­er­initia­ti­ve vom 23. Sep­tem­ber 2018 folg­te erwar­tungs­ge­mäss dem klas­si­schen Links- Rechts-Sche­ma. Das JUSO-Begeh­ren wur­de von den bür­ger­li­chen Par­tei­an­hän­ger­schaf­ten mit Nein-Antei­len zwi­schen 80 und über 90 Pro­zent klar abge­lehnt. Unter­stüt­zung fand die Initia­ti­ve hin­ge­gen bei poli­tisch links ein­ge­stell­ten Jugend­li­chen und bei den Anhän­ger­schaf­ten von SP und Grü­nen. Aller­dings war die­se Unter­stüt­zung nicht unge­teilt: Rund vier von zehn SP- und Grü­nen-Sym­pa­thi­san­tin­nen und Sym­pa­thi­san­ten leg­ten ein Nein in die Urne. 

Ein Gra­ben zwi­schen Reich und Arm ist zudem nicht zu erken­nen. Die weni­ger Ver­die­nen­den haben die Initia­ti­ve zwar etwas stär­ker unter­stützt als Ver­mö­gen­de, aber selbst im tiefs­ten Ein­kom­mens­quar­til ist der Ja-Anteil (33%) weit ent­fernt von einer Mehr­heit. Zwar haben Stim­men­de, die sich posi­ti­ve per­sön­li­che Kon­se­quen­zen von einer Annah­me der Initia­ti­ve ver­spra­chen, die Vor­la­ge mit einer Zwei­drit­tel-Mehr­heit ange­nom­men, doch ihrer waren zu weni­ge: Bloss etwa fünf Pro­zent glaub­ten, die JUSO-Initia­ti­ve ände­re für sie selbst etwas zum Bes­se­ren. Die meis­ten Stim­men­den (61%) konn­ten hin­ge­gen kei­ner­lei per­sön­li­che Betrof­fen­heit in der Vor­la­ge erken­nen und lehn­ten sie wohl auch des­we­gen deut­lich ab (69% Nein-Anteil). 

Argu­men­te sties­sen auf Sympathie 

Auf­schluss­reich ist zudem, dass die Argu­men­te der Befür­wor­t­erschaft durch­aus auf Anklang sties­sen. Im Prin­zip, so äus­ser­te sich eine Mehr­heit der Stim­men­den (55%), brau­che der Kan­ton Aar­gau mehr Steu­er­ein­nah­men. Auch eine stär­ke­re steu­er­li­che Belas­tung von Ver­mö­gen­den emp­fin­det eine knap­pe Mehr­heit (51%) als ange­mes­sen. Indes wur­de all dies über­la­gert durch die Sor­ge, dass Ver­mö­gen­de in der Fol­ge weg­zie­hen könn­ten, womit dem Kan­ton letzt­lich mehr Steu­ern ent­ge­hen wür­den, als er neu ein­neh­men könn­te. Die­se Sor­ge schlägt sich bei­spiels­wei­se auch dar­in nie­der, dass zwei Drit­tel aller Stim­men­den die Initia­ti­ve – trotz gewis­ser Sym­pa­thien – nicht für ein geeig­ne­tes Mit­tel hiel­ten, um die Kan­tons­fi­nan­zen zu sanieren.

Noch kei­ne Smart­pho­ne-Demo­kra­tie

Die Ent­scheid­fin­dung berei­te­te der gros­sen Mehr­heit (82%) der Stim­men­den kei­ne Schwie­rig­kei­ten. Bezüg­lich Medi­en­nut­zung liegt die frei Haus gelie­fer­te Bro­schü­re des Kan­tons klar an der Spit­ze (Nut­zungs­ra­te 86%), ähn­lich wie dies auf natio­na­ler Ebe­ne für das Bun­des­büch­lein der Fall ist. Sozia­le Medi­en wie Face­book und Twit­ter wer­den für die Infor­ma­ti­ons­ge­win­nung hin­ge­gen nur von­ei­ner klei­nen Min­der­heit der Stim­men­den (7%) ver­wen­det. Bei kan­to­na­len Abstim­mungs­kämp­fen ist man also noch ein gehö­ri­ges Stück weit von einer Smart­pho­ne-Demo­kra­tie ent­fernt. Wei­ter wer­den ver­brei­tet genutzt: Die Tages­zei­tun­gen, die Dis­kus­si­on im Bekann­ten­kreis sowie Radio und Fernsehen. 

Die Betei­li­gung an die­sem Urnen­gang war unter­durch­schnitt­lich. Das The­ma hat nicht beson­ders mobi­li­siert. Das Des­in­ter­es­se am Abstim­mungs­the­ma war denn auch einer der Haupt­grün­de, wes­halb man der Urne fern­blieb. Wie aus der Abstim­mungs­for­schung all­ge­mein bekannt, betei­lig­ten sich älte­re, hoch­ge­bil­de­te und mit dem Kan­ton stark ver­bun­de­ne Män­ner am ehes­ten am Urnen­gang. Über­grei­fend sind jedoch der Bil­dungs­grad und dar­aus fol­gend das poli­ti­sche Inter­es­se die wich­tigs­ten Erklä­rungs­fak­to­ren für die Teil­nah­me. Die­je­ni­gen Krei­se von Links­aus­sen, die die Initia­ti­ve am stärks­ten unter­stütz­ten, dar­un­ter vie­le Jün­ge­re, haben sich zudem nur unter­durch­schnitt­lich am Urnen­gang beteiligt. 

Die Abstim­mungs­vor­la­ge
An der kan­to­na­len Abstim­mung vom 23. Sep­tem­ber 2018 hat­te das Aar­gau­er Stimm­volk über die Volks- initia­ti­ve «Mil­lio­närs­steu­er – Für eine fai­re Ver­mö­gens­steu­er im Aar­gau» (Mil­lio­närs­steu­er­initia­ti­ve) zu befin­den. Die Initia­ti­ve wur­de vom Stimm­volk mit einem Nein-Anteil von 74,6 Pro­zent ver­wor­fen. Die Stimm­be­tei­li­gung lag bei 35,4 Prozent.

 


Refe­renz:

Milic, Tho­mas, Salim Brüg­ge­mann und Uwe Ser­dült (2018): FOKUS Aar­gau: Stu­die zur kan­to­na­len Volks­ab­stim­mung vom 23. Sep­tem­ber 2018. FOKUS Aar­gau, Nr. 1. Aar­au, Zen­trum für Demo­kra­tie Aarau.

image_pdfimage_print