Der 24. Februar 2022 und 7. Oktober 2023 sind Daten für die Geschichtsbücher. Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine vor rund drei Jahren und der Überfall der Hamas auf Israel eineinhalb Jahre später markieren Einschnitt in das westliche Selbstverständnis von Sicherheitslage, europäischem Zusammenhalt und nicht zuletzt von Demokratie.
Was das aktuelle Weltgeschehen für die Schweizer Demokratie und Sicherheitslage bedeutet, wird politisch und gesellschaftlich kontrovers diskutiert. In der Frage der Neutralität und was einen neutralen Staat ausmacht, gehen die Meinungen stark auseinander. Aber auch Einschätzungen, wie gross die Bedrohungslage ist, variieren. Nicht zuletzt geht es um Reformen der Schweizer Armee angesichts neuer Bedrohungsszenarien wie Desinformation und Cyberangriffen sowie gesellschaftlichem (Werte-)Wandel.
Auch die internationale Positionierung der Schweiz ist in Diskussion: Welche internationalen Hebel hat die neutrale Schweiz, nachdem etwa ihre Mitgliedschaft im UNO-Sicherheitsrat per Ende 2024 vorbei ist? Welche Kooperationen will und soll die Schweiz zukünftig eingehen zur Herstellung von Sicherheit gegen innen und aussen? Wie müsste die NATO-Partnerschaft für den Frieden zukünftig ausgestaltet sein? Wie kann die Schweiz ihre aussen- und sicherheitspolitischen Anliegen einbringen? Welche Rolle kommt der Schweiz als Land mitten in Europa insgesamt zu Fragen von Krieg und Frieden zu? Der Abendanlass der Aarauer Demokratietage am 3. April will Fragen einer umfassenden Sicherheitspolitik mit den eingeladenen Expert:innen beleuchten und mit einem breiten Publikum diskutieren.
Die wissenschaftliche Konferenz vom 4. April beleuchtet das Thema aus politik-, rechts- und bildungswissenschaftlicher Sicht in drei Panels:
Demokratie, Frieden und Krieg
Ist Demokratie ein Garant für Frieden, oder bleibt der „demokratische Frieden“ eine unerreichbare Utopie? Dieses Panel der Aarauer Demokratietage nimmt die oft zitierte Erkenntnis unter die Lupe, dass Demokratien seltener gegeneinander Krieg führen oder zumindest eine friedliche Lösung von Konflikten begünstigen. Dabei wird nicht nur ein Augenmerk gelegt auf die Schwierigkeiten, die mit dem Aufbau und der Stabilisierung von demokratischen Systemen verbunden sind. Es wird auch thematisiert, welche Mechanismen Demokratien widerstandsfähig gegenüber Gewalt machen – und wie man sie vor gewaltsamen Konflikten schützt. Doch was passiert, wenn demokratische Prinzipien unter Druck geraten? Und sind Demokratien wirklich immun gegen militärische Eskalation? Das Panel diskutiert diese Fragen auf der Grundlage von aktuellen Studien und praktischen Erfahrungen.
Die Neutralität der Schweiz – Politische Spielräume und rechtliche Grenzen
Die Neutralität der Schweiz ist ein schillerndes Konzept. Seit gut 200 Jahren dient sie als Leitlinie für die schweizerische Aussenpolitik in Kriegszeiten. Aus dem Völkerrecht folgen gewisse Vorgaben für neutrale Staaten. Die Bundesverfassung erwähnt die Neutralität zwar, definiert sie aber nicht. Der Krieg Russlands gegen die Ukraine hat der Frage nach der rechtlichen Bedeutung der Neutralität besondere Aktualität verliehen. Hiervon hängt der politische Spielraum für die praktische Handhabung durch Parlament und Bundesrat ab, beispielsweise bei der Übernahme der Sanktionen der EU gegen Russland oder bei der Lieferung von Kriegsmaterial an andere Staaten. Das Parlament berät derzeit die «Neutralitätsinitiative», mit der die Verankerung eines strikten Neutralitätsverständnisses verlangt wird. Zur Neutralität der Schweiz forschende Völker- und Verfassungsrechtlerinnen leuchten deren Spielräume und Grenzen aus.
Krieg und Frieden im Unterricht
Krieg ist ein brennendes Thema im Geschichtsunterricht. Aktuelle Konflikte wie jene in der Ukraine oder in Gaza sind gesellschaftlich kontrovers. In der Öffentlichkeit dokumentieren Kriegsbilder den Schrecken, und die politische Debatte um Neutralität und Kriegsmateriallieferungen ist kontrovers. Eine pädagogische Einordnung der aktuellen Konflikte ist wichtig, damit Kinder und Jugendliche mit ihren Fragen nicht alleine zurechtkommen müssen. Gleichzeitig ergeben sich für den Unterricht zahlreiche Herausforderungen. Wie also aktuelle Kriege unterrichten? Welche Bedeutung kommt der journalistischen Berichterstattung im Falle von Krieg und Krisen zu? Braucht es medienpädagogische Interventionen zu Inhalten in den Sozialen Medien? Welche Lernziele sollen beim Thematisieren von Zeitgeschichte und aktuellen Kriegsberichterstattungen im Vordergrund stehen? Und lernen Kinder und Jugendliche bei der Auseinandersetzung mit Krieg auch etwas über Frieden?
Die Aarauer Demokratietage 2025 finden am 3. und 4. April 2025 in Aarau statt. Hier geht’s zur Anmeldung und dem Programm!