Effizienz-Monitoring der Schweizer Kantone 2009 bis 2018

Wer­den öffent­li­che Leis­tun­gen effi­zi­ent erbracht? Die­se Fra­ge wird zwar oft gestellt, aber bis­lang wur­de sie nicht sys­te­ma­tisch unter­sucht. Um die­se Lücke zu schlies­sen, haben zwei For­schungs­be­rei­che des IDHEAP – Public Poli­cy und Eva­lua­ti­on & Öffent­li­che Finan­zen – in Zusam­men­ar­beit mit der Wirt­schafts­prü­fungs­ge­sell­schaft PwC die Initia­ti­ve für ein Effi­zi­enz-moni­to­ring der Kan­to­ne ins Leben gerufen. 

Effizienz öffentlicher Leistungen: eine grosse Herausforderung

Ziel ist es, in kur­zen Abstän­den zu ver­fol­gen, wie sich die Effi­zi­enz der Kan­to­ne ent­wi­ckelt, um zu einem leis­tungs­fä­hi­ge­ren Staat bei­zu­tra­gen. Ver­schie­de­ne Leis­tun­gen sind Gegen­stand des Moni­to­rings. Die Aus­ga­be 2021 umfasst die Berei­che Bil­dung, Sozi­al­hil­fe und Stras­sen. Die Initia­ti­ve besteht nicht in einem ein­fa­chen sta­ti­schen Bench­mar­king, son­dern in einer dyna­mi­schen Prü­fung über ein Jahr­zehnt hinweg.

Data Envelopment Analysis

Ein brei­tes Spek­trum an kan­to­na­len Daten zu Inputs (ver­brauch­te Res­sour­cen) und Out­puts (Leis­tun­gen) ermög­licht es uns, wei­ter zu gehen als bis­he­ri­ge Stu­di­en. Die­se betrach­ten eine ein­zi­ge Leis­tungs­di­men­si­on (häu­fig das Volu­men) und ver­glei­chen sie mit einer ein­zi­gen Art von Gesamt­aus­ga­ben. Es ist jedoch bes­ser, ver­schie­de­ne Dimen­sio­nen, ein­schliess­lich Qua­li­täts­aspek­te, zu berück­sich­ti­gen. Dar­über hin­aus kön­nen Aus­ga­ben unter­schied­li­cher Art sein und sich gegen­sei­tig erset­zen, z. B. Per­so­nal und Infra­struk­tur. Ange­sichts die­ser Kom­ple­xi­tät kom­bi­niert die Schätz­me­tho­de DEA (Data Enve­lo­p­ment Ana­ly­sis) meh­re­re Dimen­sio­nen (Quan­ti­tät und Qua­li­tät) und meh­re­re Inputs, um einen Grad der Effi­zi­enz zu ermit­teln (Abbil­dung 1).

Auf die­se Wei­se lässt sich fest­stel­len, ob die Men­ge der ver­brauch­ten Inputs ange­sichts der beob­ach­te­ten Out­puts ange­mes­sen oder ver­gleichs­wei­se hoch ist. Im Ide­al­fall soll­te eine Effi­zi­enz von 100 % erreicht wer­den. In der Rea­li­tät wird der Refe­renz­wert vom pro­duk­tivs­ten Kan­ton vor­ge­ge­ben. Die ande­ren Kan­to­ne errei­chen einen nied­ri­ge­ren Pro­zent­satz, da ihre Effi­zi­enz ver­bes­se­rungs­fä­hig ist. Da die Ver­tei­lung der Auf­ga­ben zwi­schen den Kan­to­nen und ihren Gemein­den nicht ein­heit­lich ist, wer­den die kom­mu­na­len Leis­tun­gen und Aus­ga­ben bei Bedarf einbezogen.

Abbildung 1 | Das Effizienz-Monitoring deckt drei Bereiche ab und umfasst mehrere Leistungsdimensionen

 Dimen­sio­nen de Leis­tung (Out­puts)
Ver­schie­de­ne kan­to­na­le Aus­ga­ben für Bil­dung:
• beruf­li­che Erst­aus­bil­dung
• all­ge­mein­bil­den­de Schu­len (Gym­na­si­en
und Berufs­ma­tu­ri­tät, Sekun­dar­schu­len usw.)
• Eid­ge­nös­si­scher Berufs­bil­dungs­nach­weis u. a.
• Eid­ge­nös­si­sches Fähig­keits­zeug­nis (EFZ)
• Diplo­me von all­ge­mein­bil­den­den Schu­len
und Han­dels­schu­len
• Eid­ge­nös­si­sche Matu­ri­tät und
inter­na­tio­na­le Abiturprüfungen
Ver­schie­de­ne kan­to­na­le Aus­ga­ben für Sozi­al­hil­fe:
• wirt­schaft­li­che Sozi­al­hil­fe
• Ergän­zungs­leis­tun­gen zur AHV und IV
• Emp­fän­ger: innen von wirt­schaft­li­cher Sozi­al­hil­fe
• Bezieher:innen von Ergän­zungs­leis­tun­gen zur AHV/IV
• Bevöl­ke­rung
Ver­schie­de­ne kan­to­na­le Aus­ga­ben für Stras­sen:
• Bau von Stras­sen (ohne Auto­bah­nen)
• Instand­hal­tung von Stras­sen
(ein­schliess­lich Schnee­räu­mung usw.)
• Län­ge der kom­mu­na­len und kan­to­na­len Stras­sen
• Anzahl der zuge­las­se­nen Fahr­zeu­ge
• Unfäl­le auf­grund unzu­rei­chend geräum­ter Stras­sen
• Unfäl­le auf­grund schlech­ter Strassenverhältnisse
Ergebnisse, die Potenzial für Effizienzsteigerungen aufzeigen

Die drei unter­such­ten Berei­che machen 55 % der kan­to­na­len und kom­mu­na­len Aus­ga­ben aus, was 46,6 Mil­li­ar­den Fran­ken ent­spricht (Zah­len 2018). Der durch­schnitt­li­che Effi­zi­enz­grad liegt 2018 bei 80 % für die Bil­dung, 74 % für die Sozi­al­hil­fe und 67 % für die Strassen.

Bei der Bil­dung kon­zen­triert sich Abbil­dung 2 auf die jüngs­te Ent­wick­lung, d. h. zwi­schen 2017 (rote Krei­se) und 2018 (graue Bal­ken). Der Effi­zi­enz­grad ver­än­dert sich deut­lich; vor allem in den Kan­to­nen 18, 22, 17, 8 oder 1 (von links nach rechts). Manch­mal ver­än­dert sich die Effi­zi­enz kaum (20, 14, 25, 5, 4). Wie in den ande­ren ana­ly­sier­ten Berei­chen ist die Hete­ro­ge­ni­tät zwi­schen den Kan­to­nen in allen Jah­ren gross.

Seit 2009 liegt der inter­kan­to­na­le Durch­schnitt im Bereich Bil­dung (die Ent­wick­lung ist in Abbil­dung 2 nicht dar­ge­stellt) bei rund 80 %. Kei­nem Kan­ton gelingt es, die Effi­zi­enz­gren­ze von 90 % klar und defi­ni­tiv zu über­schrei­ten. Der höchs­te Wert, den ein Kan­ton erreicht, liegt bei 93 %. Ande­rer­seits haben sich Kan­to­ne, die in der Ver­gan­gen­heit eine rela­tiv gerin­ge Effi­zi­enz auf­wie­sen – das his­to­ri­sche Mini­mum lag bei 62 % – deut­lich ver­bes­sert. Den­noch ist nichts lang­fris­tig gewon­nen: Die Kan­to­ne – Bal­ken – auf der rech­ten Sei­te von Abbil­dung 2 wei­sen 2018 einen nied­ri­ge­ren Effi­zi­enz­grad auf als 2017.

Die Kan­to­ne wer­den nicht nament­lich genannt, da es dar­um geht, sie zu infor­mie­ren und nicht zu stig­ma­ti­sie­ren. Aber jeder Kan­ton kennt die ihm zuge­ord­ne­te Zahl. Es sind wei­te­re Ana­ly­sen erfor­der­lich, um fest­zu­stel­len, ob exter­ne, nicht steu­er­ba­re Fak­to­ren für eine gerin­ge Effi­zi­enz ver­ant­wort­lich sind oder ob Pro­zes­se opti­miert wer­den könnten.

Natür­lich hängt das Moni­to­ring immer noch von den Daten ab. Unse­re Initia­ti­ve ermög­licht es daher, Lücken in den vor­han­de­nen Sta­tis­ti­ken zu iden­ti­fi­zie­ren. Ein will­kom­me­ner Anstoss zur Ver­voll­stän­di­gung der Daten, die für eine ange­mes­se­ne Steue­rung der betref­fen­den öffent­li­chen Poli­ti­ken erfor­der­lich sind.

Die detail­lier­ten Ergeb­nis­se des Moni­to­rings 2021 sind auf Ser­val – Effi­zi­enz-Moni­to­ring der Schwei­zer Kan­to­ne ver­füg­bar (unil.ch)

Abbildung 2 | Der Effizienzgrad der Kantone im Bildungsbereich schwankt 2018 zwischen 92 % und 65 %, mit einem Durchschnitt von rund 80 %.


Bemer­kung: Die­ser Arti­kel wur­de im Rah­men des IDHEAP Poli­cy Brief No. 2 veröffentlicht.

Refe­renz:

  • Bun­di, P., Soguel, N., Chris­ten, R., Roth, P. (2021). Moni­to­ring de l’efficience des can­tons suis­ses. Uni­ver­si­té de Lau­sanne et PwC Suisse. 

Bild: unsplash.com

 

 

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