Erfolgsstrategien des rechtsradikalen Populismus und der Weg in die Zukunft

Die politische Landschaft der Niederlande hat sich 2023 drastisch verändert. Nach elf Jahren hinterliess der am längsten amtierende Ministerpräsident, Mark Rutte, ein Machtvakuum, das die niederländische Politik neu gestalten sollte. Geert Wilders, der lange Zeit als politischer Aussenseiter galt, ging als Sieger aus den Wahlen von 2023 hervor. Aber wie gelang es dieser umstrittenen politischen Persönlichkeit, die Wahlen zu gewinnen und zu einem so beliebten Politiker im Land zu werden?

Der Aufstieg von Nationalismus und Nativismus

Zunächst einmal ist offensichtlich, dass Nationalismus und Nativismus eine entscheidende Rolle im Diskurs dieser Parteien spielen, zusammen mit einer Obsession für eine sichere und geschützte Vergangenheit. Die Idee einer Rückkehr zur Vergangenheit bietet in der Tat einen schnellen und einfachen Ausweg aus den Herausforderungen der Gegenwart. Diese Fixierung auf die Vergangenheit manifestiert sich in Narrativen, die für einen zunehmend zentralisierten Staat eintreten, wie beispielsweise in Vox’ Forderung nach einer starken Exekutive und in den Versuchen des Vorsitzenden von Fratelli d’Italia, ein Präsidialsystem einzuführen. Diese Parteien zeichnen das Bild eines Staates, in dem das „wahre” Volk, seine traditionellen Werte und Normen durch Aussenstehende, „Einwanderer:innen” und ganz allgemein durch Menschen bedroht sind, die das „Andere” repräsentieren.

Mainstream-Eliten und Einwanderer:innen als Sündenböcke

Die Nostalgie nach einer imaginären Vergangenheit vermischt sich mit der Unzufriedenheit mit der aktuellen gesellschaftlichen und politischen Lage. Tatsächlich sind „Einwanderer:innen“ – Menschen, die laut diesen Parteien nicht dazugehören und kein Recht haben, dazuzugehören – nicht die einzigen Sündenböcke in dieser Rhetorik. Die Mainstream-Eliten – in anderen Fällen die Gemässigten und die Linken – haben den Status des Nationalstaates ruiniert, eine Rhetorik, die sehr stark mit dem populistischen Merkmal der analysierten Parteien übereinstimmt.

Mainstream-Eliten und Einwanderer:innen sind zwei potenzielle gesellschaftliche Gruppen, denen diese Parteien mit Skepsis begegnen. Ihr Erfolg scheint auf einer zutiefst misstrauischen Gesellschaft zu beruhen, in der die Menschen einander misstrauen und Schwierigkeiten haben, unterstützende Gemeinschaften aufzubauen und zu entwickeln. Die meisten Führer dieser Parteien sind besessen von der Vorstellung, dass sie selbst (wie beispielsweise Geert Wilders) oder ihr Nationalstaat, seine Grundwerte und sein „wahres” Volk bedroht sind. Infolgedessen sind sie alle sehr darauf bedacht, die Sicherheit wiederherzustellen.

Populistische Führung

Die Führung dieser Parteien setzt stark auf den Personenkult, ein Hauptmerkmal des Populismus, bei dem die Partei zwar eine gewisse Rolle spielt, aber nur bis zu einem gewissen Grad, und die Führungsperson sich dadurch auszeichnet, dass sie sich ausschliesslich für den Willen des „wahren“ Volkes einsetzt. Die Wiederherstellung von Traditionen und Werten ist für die meisten dieser Parteien eng mit der Rückgewinnung dessen verbunden, was sie als verlorenes Gefühl der Sicherheit betrachten. Ihre Besessenheit von Sicherheit schlägt sich in einer starken Unterstützung für das Militär und die Polizei nieder, die sie als Säulen des modernen Staates betrachten.

In einer Welt, in der Veränderungen schnell und disruptiv vonstattengehen, beruhigt das Versprechen von Sicherheit und die Rückkehr zu einer nicht mehr existierenden Vergangenheit, in der die Bevölkerung dieser Länder prosperierte, die Menschen angesichts ihrer täglichen, überwältigenden Herausforderungen. Wir haben gezeigt, dass Emotionen im politischen Bereich eine wichtige Rolle spielen können und dass ihre Untersuchung uns helfen kann, bestimmte Trends besser zu verstehen.

Während uns viele Strategien dieser populistischen rechtsradikalen Parteien nun klar sind, sind die Strategien der Herausforderer:innen solcher politischer Diskurse und Ideologien jedoch weniger klar. Das mangelnde Engagement der politischen Eliten hat dazu geführt, dass Radikalismus zur Normalität geworden ist und Demokratien ohne eine einheitliche und kohärente alternative Vision zurückgelassen wurden.

Bekämpfung des rechtsradikalen Populismus

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass diese Reihe einige der populärsten rechtsradikalen populistischen Parteien Europas in verschiedenen Kontexten näher beleuchtet hat: a) Italien, ein Land, dessen jüngste Entwicklungen zu einem Vorbild für den rechtsradikalen Populismus ausserhalb Europas geworden sind; b) die Iberische Halbinsel, die einst Widerstand gegen den rechtsradikalen Populismus leistete, in letzter Zeit jedoch das Gegenteil bewiesen hat; c) die Niederlande, die lange Zeit als Vorbild für den europäischen Liberalismus galten, aber kürzlich eine der reaktionärsten Persönlichkeiten Europas gewählt haben; und schliesslich d) Deutschland, wo die zunehmende Popularität des rechtsradikalen Populismus angesichts seiner besonderen Geschichte im 20. Jahrhundert besonders besorgniserregend ist.

Diese populären Persönlichkeiten und ihre Parteien haben viel gemeinsam und lehren uns eine harte Lektion über den europäischen Kontinent und seine Geschichte: Rechte reaktionäre Kräfte haben in der historischen Entwicklung Europas eine zentrale Rolle gespielt. Darüber hinaus gibt es zwar unter Expert:innen eine Debatte über den faschistischen Charakter des aktuellen radikalen Rechtspopulismus, doch es gibt zunehmend Hinweise darauf, dass diese Ideologien von den reaktionären und faschistischen Traditionen Europas inspiriert sind.

Inmitten leidenschaftlicher akademischer Debatten über Konzepte ist es wichtig, sich daran zu erinnern, dass „ältere Ideen in neuen Konfigurationen wiederkehren können”. Und wenn dies für radikale reaktionäre politische Perspektiven gilt, dann könnte es ebenso gut für revolutionäre und progressive Ideen und Kräfte gelten, die sich für die Förderung von Menschenrechten, Gleichheit und sozialer Gerechtigkeit einsetzen. Wenn wir die jüngsten Proteste und Demonstrationen gegen diese Persönlichkeiten betrachten, werden wir feststellen, dass es nach wie vor eine Opposition gibt, die sich bemerkbar macht.


Referenz: Nexon, D. (2023, January 21). Is Reactionary Populism a Form of Fascism? Does it Matter? The Duck of Minerva.

Anmerkung: Dieser Beitrag basiert auf einem Blogbeitrag, der Teil einer Reihe über den Aufstieg der populistischen radikalen Rechten ist. Der Beitrag wurde von Raed Hartmann, DeFacto, übersetzt und editiert.

Abbildung: Unsplash.com

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KategorienEuropäische PolitikThemen
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