Kantonale Parlamentswahlen. Halbzeitbilanz 2025.

Seit den Nationalratswahlen 2023 wurden in elf Kantonen der deutsch- und französischsprachigen Schweiz die Parlamente neu gewählt. Folgender Beitrag zeigt, wie die Bilanz der Mandatsgewinne und -verluste der einzelnen Parteien ausfällt und welche Trends für Veränderungen in der Parteienlandschaft festzustellen sind.

Aktuelle und längerfristige Trends

Als klare Siegerinnen gingen aus den elf kantonalen Parlamentswahlen die SVP (+36 Mandate) und die SP (+18) hervor. Die Mitte konnte sich um drei Mandate leicht steigern. Auf der Verliererseite standen dagegen die Grünliberalen (-10), die FDP, inkl. LDP-Basel (-15) und die Grünen (-22).

Mit diesen Gewinnen baute die SVP ihre Leaderposition in den Kantonen aus: Sie besetzt im Total 590 der 2’544 Sitze der Kantonsparlamente. Am zweitstärksten ist die FDP (inkl. LDP-BS) vertreten (506 Mandate). Es folgen die SP (456), die Mitte (427), die Grünen (236) und die Grünliberalen (147).

SVP und SP legen zu

Die SVP gewann ihre 36 Mandate quasi flächendeckend: In zehn Kantonen legten sie zu, wobei die Steigerung in acht Kantonen zwischen vier und sieben Mandaten lag (UR, SO, VS, NE, JU: je +4; SZ, AG: je +5; SG: +7). Einzig im Thurgau musste sie Federn lassen (-3), allerdings hatte sie dort sogenanntes Proporzpech.

Die SP ist mit 18 zusätzlichen Mandaten die zweite Wahlsiegerin. Sie steigerte ihre Mandatszahl in sieben Kantonen: in Neuenburg um sechs, in Schaffhausen, Thurgau und im Wallis um vier, im Jura um drei und in Solothurn und in Basel-Stadt um je ein Mandat. Verluste fuhr sie in Uri und Schwyz ein (je -2) sowie in St. Gallen (-1).

Die Mitte-Partei mit per Saldo drei Mandatsgewinnen vermochte sich in drei Kantonen zu steigern (TG +3, JU +2, VS +1). Je ein Mandat eingebüsst hat sie in Uri, Schwyz und Neuenburg.

FDP und beide Ökoparteien verlieren

Dass die FDP Mandate verliert, ist schon seit Längerem ein deutlicher Trend. Relativ neu ist dagegen, dass auch die Grünliberalen und die Grünen Mandate verlieren. Letzteres ist als Reaktion auf die «grüne Welle» um 2019 einzuschätzen, als die Ökoparteien massiv an Mandaten zugelegt hatten.

Die 15 Mandatsverluste der FDP (inkl. LDP-BS) seit den Nationalratswahlen 2023 resultierten aus Mandatsverlusten in acht Kantonen; die grössten Verluste fuhr die FDP im Kanton Uri (-4) und in St. Gallen (-3) ein. Nur gerade im Aargau und in Schaffhausen legte sie je ein Mandat zu.

Die Grünliberalen büssten insgesamt zehn Mandate ein. In fünf Kantonen betrugen die Verluste zwei bzw. drei Mandate (SO, AG, JU und TG, NE). Nach den Verlusten ihrer zwei Sitze im jurassischen Parlament verliert die GLP dort ihre Vertretung. In Uri (+3) und St. Gallen (+1) vermochten die Grünliberalen hingegen zuzulegen.

Grösser als bei den Grünliberalen waren die Verluste bei den Grünen (-22). Sie stehen als die grossen Verlierer da. In fünf Kantonen verloren sie zwischen drei und fünf Mandate (SG und JU: je -3, AG und NE: je -4 und VS: -5). Nur gerade im Kanton Schwyz gewannen sie ein Mandat hinzu.

Längerfristige Entwicklungen

Werden diese aktuellen Trends in die Reihe der Wahlen der vergangenen Jahrzehnte eingebettet, verändern sich die Charakterisierungen der aktuellen Entwicklungen teilweise.

Die SVP hatte schon 2016 ihren aktuellen Höchststand von 590 Kantonssitzen erreicht. Sie profitierte dabei von der Rechtsstimmung, die vor dem Hintergrund heftig geführter Migrations-, Asyl- und Flüchtlingsdiskussionen entstanden war. Im Zuge der «grünen Welle» aber wurde die SVP zur grossen Verliererin: 2020/21 hatte sie rund sechzig Mandate weniger als 2016. Diese Verluste hat die SVP nun wieder wettgemacht. Im Vergleich zu 1991 aber hat sich die aktuelle Zahl der SVP-Mandate fast verdoppelt; damals hatte sie 297 Mandate inne (von 3001).

Entwicklung Parteistärken: Schweiz
Nationalratswahlen 1991-2023
Daten: BFS (2023). 
Umpflügung des bürgerlich-rechten Parteienlagers

Verschiedene Untersuchungen zeigten auf, dass der phänomenale Aufstieg der SVP ab dem 1990er Jahren eng mit den Verlusten der FDP und der Mitte (früher: CVP) zusammenhängt. Die FDP (inkl. Liberale) hatte im 1991 851 Mandate in den Kantonsparlamenten inne, 2011 waren es noch 551. In dieser Grössenordnung bewegte sich die Mandatszahl der FDP bis 2020, seither nähert sie sich der 500er-Grenze an. Die im Jahr 2025 erreichten 506 Sitze stellen für die FDP einen historischen Tiefpunkt dar.

Die Mitte-Partei (CVP) hatte 1991 760 Sitze in den Kantonsparlamenten inne. 1999 sank die Zahl der Mandate unter 700 und 2007 unter 600. Seit 2022 bewegt sie sich zwischen 424 und 427.

Die GLP konnte ihre Vertretung in den kantonalen Parlamenten seit ihrer Gründung 2007 kontinuierlich steigern. Ein grosser Schub erfolgte mit der «grünen Welle» von 2019: Die Sitzzahl der GLP stieg von 98 (2019) auf 157 (2023). Seither schlug das Pendel etwas zurück auf aktuell 147 Mandate.

SP und Grüne als kommunizierende Röhren

Ausgeprägter als bei den Grünliberalen fielen die Schwankungen der Zahl der Mandate bei den Grünen aus: 1991 hatten die Grünen in den Kantonsparlamenten mehr als hundert Mandate inne (118). Nach einer Stagnation in den 1990er Jahren näherte sich die Zahl der Mandate ab 2003 der 200er-Grenze an (2007: 190; 2011: 202 Mandate). Darauf setzten im Zuge des Rechtsrutsches erneut Verluste ein: 2015 betrug die Zahl der grünen Mandate noch 175. Mit der «grünen Welle» aber schnellte die Zahl der grünen Sitze auf 267, was für die Grünen einen bisherigen Höchststand bildet (2022). Nachher setzten erneut Mandatsverluste ein, auf aktuell 236. Diese Mandatszahl der Grünen ist aber immer noch grösser als bei sämtlichen kantonalen Parlamentswahlen vor 2020.

Die Schwankungen der Mandatszahl der Grünen spiegelt sich einigermassen reziprok in den Schwankungen der Mandatszahl der SP, wobei die SP über eine deutlich grössere Parteistärke (und entsprechende Mandatszahlen) verfügt. Seit 2011 bewegt sich die Zahl der Sitze der SP zwischen 438 (2022, 2023) und 477 (2019). Wissenschaftliche Nachbefragungen zeigen immer wieder auf, dass es viele Wechselwählende zwischen der SP und den Grünen gibt. Dieser Schluss liegt auch bei den aktuellen Wahlen nahe: Die Grünen büssten 22 Mandate ein, die SP gewann 18.

Hinweis: Dieser Beitrag wurde erstmals am 21. Oktober 2025 auf Journal21 publiziert.

Quelle:

Bundesamt für Statistik 

Bild: Pixabay.com

 

 

 

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KategorienSchweizer PolitikThemen
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