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Der Doppelproporz als Frischzellenkur fürs Parlament

Salim Brüggemann
10th Oktober 2019

Wie würde sich die Einführung des Doppelproporzes bei den Nationalratswahlen inhaltlich auswirken? Eine Untersuchung anhand der smartvote-Daten von 2015 offenbart eine erhebliche Alterskluft und zeigt auf, welche Auswirkungen der Doppelproporz auf die Polarisierung der grossen Kammer hätte.

Die Präferenzen jüngerer Menschen finden schlechter Eingang in die Politik als diejenigen der älterern Bürgerinnen und Bürger. Daran sind die Jungen aber nicht nur einfach selbst schuld, weil sie sich generell weniger politisch beteiligen1 - denn das ist nochmals eine andere Geschichte.

Vielmehr ist es so, dass das heutige Verfahren zur Wahl des Nationalrates die Positionen älterer Politikerinnen und Politiker im Verhältnis zu ihrem tatsächlichen Wähleranteil stärker gewichtet als diejenigen ihrer jüngeren Konkurrenz – welche mitunter deutlich anders entscheiden würde. Dasselbe gilt auch für die Politikerinnen und Politiker grosser Parteien gegenüber denjenigen kleiner Parteien. Doch von Anfang an.

Die Krux des Wahlsystems

In demokratischen Wahlen gilt allgemein das one (wo)man one vote-Prinzip, also der Grundsatz, dass die Stimme jeder Bürgerin und jedes Bürgers gleich viel zählt2. Wie nahe ein Wahlsystem diesem – von Mathematikern als Erfolgswertgleichheit aller Wählerinnen und Wähler bezeichneten – Ideal kommt, lässt sich berechnen. Der Status Quo in der Schweiz lässt diesbezüglich deutlich zu wünschen übrig3.

Das Grundproblem besteht darin, dass die Wahlresultate heute für jeden Wahlkreis isoliert ermittelt werden. Denn wie etwa Claudio Kuster zurecht bemerkt, gibt es gegenwärtig die Schweizer Nationalratswahlen eigentlich gar nicht. Stattdessen finden streng genommen 26 verschiedene Nationalratswahlen statt – in jedem Wahlkreis bzw. Kanton eine. Die Organisierung des Wahlrechts ist ein alter Zopf und auch im Falle der grossen Parlamentskammer weitgehend kantonalem Recht unterstellt.

Die Aufteilung in 26 Wahlkreise sorgt dafür, dass unnötig hohe Wahlhürden für kleinere Parteien entstehen und somit ein gewisser Teil der Stimmen schlicht verloren geht oder bestenfalls nur indirekt über Listenverbindungen – auf ziemlich obskure, zumal für die Wählerschaft schlecht nachvollziehbare Weise4 – Eingang ins Wahlresultat findet.

In einem kleinen Kanton wie Appenzell Ausserrhoden kann es so durchaus passieren, dass sage und schreibe 64 % der Stimmen unberücksichtigt bleiben. Da der Kanton nur über einen Nationalratssitz verfügt, reichte 2015 die relative Mehrheit von rund einem Drittel der Stimmen für den Wahlgewinner David Zuberbühler aus, um ins Parlament einzuziehen. Alle anderen Stimmen fanden aufgrund der Wahlkreisschranken des aktuellen Systems keine demokratische Repräsentation.

Alles unter einen Hut bringen

Eine naheliegende, wenn auch kaum mehrheitsfähige Lösung des Problems wäre, die Wahlkreise einfach aufzuheben – oder zumindest massiv zu vergrössern, wie etwa von Peter Moser vorgeschlagen. Deutlich weniger radikal gestaltet sich demgegenüber die Einführung des Doppelproporzes – gemeinhin als Doppelter Pukelsheim bezeichnet, welcher auf kantonaler Ebene – etwa in Zürich – bereits über zehn Jahre gute Dienste leistet und richtig angewendet zu genauso hoher Erfolgswertgleichheit wie die Aufhebung der Wahlkreise führt5.

Das Doppel im Wort deutet bereits daraufhin, was der entscheidende Gewinn dieses Verfahrens ist: Statt sich mit dem Dilemma aufhalten zu müssen, sich für die Erfüllung eines der beiden Proportionalitätskriterien zu entscheiden (gleiche Vertretung aller Landesteile in Form der Wahlkreise vs. gleiche Vertretung aller WählerInnen), werden beide zugleich optimiert.

Mathematisch ist dies nicht immer hundertprozentig möglich, weshalb dann die Erfolgswertgleichheit der Wählerinnen und Wähler höher gewichtet wird6. Dennoch vermag das Verfahren die gleichmässige Vertretung der Landesteile in weiten Teilen sicherzustellen, sodass die Eidgenossenschaft nicht in ihren Grundwerten erschüttert würde7. Wie die Sitzverteilung nach den Nationalratswahlen 2015 unter dem Doppelproporz ausgefallen wäre, zeigt die folgende Grafik:

Was ins Auge sticht: Sechs Jungparteien würden ihren jeweiligen Mutterparteien insgesamt neun Sitze abluchsen. Dies hätte gehörige Auswirkungen auf die Alterszusammensetzung der grossen Parlamentskammer, deren Durchschnittsalter dank des Wahlerfolgs der Jungparteien um ein volles Jahr sänke:

Erklärung:
Die Punkte repräsentieren die einzelnen Parlamentarierinnen und Parlamentarier. Der Kasten rechts davon – auch "Boxplot" genannt – vereint verschiedene statistische Masse zur Altersverteilung in sich. In obiger Grafik sind dies von zuoberst bis zuunters: Maximum (Älteste), oberes Quartil (3/4 sind jünger oder gleich alt), Median, arithmetisches Mittel, unteres Quartil (3/4 sind älter oder gleich alt) und Minimum (Jüngste).

Der hypothethische Doppelproporz

Grundsätzlich sind im Doppelproporz keine Listenverbindungen vorgesehen, da alle Stimmen einer Partei zuerst auf der Ebene des gesamten Wahlkörpers zusammengerechnet und erst danach wieder auf die einzelnen Wahlkreise heruntergebrochen werden. Es erscheint deshalb äusserst wahrscheinlich, dass Parteien, die im heutigen System kaum einen eigenen Sitz zu erreichen vermögen und im Bewusstsein dessen Listenverbindungen eingehen, im Doppelproporz auch entsprechend rational agieren würden. Das heisst, sie würden wahrscheinlich direkt auf den Listen ihrer befreundeten grösseren Partei antreten oder sich anderweitig zusammenschliessen. Demgegenüber stehen irrational handelnde, bzw. prinzipienfeste Parteien, die bereits heute keine Listenverbindungen eingehen (in den meisten Kantonen beispielsweise die Schweizer Demokraten oder die Intergrale Politik).

Deshalb wurden für die vorliegende Analyse die Listenverbindungen einer Partei berücksichtigt, sobald es ihr nicht für einen eigenen Sitz reichte (so wurde zum Beispiel in Bern die Liste „Alpenparlament“ der SVP zugerechnet, da sie nur mit ihr eine Listenverbindung eingegangen ist). Aufgrund von Mehrdeutigkeiten, d. h. Listenverbindungen mit mehreren Parteien, welche jeweils eigene Sitze erlangten, war dies allerdings in einigen wenigen Fällen nicht möglich. Diese Stimmen mussten somit im hypothetischen Doppelproporz unberücksichtigt bleiben.

Insgesamt würden im Doppelproporz 24 Nationalratssitze anders besetzt. Zu erwähnen bleibt, dass die Resultate trotz aller angewandten Sorgfalt mit einer gewissen Vorsicht zu geniessen sind. Denn je nach dem, wie stark die Parteien ihre Aufstellung änderten, würde der doppelte Pukelsheim in der Realität womöglich deutlich anders ausfallen. Was auf jeden Fall aber bliebe, wäre eine fairere Vertretung kleiner Parteien.

In welchen Bereichen der Doppelproporz einen Unterschied machen würde

Nun ist anzunehmen, dass sich die veränderte Zusammensetzung des Nationalrates – insbesondere die Verjüngung – auch substanziell auswirken dürfte. So liegt etwa die Vermutung nahe, dass sich die Präferenzen bei gesellschafts- und netzpolitischen Themen sichtbar unterscheiden.

Um dieser Frage nachzugehen, wurden anhand der Antworten der Nationalratskandidierenden zu den 75 smartvote-Fragen 2015 verschiedene Mehrheitsverhältnisse berechnet: Die prozentuale Zustimmung des tatsächlichen Nationalrates, die des biproportionalen Nationalrates (Doppelproporz) sowie jene aller Kandidierenden, gewichtet nach der jeweiligen Stimmenzahl8. Letztere, um die Ergebnisse unter der perfekten Erfolgswertgleichheit aller Wählerinnen und Wähler zu illustrieren. Was dabei rauskommt, präsentiert die folgende Grafik (idealerweise im Vollbild zu betrachten):

Erklärung der Hintergrundfarben:
Grün: Alle drei Gruppen antworteten mehrheitlich mit Ja oder eher Ja (bzw. deutlich mehr ausgeben/mehr ausgeben).
Rot: Alle drei Gruppen antworteten mehrheitlich mit Nein oder eher Nein (bzw. deutlich weniger ausgeben/weniger ausgeben).
Orange: Die Mehrheit in einer der drei Gruppen weicht von den anderen beiden Mehrheiten ab.
Grau: Alle drei Gruppen wollten mehrheitlich gleich viel ausgeben (betrifft nur Budgetfragen).
Interaktivität:
Per Klick auf die Legendeneinträge lassen sich die Mehrheitsverhältnisse unter den biproportional Gewählten sowie allen KandidatInnen gewichtet nach Stimmenzahl ein- und ausblenden. Mit den 3 Knöpfen links unten lässt sich durch die Fragen blättern.

Es fällt auf, dass der direkte Wählerwillen (weisse Punkte) häufig deutlich linkere Positionen einnimmt – sowohl als der tatsächliche Nationalrat (schwarze Punkte) als auch (in geringerem Masse) der Nationalrat unter hypothetischem Doppelproporz (purpurfarbene Punkte).

Jung tickt oft anders

Grundsätzlich beschränken sich die grössten Abweichungen nicht nur auf gesellschafts-/netzpolitische Themen, sondern umfassen auch Fragen zu anderen Politikbereichen (Bauzonenbegrenzung, Unternehmensverantwortung, Unternehmenssteuerreform). Dennoch haben sieben der zehn Fragen mit den grössten Abweichungen zumindest einen gesellschaftspolitischen Bezug.

Um auf die zuvor geäusserte Vermutung zurückzukommen, dass für die Unterschiede nicht zuletzt die potenzielle Verjüngung des Nationalrates entscheidend ist, wurde anhand von Regressionsanalysen untersucht, auf welche Fragen das Alter den grössten Einfluss ausübt. Die Regressionslinie in der Grafik unten zeigt dabei den Zusammenhang zwischen der Zustimmungsrate zu einer smartvote-Frage und dem nach der Stimmenzahl gewichteten Alter der Kandidierenden.

Erklärung:
Die Punkte repräsentieren die einzelnen Nationalratskandidierenden 2015, wobei sich die Farbe nach der Parteizugehörigkeit und die Grösse nach der Anzahl fiktiver Wählerinnen und Wähler richtet. Ein Zustimmungswert von 0 % entspricht dabei der Antwortoption Nein, 25 % eher Nein, 75 % eher Ja und 100 % Ja. Die Regressionsgerade (inkl. 95 %-Konfidenzintervall) zeigt den Zusammenhang zwischen dem Alter der KandidatInnen und der Zustimmung zu einer smartvote-Frage, gewichtet nach der jeweiligen Stimmenzahl, um den Einfluss des KandidatInnenalters auf das Gesamtstimmengewichts-Mehrheitsverhältnis zu illustrieren (die weissen Punkte im Dotplot weiter oben). Ausgewählt werden können diejenigen 10 smartvote-Fragen, bei denen der Alterseffekt am stärksten ausfällt.

Wenngleich obige Grafiken einen umfassenden Einfluss des Alters nahelegen9, gibt es verschiedene Fragen, bei denen zwar eine starke Abweichung zwischen realem und biproportionalem/Gesamtstimmengewichts-Nationalrat bestehen, das Kandidierendenalter jedoch keinen oder einen vergleichsweise geringen Effekt zeigt. Dazu gehören insbesondere die Fragen zu den Themenbereichen Bauzonenbegrenzung, Unternehmensverantwortung, Unternehmenssteuerreform (USR III), Atomausstieg bis 2029, Verschärfung Waffenrecht, Transparenz Parteienfinanzierung, Werbeverbot für Alkohol und Tabak.

Wie vermutet, sind dies allerdings keine klassisch gesellschaftspolitischen Fragen. Deshalb lautet das vorläufige Fazit: In Fragen, bei denen es eher um Verteilungskonflikte geht, scheint das Alter der Kandidierenden nicht bestimmend. Bei Fragen hingegen, in denen gesellschaftliche Normen und Sitten oder Bürgerrechte im Zentrum stehen (Telekommunikationsüberwachung, direkte aktive Sterbehilfe, Cannabislegalisierung, Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare, automatische Organspende), scheint das Alter doch wesentlich. Jüngere zeigen dabei eine deutlich progressivere Haltung.

Geht man davon aus, dass die Positionen junger Politikerinnen und Politiker auch eher die Interessen und Meinungen der jüngeren Generation widerspiegeln – bspw. in Bezug auf staatliche Überwachung – ergibt sich die eingangs erwähnte Unterrepräsentation jüngerer Bürgerinnen und Bürger. Dass diese Annahme nicht aus der Luft gegriffen ist, zeigt bspw. die VOTO-Analyse zum Nachrichtendienstgesetz-Referendum10 bei dem das Alter eine gewichtige Rolle spielte für den Stimmentscheid. Ähnlich wie die jungen Kandidierenden in obiger Grafik waren die jungen Stimmbürgerinnen und Stimmbürger deutlich skeptischer gegenüber staatlichen Schnüffelkompetenzen eingestellt.

Kleine Kantone, grosse Unterschiede

Eine weitere interessante Frage ist, wie die Unterschiede nach Kantonen unterteilt ausfallen. Für den Doppelproporz lässt sich dies nicht direkt zeigen, da ja gewissermassen Kern des Verfahrens die Aufhebung der Wahlkreisbeschränkung ist. Stattdessen kann aber der unverzerrte Wählerwillen (Gesamtstimmengewicht) den realen Mehrheitsverhältnissen je Kanton gegenübergestellt werden. So erhält man einen Eindruck, wie stark sich die Verzerrungen je nach Landesteil unterscheiden und für welche Kantone der Doppelproporz den grössten Demokratiegewinn brächte. Die folgende Schweizerkarte illustriert die Resultate dieses Vergleichs.

Die Unterschiede bei den Budgetfragen gestalten sich ähnlich, allerdings auf etwas niedrigerem Niveau. Die entsprechende Karte findet sich bei Interesse hier.

Keine Schwächung der Mitte

Schliesslich besagt ein verbreitetes Vorurteil gegenüber dem Doppelproporz, dass durch den damit möglichen Einzug von Klein- und Splitterparteien ins Parlament die Polarisierung zunähme und schlimmstenfalls der ordentliche Ratsbetrieb behindert würde. So befürchtet etwa auch Adrian Vatter eine Schwächung der Mitteparteien.

Die smartvote-Daten sind geradezu prädestiniert dafür, etwas Licht ins Dunkel dieser Frage zu bringen, zumal anderweitig kaum ähnlich detaillierte und umfangreiche inhaltliche Positionierungen nicht-gewählter Kandidatinnen und Kandidaten existieren. Anhand der folgenden Grafik lässt sich abschätzen, inwieweit sich ein Wahlsystem wie der Doppelproporz tatsächlich auf die Gesamtpolarisierung des Nationalrates auswirkte11.

Erläuterung:
Der Grafik liegt die Berechnung der Dichte der Werte auf einer latenten Dimension mittels der sogenannten Kernel Density Estimation zugrunde. Man kann sich diese Darstellungsform gewissermassen als geglättetes Histogramm vorstellen. Die ausgefüllten Flächen vermitteln, wie sich die Kandidierenden mengenmässig über diese Dimension verteilen. Die Unterschiede zwischen den drei verschiedenen Kategorien sind anhand der Mengendifferenzen leicht erkennbar. Weiter sind die real gewählten Kandidatinnen und Kandidaten unterhalb der Flächen anhand ihrer individuellen Positionen eingezeichnet und entsprechend der Parteifarben eingefärbt (Punkte). Sie dienen so als Hinweis, um die inhaltliche Bedeutung dieser gemeinhin als Links-rechts-Spektrum bezeichneten Dimension einschätzen zu können.

Tatsächlich scheint das Gegenteil der Fall: Die Polarisierung wäre unter dem Doppelproporz sowie der perfekten Berücksichtigung aller Wählerstimmen geringer, was sich darin äussert, dass die Mitte real unterrepräsentiert, die Linke und Rechtsaussen hingegen überrepräsentiert sind.

Allerdings gilt für dieses Resultat der Vorbehalt, dass sich die Themen innerhalb des normalen Ratsbetriebes natürlich mehr oder weniger stark von den smartvote-Fragen unterscheiden. Zumal der smartvote-Fragebogen aber bewusst darauf ausgerichtet ist, politische Unterschiede auch innerhalb der Parteien sichtbar zu machen, dürfte obigem Vergleich doch einige Aussagekraft zukommen.


  1. Lutz, G. (2008). Eidgenössische Wahlen 2007: Wahlteilnahme und Wahlentscheid (Lausanne: Selects – FORS).;
    Lutz, G. (2012). Eidgenössische Wahlen 2011: Wahlteilnahme und Wahlentscheid (Lausanne: Selects – FORS).;
    Lutz, G. (2016). Eidgenössische Wahlen 2015: Wahlteilnahme und Wahlentscheid (Lausanne: Selects – FORS).

  2. Balinski, M.L., and Young, H.P. (2010). Fair Representation: Meeting the Ideal of One Man, One Vote (Brookings Institution Press).

  3. Pukelsheim, F., und Schuhmacher, C. (2004). Das “neue Zürcher Zuteilungsverfahren” für Parlamentswahlen. Aktuelle Juristische Praxis (AJP)/Pratique Juridique Actuelle (PJA) 5, 505–522.

  4. Ebd.

  5. Ebd.

  6. Diesen Umstand bezeichnet man als gegenläufige Sitzverschiebungen, welche sich im Doppelproporz insgesamt nicht vermeiden lassen. Durchaus möglich ist aber eine Entschärfung dieses Phänomens durch Einbau einer sog. Majorzbedingung. Diese stellt sicher, dass die stärkste Partei in einem Kanton auch immer mindestens einen Sitz erhält, indem in einem solchen Fall die Proportionalität der Wahlkreise höher gewichtet wird als diejenige der Parteistärken. In vorliegender Analyse trat diese Form der Sitzverschiebung jedoch nicht auf, soll heissen der oder die KandidatIn mit den jeweils meisten Stimmen in einem Kanton erhielt auch immer einen Sitz.

  7. Ohnehin erfüllt bereits der Ständerat die Funktion der Vertretung der einzelnen Landesteile bzw. Kantone und dessen Majorzwahlverfahren würde von einer Einführung des Doppelproporzes bei den Nationalratswahlen selbstverständlich nicht tangiert.

  8. Dazu wurde jeweils die Zahl fiktiver Wählerinnen und Wähler (Stimmenzahl ÷ kantonale Sitzzahl) berechnet, da pro WählerIn je nach Sitzzahl des jeweiligen Kantones unterschiedlich viele Stimmen abgegeben werden können.

  9. Unter Kontrolle für die Parteizugehörigkeit sind die Ergebnisse in den meisten Fällen sehr ähnlich. Um den unverzerrten Einfluss des Alters auf die smartvote-Antworten zu illustrieren, wurde in den Grafiken hier auf eine Drittvariablenkontrolle verzichtet. Denn das nach fiktiver WählerInnenzahl gewichtete Durchschnittsalter der einzelnen Parteien unterscheidet sich mitunter deutlich, sodass ein Einbezug der Parteizugehörigkeit in die Regression den Effekt des KandidatInnenalters potenziell unterschätzt. So ist bspw. das Durchschnittsalter der SP-KandidatInnen um mehr als 3 Jahre tiefer als dasjenige der SVP. Insgesamt beträgt die Bandbreite innerhalb der dreizehn grössten Parteien über 12 Jahre.

  10. Bis 40-Jährige lehnten die Vorlage mehrheitlich ab, die 18–29 Jährigen gar mit über 60 % Nein-Stimmenanteil.
    Milic, T., und Kübler, D. (2016). VOTO-Studie zur eidgenössischen Volksabstimmung vom 25. September 2016 (Lausanne/Aarau/Luzern: FORS/ZDA/LINK).

  11. Die Positionen der einzelnen KandidatInnen wurden anhand eines Item-Response-Theory-Modells geschätzt – genauer gesagt anhand des sog. Graded Response Models, welches für ordinalskalierte Antwortkategorien wie jene des smartvote-Fragebogens entworfen wurde.


Titelbild: Boston Public Library (CC-BY), eigene Bearbeitung