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Nur unfreiwillige Teilzeitarbeit macht Väter unglücklich

Ursina Kuhn
16th Juli 2018

Ein kürzlich in den Medien erschienener Beitrag[1] stellte fest, dass Teilzeitarbeit Väter unglücklich macht. Wirft man aber einen genaueren Blick auf den Zusammenhang zwischen Lebenszufriedenheit und Teilzeitarbeit, zeigt sich, dass dies nicht der Wahrheit letzter Schluss ist. Die Daten des Schweizer Haushalt-Panels zeigen nämlich auch, dass teilzeitarbeitende Väter nur unglücklicher sind als vollzeitarbeitende, wenn sie die Teilzeitarbeit nicht freiwillig gewählt haben.

In der Schweiz sind Väter, die Vollzeit arbeiten, insgesamt tatsächlich zufriedener als diejenigen, die Teilzeit arbeiten. Sobald wir aber zwischen freiwilliger und unfreiwilliger Teilzeitarbeit unterscheiden, zeigt sich ein anderes Bild. Dies lässt sich mit einer deskriptiven Analyse der Daten des Schweizer Haushalt-Panels zeigen. Wir haben dazu die Daten der Jahre 2012-2016 für Väter mit Kindern unter 15 Jahren im selben Haushalt genauer untersucht. Dabei zeigt sich, dass freiwillige Teilzeitarbeit nicht mit einer tieferen Lebenszufriedenheit einhergeht[2].

Eine feine Unterscheidung der wöchentlichen Arbeitsstunden (Abbildung 1) zeigt, dass der Befund zur Zufriedenheit nicht ganz so klar ist. Väter, die nur in einem geringen Pensum arbeiten (bis 33 Stunden pro Woche), sind tatsächlich unzufriedener als Väter, die mehr Stunden arbeiten. Väter mit einem 80 oder 90 Prozent Pensum (34-48 Stunden pro Woche) sind aber nicht weniger zufrieden als Väter die 100 Prozent arbeiten. Wenn Väter, die unfreiwillig Teilzeit arbeiten von der Untersuchung ausgeschlossen werden, verschwinden die Unterschiede in der Lebenszufriedenheit zwischen unterschiedlichen Teilzeitpensen. Bemerkenswert ist auch, dass Väter, die Überstunden (zwischen 54 und 59 Arbeitsstunden pro Woche) machen, die höchste durchschnittliche Zufriedenheit aufweisen. Über die Gründe, warum eine hohe Arbeitsbelastung die Lebenszufriedenheit von Vätern erhöht, kann hier nichts ausgesagt werden.

Grafik 1: Lebenszufriedenheit von Vätern nach Anzahl wöchentlicher Arbeitsstunden und freiwilliger resp. unfreiwilliger Teilzeitarbeit (Lebenszufriedenheit auf einer Skala von 0-10)

Anmerkung zur Grafik: Das Konfidenzintervall (schwarze Striche mit Kreisen an den Enden) umreisst jenen Bereich, in welchem das Resultat mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% liegen würde, wenn die Befragung beliebig oft wiederholt würde. Das Konfidenzintervall ermöglicht dem Leser, der Leserin somit die Zuverlässigkeit der Resultate einzuschätzen. Datenquelle: Schweizer Haushalt-Panel 2012-2016.

Einschränkend ist anzumerken, dass die Anzahl der teilzeitarbeitenden Männer in der Schweiz relativ gering ist. Dies erschwert statistische Analysen auf der Basis von Befragungsdaten, weil die Fallzahlen relativ klein sind. Zudem sind die Unterschiede in der Lebenszufriedenheit sehr gering. So variieren die in Grafik 1 ausgewiesenen Unterschiede in der durchschnittlichen Lebenszufriedenheit der Väter zwischen 7.9 und 8.3 auf einer Skala von 0-10.

Aus dieser deskriptiven Analyse lässt sich also kein Nachteil von Teilzeitarbeit für Väter in der Schweiz ableiten, solange diese freiwillig Teilzeit arbeiten. Dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf Eltern vor vielfältige Herausforderungen stellt, ist aber unbestritten und dass in der Schweiz bis anhin nur wenige Väter Teilzeit arbeiten ist kein Zufall. So zeigt ein kürzlich in der Reihe Social Change in Switzerland erschienener Beitrag, dass viele Paare vor der Geburt des ersten Kindes durchaus die Absicht haben, die Familienarbeit zu gleichen Teilen zu tragen, dies in der Realität dann aber nicht umsetzen können. Verantwortlich dafür sind strukturelle Gründe wie ein mangelndes Krippenangebot und der fehlende Vaterschafturlaub, was

im Endeffekt dazu führt, dass vor allem Frauen ihr Arbeitspensum erheblich reduzieren, während Männer vollzeitlich erwerbstätig bleiben (siehe Kurzfassung des Beitrags auf Defacto).

Das Schweizer Haushalt-Panel
Das Schweizer Haushalt-Panel ist eine Längsschnittstudie, die zum Ziel hat, den sozialen Wandel und Veränderungen der Lebensbedingungen in der Schweiz zu beobachten. Rund 12‘000 Personen werden seit 1999 jährlich zu einer Vielzahl an Themen befragt: Familien- und Erwerbsarbeit, Einkommen und Lebensbedingungen, Freizeit, Gesundheit, persönliche Beziehungen, Einstellungen, Politik, etc.

Das Schweizer Haushalt-Panel wird vom Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung finanziert und von FORS, dem Schweizer Kompetenzzentrum Sozialwissenschaften, an der Universität Lausanne durchgeführt.


[1]Interview im Bund und Tagesanzeiger mit dem deutschen Soziologen Martin Schröder vom 4. Juli 2018.

[2] Vergleiche Beitrag im Infosperber vom 11. Juli 2018.

Bild: Unsplash.com