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Auf zur Bewerbung: noch bis zum 29. Februar für den Föderalismuspreis 2024 bewerben!

Alexander Arens
8th February 2024

Ob in der ganzen Schweiz präsent oder ein besonderes Engagement im Kleinen; ob politisch, gesellschaftlich, wissenschaftlich oder kulturell aktiv; ob Zusammenschluss oder Einzelperson: Mit dem Föderalismuspreis 2024 prämiert die ch Stiftung eine Person oder Organisation, die sich für Vielfalt und Zusammenhalt in der Schweiz einsetzt. Die Preisträgerin, der Preisträger wird in einem offenen Verfahren von einer Jury aus Politik und Zivilgesellschaft bestimmt und erhält 10 000 Franken. Bewerbungen und Nominationen können bis 29. Februar 2024 eingegeben werden.

Die Bundesverfassung von 1848 verbindet Demokratie und Rechtsstaatlichkeit mit einem föderalen Staatsaufbaui.1 Die Bundesstaatlichkeit ist auch gemäss der Totalrevision der Bundesverfassung (BV) von 1999ii «mehr als nur ein rechtliches Prinzip»: Sie ist eines ihrer «strukturbestimmenden Elemente», gar eines der «identitätsstiftenden Kernstücke[]» und damit «staatspolitische Maxime».iii Sowohl in der Präambel als auch in Art. 1 BV ist neben dem demokratischen auch das föderale Staatsprinzip verbrieft: Das Schweizervolk und die Kantone in ihrer Gesamtheit sind Verfassungsgeber und bilden zusammen die Eidgenossenschaft. Dies hat verschiedene Implikationen und begründet insbesondere jene Institutionen und Prozesse, die einerseits die Mitwirkung der Kantone im Bundiv (Art. 45 BV; siehe shared rulev) und andererseits die beschränkte, aber vielfältige Autonomie der Kantone (Art. 3 BV; self-rulevi) im schweizerischen Bundesstaat sichern.vii

Abb. 1: Zentralisierungsdruck im Parlament, 2011–2020

Anmerkung: Die Abbildung zeigt die absolute Anzahl föderalismusrelevanter parlamentarischer Vorstösse im Zeitraum 2011 bis 2020. Die hier dargestellten 865 Vorstösse wurden gemäss Quelle in einem zweistufigen Verfahren auf Basis aller 7’782 im Untersuchungszeitraum eingereichter parlamentarischer Vorstösse herausgearbeitet. Die weitere parlamentarische Beratung wurde nicht berücksichtigt.
Abbildung: Alix d’Agostino, DeFacto • Datenquelle: ch Stiftungviii ix x.

 

Zentralisierungstendenzen

Entgegen der prinzipiell dezentralen Aufgabenzuteilung gemäss Subsidiaritätsprinzip (Art. 5a BV, Art. 43a Abs. 1 BV) – dieses schreibt vor, dass alle Staatsaufgaben auf der tiefst möglichen und bürgernahesten Ebene bewältigt werden sollen – sehen Beobachterinnen und Beobachter die Kantone «[i]m Sog des Zentralstaates»xi. Die Kantone selbst weisen auf einen anhaltenden Zentralisierungsdruck hin.xii xiii xiv Wie sich dies unter anderem äussert, zeigt Abbildung 1. So verlangten föderalismusrelevante parlamentarische Vorstösse in National- und Ständerat in der Periode 2011 bis 2020 in der grossen Mehrheit der Fälle (ca. 67%) eine Zentralisierung im adressierten Aufgabenbereich. Jeder fünfte dieser Vorstösse (ca. 22%) zielte auf eine stärkere Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen ab (beispielsweise um Doppelspurigkeiten zu vermeiden), jeder zehnte auf eine dezentrale Lösung (ca. 11%).

 

 

Föderalismuspreis

Solchen Tendenzen gilt es mit einem lebendigen Föderalismus entgegenzuwirken. Genau dies schaffen schon heute die vielfältigen politischen, gesellschaftlichen, wissenschaftlichen oder kulturellen Engagements von Personen oder Organisationen, die die Einheit und Vielfalt im Kleinen oder in der ganzen Schweiz stärken. Und genau diesen Einsatz zeichnet die ch Stiftung jedes Jahr mit dem Föderalismuspreis aus. So prämiert sie auch 2024 wieder eine Person oder Organisation, die sich für Vielfalt und Zusammenhalt in der Schweiz einsetzt. Bewerbungen oder Nominationen können via Onlineformular eingegeben werden: Jede in der Schweiz niedergelassene Person oder Organisation kann sich bewerben oder kann nominiert werden, auch wenn diese bereits an einer vergangenen Edition teilgenommen hatte. Entscheidend für die Vergabe ist ein Beitrag mit mindestens einem der folgenden Merkmale:

  • Kommunikation: Aufzeigen der Vorteile und Besonderheiten des schweizerischen Föderalismus;
  • Innovation: Anstossen einer konstruktiven Auseinandersetzung mit dem schweizerischen Föderalismus oder die Stärkung desselben auf innovative Weise;
  • Partizipation: Förderung des Engagements sowie der Mitwirkung, insbesondere auf lokaler, regionaler und kantonaler Ebene;
  • Tradition: Bekanntmachung der historischen Evolution des Föderalismus in der Schweiz;
  • Kohäsion: Förderung des Zusammenlebens und der Verständigung der verschiedenen Sprachgemeinschaften der Schweiz und der Achtung von Minderheiten

Die Preisträgerin bzw. der Preisträger erhält 10’000 Schweizer Franken und ihr bzw. sein Name wird auf einer Tafel im Haus der Kantone eingraviert.

Jury: Persönlichkeiten aus Politik und Zivilgesellschaft

Über die Preisvergabe entscheidet eine Jury aus Vertreterinnen und Vertretern von Politik und Zivilgesellschaft. Namentlich sind dies Staatsrätin Florence Nater (NE), Präsidentin der ch Stiftung, Landammann Dr. Markus Dieth (AG), Präsident der Konferenz der Kantonsregierungen (KdK), Staatskanzlerin Danielle Gagnaux-Morel (Kanton Freiburg) ebenso wie die Journalistin Gülsha Adilji, Marco Solari, ehemaliger Präsident des Locarno Film Festival, und die Professorin Tania Ogay (Departement für Erziehungswissenschaften der Universität Freiburg).

Bisherige Preisträgerinnen und Preisträger: Von alt Bundesrat Arnold Koller bis zum Campus für Demokratie

Die bisherigen Preisträgerinnen und Preisträger sind das Forum per l’italiano in Svizzera (2022), easyvote (2021), der Circus Knie (2020), die Staatsrechtlerin Eva Maria Belser (2019), alt Regierungsrat Franz Marty (2018), die Interjurassische Versammlung (2017), das Neuenburger Bildungsprojekt PRIMA (2016), Kabarettist Emil Steinberger (2015) und alt Bundesrat Arnold Koller (2014). Zuletzt wurde der Campus für Demokratie insbesondere für dessen Arbeit zur Koordinierung des Internationalen Tags der Demokratie ausgezeichnet.

Die ch Stiftung – eine gemeinsame Stiftung der Kantone
Die ch Stiftung für eidgenössische Zusammenarbeit wird von allen 26 Kantonen getragen. Sie fördert die Verständigung zwischen den Sprachgemeinschaften und Kulturen sowie die Zusammenarbeit unter den Kantonen und mit dem Bund. Sie ist dem föderalistischen Staatsgedanken verpflichtet.

Hier können Sie sich bis 29. Februar für den Föderalismuspreis 2024 bewerben oder jemanden nominieren. Weitere Informationen finden Sie hier.

Alexander Arens hat an der Universität Bern promoviert. Er ist stellvertretender Leiter Bereich ch Stiftung bei der ch Stiftung für eidgenössische Zusammenarbeit.

E-Mail: a.arens@chstiftung.ch


1 Die inhaltlich-fachlichen Ausführungen im Text sind dem Artikel «Struktur und Wandel des Schweizer Föderalismus» des gleichnamigen Autors auf dem ch Blog entnommen. Die Informationen zum Föderalismuspreis finden sich so auch auf der Website der ch Stiftung.

i Häfelin, U., W. Haller, H. Keller und D. Thurnherr (2020). Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 10. Auflage. Schulthess (S. 14).

ii Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999, Stand 7.3.2021; https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19995395/index.html (zuletzt geöffnet am 7.7.2021).

iii BR, Schweizerischer Bundesrat (1996). 96.091 Botschaft über eine neue Bundesverfassung vom 20. November 1996. Bundesblatt Nr. 1 vom 14. Januar 1997 149(1): S. 1–642 (S. 14–16).

iv Häfelin, U., W. Haller, H. Keller und D. Thurnherr (2020). Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 10. Auflage. Schulthess (S. 317).

v Siehe die Definition von Föderalismus im Beitrag «Wie föderale Staaten entstehen und wie viele es heute gibt» (Alexander Arens, ch Blog)

vi Siehe die Definition von Föderalismus im Beitrag «Wie föderale Staaten entstehen und wie viele es gibt» (Alexander Arens, ch Blog)

vii Häfelin, U., W. Haller, H. Keller und D. Thurnherr (2020). Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 10. Auflage. Schulthess (S. 317).

viii ch Stiftung für eidgenössische Zusammenarbeit (2014). Monitoringbericht Föderalismus 2011–2013. ch Stiftung (S. 21–24).

ix ch Stiftung für eidgenössische Zusammenarbeit (2017). Monitoringbericht Föderalismus 2014–2016. ch Stiftung (S. 19–23).

x ch Stiftung für eidgenössische Zusammenarbeit (2022). Monitoringbericht Föderalismus 2017–2021. ch Stiftung (Anhang: Parlamentarische Vorstösse [S. 1–3]).

xi Schaltegger, C. A. und T. M. Studer (2017). Im Sog des Zentralstaates. Neue Zürcher Zeitung NZZ 188[238] vom 16.08.2017 (S. 25).

xii ch Stiftung für eidgenössische Zusammenarbeit (2014). Monitoringbericht Föderalismus 2011–2013. ch Stiftung (S. 64).

xiii ch Stiftung für eidgenössische Zusammenarbeit (2017). Monitoringbericht Föderalismus 2014–2016. ch Stiftung (S. 47–49).

xiv ch Stiftung für eidgenössische Zusammenarbeit (2022). Monitoringbericht Föderalismus 2017–2021. ch Stiftung (S. 7–8).