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Gesundheit von Arbeitnehmer:innen und erzwungene Telearbeit aufgrund der COVID-19-Krise

David Giauque, Yves Emery, Frédéric Cornu, Karine Renard
26th April 2023

Die Gesundheit am Arbeitsplatz rückt nach der Verbreitung der Telearbeit im Zusammenhang mit der Covid-19-Gesundheitskrise wieder in den Vordergrund der Aufmerksamkeit von Personalfachleuten. Diese besondere Arbeitsform, die an sich nicht neu ist und bereits in den 1980er Jahren diskutiert wurde, wurde den Angestellten öffentlicher Organisationen in grossem Umfang angeboten, um die vom Bund erlassenen Bestimmungen zur Bekämpfung der Ausbreitung des Virus zu erfüllen. 

Telearbeit und Gesundheit der Arbeitnehmer:innen: eine entscheidende Aufgabe für das Management

Daraus ergeben sich neue und interessante Managementfragen: Wie wurde die Telearbeit von denjenigen erlebt, die dazu gezwungen wurden? Hat die erzwungene Arbeit im Home Office zu einer Verbesserung des Wohlbefindens der Angestellten geführt oder ist sie im Gegenteil für einen Anstieg des Stresslevels verantwortlich? Diese Fragen sind insofern von Bedeutung, als die Telearbeit, sofern die Pandemie unter Kontrolle gebracht werden kann, in Zukunft höchstwahrscheinlich einen grösseren Stellenwert in den Organisationen, auch in der öffentlichen Verwaltung, einnehmen wird. Die Beantwortung dieser Fragen ist daher eine entscheidende Herausforderung für das Management.

Eine Umfrage mittels Fragebogen

Um erste empirische Antworten auf diese neuen Fragen zu erhalten, führte das Team des Forschungsbereiches Personalmanagement des IDHEAP mehrere Fragebogenerhebungen durch. So wurden während des ersten Lockdowns (März bis Mai 2020) mehrere Kantone in der Westschweiz kontaktiert und zu einer Umfrage zur Wahrnehmung der Akteure in Bezug auf Telearbeit eingeladen. Mehrere von ihnen zeigten Interesse, doch letztlich erklärte sich nur einer bereit, einen Fragebogen an seine Mitarbeiter:innen zu verteilen. Auf der Grundlage einer Stichprobe von über 1300 Antworten hatten wir die Möglichkeit, uns den Wahrnehmungen unserer Befragten in Bezug auf mehrere Dimensionen ihrer Arbeit besser anzunähern (Merkmale ihrer Arbeit; soziale Beziehungen zu Führungskräften und Kolleg:innen; Arbeitsklima; Wohlbefinden; Engagement; Zufriedenheit; Ermüdungsgrad; Work-Life-Balance usw.), und zwar in Abhängigkeit von zwei Zeiträumen: vor und während der erzwungenen Telearbeit. Mit anderen Worten: Unsere Umfrageteilnehmer:innen äusserten sich zu den verschiedenen Dimensionen, die in einem einzigen Fragebogen aufgeführt waren, indem sie ihre Gefühle und Erfahrungen in zwei verschiedenen Zeiträumen zum Ausdruck brachten.

Nützliche Ergebnisse für die Vorbereitung künftiger Homeoffice-Regelungen

Die Verarbeitung und Analyse unserer statistischen Daten führt zu interessanten und verwertbaren Ergebnissen. Zunächst einmal schätzten unsere Befragten mehrheitlich die Telearbeit aufgrund der Vorteile, die diese Arbeitsform für sie hat, angefangen bei einer besseren Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben (76 % gaben an, dass sie Privat- und Berufsleben während des Lockdowns leicht miteinander vereinbaren konnten). Ebenso schätzten sie die Freiheit, die ihnen während der erzwungenen Telearbeit bei der Organisation ihrer Arbeit (73 % sagten, sie hätten dies tun können) und der Wahl ihres Arbeitsortes (68 % sagten, sie hätten die Möglichkeit dazu gehabt) geboten wurde. Die sozialen Beziehungen – zu Kolleg:innen und Vorgesetzten – litten jedoch besonders stark, da ein signifikanter Rückgang der Zusammenarbeit mit Kolleg:innen und Vorgesetzten erkennbar ist, wenn man die Mittelwerte der Antworten vor und während der erzwungenen Telearbeit vergleicht.

Dieses Ergebnis deutet darauf hin, dass auch soziodemografische Merkmale die Antworten der Befragten beeinflussen können.

Tabelle 1: Gesundheit am Arbeitsplatz

Gesundheit am Arbeitsplatz der Befragten Vor/Während der erzwungenen Telearbeit wegen COVID-19 Mittelwert Standard-abweichung Stimme nicht zu Stimme weder zu noch nicht zu Stimme zu
Ich fühle mich wegen meiner Arbeit emotional "ausgehöhlt" Vor 2.61 1.2 50% 24% 26%
Während 2.37 1.2 58% 23% 19%
Ich fühle mich von meiner Arbeit ausgelaugt Vor 2.61 1.2 51% 24% 26%
Während 2.33 1.2 60% 22% 18%
Ich muss mich körperlich anstrengen, damit mein Arbeitstag gut läuft Vor 2.31 1.1 59% 24% 17%
Während 2.14 1.1 64% 23% 13%

Aber natürlich handelt es sich hier um Teilergebnisse und diese stellen eine Momentaufnahme von Einzelerfahrungen zu einem bestimmten Zeitpunkt dar. Während unsere Studie also tendenziell zeigt, dass Telearbeit die Gesundheit am Arbeitsplatz beeinträchtigt hat, kann diese Auswirkung potenziell durch andere Faktoren erklärt werden, die wir nicht gemessen haben. Weitere Erhebungen, die in regelmässigen Abständen über längere Zeiträume wiederholt werden, sind daher notwendig, um die Auswirkungen der Telearbeit auf die Gesundheit der Beschäftigten im öffentlichen Dienst klarer zu identifizieren. Diese empirischen Daten sind wichtig und können es politischen Entscheidungsträger:innen und Personalfachleuten ermöglichen, ihre Telearbeitsregelungen in Zukunft anzupassen und die Angestellten zu begleiten, um möglicherweise schädliche Auswirkungen der Telearbeit auf die Gesundheit und das Wohlbefinden zu vermeiden.


Bemerkung: Dieser Artikel wurde im Rahmen des IDHEAP Policy Brief No. 1 veröffentlicht.

Bild: unsplash.com