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Arbeitssituation im Lockdown und Erwartungen für die Zukunft

Franziska Ehrler, Gian-Andrea Monsch, Stephanie Steinmetz
27th Oktober 2020

Der Schweizer Lockdown im Frühjahr 2020 hat das Arbeitsleben der Schweizer Bevölkerung stark beeinträchtigt. Unsere Befragung zeigt, dass sich vier von fünf Arbeitnehmenden an eine veränderte Arbeitssituation anpassen mussten, während jeder sechste Haushalt von Kurzarbeit betroffen war. Dennoch gaben drei Viertel der arbeitenden Bevölkerung an, dass sie im Allgemeinen mit ihrer Arbeit und ihrer finanziellen Situation zufrieden sind. Dies gilt insbesondere für Angestellte des öffentlichen Sektors, die sich weniger Sorgen um ihre finanzielle Situation machten als Arbeitnehmende des privaten Sektors und Selbständige. 

Die Arbeitssituation hat sich während dem Lockdown bei den meisten verändert

Insgesamt zeigt sich, dass der Lockdown das Erwerbsleben der Schweizer Bevölkerung zumindest kurzfristig massiv beeinflusst hat (Abb.1). Nur gerade 17 Prozent der Erwerbstätigen geben an, dass sich ihre Arbeitssituation in dieser Zeit in keiner Art und Weise verändert hat.

Die vom Grossteil der Erwerbsbevölkerung erlebten Veränderungen gingen dabei in verschiedene Richtungen. Viele haben weniger gearbeitet als vorher (21 Prozent), wobei es sich dabei teilweise auch um Personen handelt, die von Kurzarbeit betroffen waren. Frauen haben in der Tendenz häufiger weniger Stunden gearbeitet als Männer (24 Prozent versus 19 Prozent), während sich bei der Kurzarbeit keine Geschlechtsunterschiede zeigen. Der kleine, aber signifikante Unterschied zwischen den Geschlechtern ist vielleicht darauf zurückzuführen, dass Frauen eher die zusätzliche anfallende Kinderbetreuung übernommen und deshalb ihre Erwerbsarbeitsstunden leicht reduziert haben. Aber um diese Hypothese zu belegen, wären weiterführende Analysen nötig.

Neben den Personen, die weniger gearbeitet haben, hat aber ein fast ebenso grosser Anteil der Erwerbstätigen während des Lockdowns mehr gearbeitet als vorher (17 Prozent). 3 Prozent (19 Personen) haben angegeben, dass sie aufgrund der Coronakrise den Job verloren haben.

Abbildung 1: Veränderung in der Arbeitssituation (in % der erwerbstätigen Befragten)

N=1230, Fragestellung: Gab es aufgrund der Coronakrise folgende Veränderungen in Ihrer Arbeitssituation? Während der Coronakrise… habe ich weniger Stunden pro Woche in meinem bezahlten Job gearbeitet als vorher. / habe ich mehr Stunden pro Woche in meinem bezahlten Job gearbeitet als vorher. / war ich angestellt und in Kurzarbeit. / war ich selbstständig erwerbend und (teilweise) von Erwerbsausfall betroffen. / habe ich vollständig im Homeoffice gearbeitet. / habe ich teilweise im Homeoffice gearbeitet. / habe ich Ferien genommen, die ich sonst nicht genommen hätte. / habe ich eine Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Gehalts gehabt. / habe ich flexiblere Arbeitszeiten gehabt. / habe ich meinen Job verloren. / hat sich nichts verändert an meiner Arbeitssituation. / Andere Veränderungen (Mehrfachantworten waren möglich).

Rund vierzig Prozent der Erwerbstätigen hat vollständig oder zumindest teilweise im Homeoffice gearbeitet. 13 Prozent der erwerbstätigen Befragten hatte während dem Lockdown flexiblere Arbeitszeiten. Angestellte im öffentlichen Sektor haben dabei in der Tendenz eher von flexibleren Arbeitszeiten profitiert als Angestellte in der Privatwirtschaft. Abgesehen von den genannten Befunden, gab es aber keine signifikanten Unterschiede zwischen öffentlichem Sektor und Privatwirtschaft und auch keine weiteren Unterschiede zwischen Männern und Frauen.

Jeder sechste Erwerbstätigenhaushalt war von Kurzarbeit betroffen

Eine von sieben erwerbstätigen Personen war während des Lockdowns von Kurzarbeit betroffen. Neun Prozent der Befragten hatten zudem einen Partner oder eine Partnerin, die von Kurzarbeit betroffen war. Insgesamt war bei 17 Prozent der Befragten, die Person selber oder ihre Partnerin, ihr Partner - sprich mindestens eine Person im Haushalt - von Kurzarbeit betroffen.

Wie viele Stunden in Kurzarbeit gearbeitet wurde, war sehr unterschiedlich. Insgesamt gaben 163 befragte Personen an, dass sie selber in Kurzarbeit waren. 17 Prozent dieser Personen haben gar nicht mehr gearbeitet. Diejenigen Personen, die noch gearbeitet haben, haben im Durchschnitt 19 Stunden gearbeitet, was einem Arbeitspensum von knapp 50 Prozent entspricht.

Abbildung 2: Veränderung in der Arbeitssituation (in % der erwerbstätigen Befragten)

N=169, Sie haben angegeben, dass Sie während der Coronakrise in Kurzarbeit waren. Wie viele Stunden haben Sie während der Coronakrise in einer durchschnittlichen Woche noch gearbeitet?

Unterschiede nach Geschlecht, Alter oder Beschäftigungsgrad haben sich keine gezeigt, die Kurzarbeit hat alle Gruppen getroffen. Ein Unterschied zeigt sich jedoch nach öffentlichem und privatem Sektor. Während nur sechs Prozent der Angestellten im öffentliche Sektor von Kurzarbeit betroffen waren, waren es im privaten Sektor zwanzig Prozent. Das lässt sich sicherlich auch darauf zurückführen, dass im öffentlichen Sektor teilweise kein Anspruch auf Kurzarbeit besteht oder die Regelungen unklar sind. Zudem sind die Fallzahlen relativ klein, so dass die Ergebnisse mit einer gewissen statistischen Unsicherheit behaftet sind. Trotzdem ist es bezeichnend für die Auswirkungen des Lockdowns auf die Bevölkerung, dass eine von fünf angestellten Personen im privaten Sektor angab, in Kurzarbeit beschäftigt gewesen zu sein.

Insbesondere selbständig Erwerbende sorgen sich um ihre finanzielle Situation

Drei Viertel der Erwerbstätigen sind zufrieden mit ihrer Arbeit und ebenso viele sind zufrieden mit ihrer finanziellen Situation (Abb. 3). Die Gruppe der Unzufriedenen ist bei den jungen Erwachsenen am grössten. Jeweils rund 15 Prozent der 18 bis 30-Jährigen sind unzufrieden mit ihrer finanziellen Situation und ihrer Arbeit. Grundsätzlich steigt die Zufriedenheit mit dem Alter. Während in der Altersgruppe der jungen Erwachsenen (18-30 Jahre) 68 Prozent zufrieden sind mit ihrer Arbeit, sind es bei den 48- bis 64-Jährigen 83 Prozent.

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der finanziellen Situation, hier sind 65 Prozent der ersten Altersgruppe zufrieden und 82 Prozent der obersten Altersgruppe. Diese Unterschiede nach Alter lassen sich aber auch unabhängig von Covid-19 beobachten (vgl. Sozialbericht 2016, S.143)[1]. Die Resultate verweisen also vielmehr darauf, dass der Lockdown diese Unterschiede nicht verändert hat. Die Unterschiede nach Geschlecht sind - wenn überhaupt signifikant - nur klein. Auch ob jemand Teilzeit oder Vollzeit arbeitet, spielt keine Rolle in Bezug auf die Zufriedenheit.

Abbildung 3: Zufriedenheit mit der Arbeit (in % der erwerbstätigen Befragten)

N=1223-1225, Alles in allem betrachtet, wie zufrieden sind Sie mit Ihrer Arbeit / Ihrer finanziellen Situation?

Im öffentlichen Sektor ist sowohl die Zufriedenheit mit der Arbeit als auch die Zufriedenheit mit der finanziellen Situation tendenziell höher (Abb. 3). Vor allem aber sind die Personen, die in der Privatwirtschaft arbeiten, deutlich besorgter über die Auswirkungen von Covid-19 auf ihre finanzielle Situation. 47 Prozent der Erwerbstätigen in der Privatwirtschaft zeigen sich in dieser Hinsicht besorgt, während es im öffentlichen Sektor 31 Prozent sind. Dies könnte auch damit zusammenhängen, dass Kurzarbeit in der Privatwirtschaft weiter verbreitet war. Es zeigt sich nämlich, dass sich Angestellte, die in Kurzarbeit waren, signifikant stärker um ihre finanzielle Situation sorgen als solche, die nicht von Kurzarbeit betroffen waren. Um der Frage nachzugehen, ob sich die Leute nun mehr sorgen, weil sie in Kurzarbeit waren oder generell, weil sie in der Privatwirtschaft tätig sind, wären weitergehende Analysen nötig.

Die grosse Mehrheit der selbständig Erwerbenden (90 Prozent) ist zufrieden mit ihrer Arbeit. Damit sind sie zufriedener als Angestellte, bei denen 75 Prozent angeben zufrieden zu sein (Abb. 3). Nach der Zufriedenheit mit der finanziellen Situation gefragt, gibt es keine Unterschiede zwischen Angestellten und selbständig Erwerbenden. Abbildung 4 zeigt aber, dass sich selbständig Erwerbende deutlich stärker Sorgen um die Auswirkungen von Covid-19 auf ihre finanzielle Situation machen. Mehr als die Hälfte (rund 60 Prozent) ist besorgt, viele Befragte sogar sehr besorgt.

Insgesamt macht sich ein beträchtlicher Teil der Erwerbsbevölkerung Sorgen um die Auswirkungen von Covid-19 auf ihre finanzielle Situation. Rund vierzig Prozent sind sehr oder eher besorgt. Wie die Zufriedenheit, nimmt auch die Besorgtheit mit dem Alter zu. So sind junge Erwachsene zwar weniger zufrieden, gleichzeitig aber auch weniger besorgt.

Abbildung 4: Besorgtheit über die Auswirkungen der Coronakrise auf die finanzielle Situation (in % der erwerbstätigen Befragten)

N=1216, Wie besorgt sind Sie über die Auswirkungen des Coronavirus auf Ihre finanzielle Situation?
Zwei Drittel gehen von einer Normalisierung der Erwerbssituation aus

Zwei Drittel der erwerbstätigen Befragten gehen davon aus, dass ihre Erwerbstätigkeit in den nächsten drei Monaten wieder dieselbe sein wird wie vor dem Lockdown (Abb. 5). Unsere Analysen zeigen ähnliche Zahlen in Bezug auf erwerbstätige Partnerinnen und Partner. Auch hier gehen zwei Drittel der Befragten davon aus, dass die Erwerbstätigkeit ihres Partners oder ihrer Partnerin wieder dieselbe sein wird wie vorher. Befragte in Kurzarbeit gehen etwas weniger oft davon aus, dass ihre Arbeitssituation bald wieder dieselbe sein wird wie vor dem Lockdown, als Personen, die nicht von Kurzarbeit betroffen waren.

Ein Drittel der Befragten rechnet mit Veränderungen ihrer eigenen Erwerbstätigkeit oder kann es nicht sagen (Abb. 5). 11 Prozent gehen davon aus, dass sie auch in der näheren Zukunft weniger Stunden pro Woche arbeiten, 10 Prozent rechnen mit einem geringeren Einkommen. Fünf Prozent gehen davon aus, dass sie den Job wechseln oder den Job verlieren werden.

In diesem Bereich werden die Folgebefragungen auf jeden Fall wichtige Ergebnisse liefern, um zu sehen, ob sich die Erwartungen bestätigen und ob der Optimismus auch in den nächsten Monaten bestehen bleibt.

Abbildung 5: Erwartete Auswirkungen der Coronakrise auf die Erwerbstätigkeit in den nächsten drei Monaten (in % der erwerbstätigen Befragten)

N=1239, Fragestellung: Was erwarten Sie aufgrund der Coronakrise im Hinblick auf Ihre Erwerbstätigkeit in den nächsten drei Monaten? Meine Erwerbstätigkeit wird wieder dieselbe sein wie vor der Coronakrise (gleiche Anzahl Stunden, gleiches Einkommen). / Ich werde weniger Stunden pro Woche arbeiten als vor der Coronakrise. / Ich werde mehr Stunden pro Woche arbeiten als vor der Coronakrise. / Ich werde weniger Einkommen erhalten als vor der Coronakrise. / Ich werde mehr Einkommen erhalten als vor der Coronakrise. / Ich werde den Job wechseln. / Ich werde meinen Job verlieren ohne eine neue Stelle in Aussicht zu haben. (Mehrfachantworten waren möglich)
Schlussfolgerungen

Covid-19 und die damit einhergehenden Massnahmen haben sich massiv auf das unmittelbare Erwerbsleben der Bevölkerung ausgewirkt und zwar in sehr unterschiedlicher Art und Weise. Die Mehrheit der Erwerbstätigen ging aber zum Befragungszeitpunkt davon aus, dass diese Veränderungen von kurzer Dauer sind und sich die Arbeitssituation wieder normalisiert. Einen Jobverlust hat nur ein kleiner Teil der Befragten erlebt und auch nur wenige rechneten mit einem solchen in den Monaten unmittelbar nach dem Lockdown.

Die Zufriedenheit mit der Arbeit und der gegenwärtigen finanziellen Situation ist hoch. Allerdings macht sich auch ein beträchtlicher Teil der erwerbstätigen Bevölkerung Sorgen um die Auswirkungen von Covid-19 auf ihre finanzielle Situation. Selbständig Erwerbende und Angestellte in der Privatwirtschaft machen sich wahrscheinlich zu Recht diesbezüglich deutlich mehr Sorgen als Angestellte im öffentlichen Sektor. Diese Sorgen gilt es in der öffentlichen und politischen Diskussion zu berücksichtigen.

FORS Covid-19 MOSAiCH Erhebung
Um einen Beitrag zum Verständnis der Aus­wirkungen von Covid-19 auf die Gesell­schaft in der Schweiz zu leisten, wurden in MOSAiCH (https://forscenter.ch/mosaich/) Fragen zu Covid-19 und den damit ein­hergehenden Massnahmen aufgenommen. MOSAiCH ist eine jährlich stattfindende sozialwissenschaftliche Erhebung, die sich rund um die Themen Wohlbefinden, Arbeit, Vereinbarkeit Familie und Beruf sowie Politik dreht. Zwischen Ende April und Ende Mai 2020 haben 1’937 Personen an einer Online-Befragung teilgenommen, die in Privathaushalten in der Schweiz leben und mindestens 18 Jahre alt sind. Die Resultate wurden statistisch gewichtet, um eine bessere Repräsen­tativität für die Schweizer Bevölkerung zu erreichen. Die Personen werden im Herbst 2020 ein zweites und im Frühling 2021 ein drittes Mal befragt, um die Auswirkungen von Covid-19 längerfristig messen zu können.


Dieser Beitrag basiert auf dem Faktenblatt Nr. 3 der FORS Covid-19 Erhebungen.


[1] F. Ehrler, F. Bühlmann, P. Farago, F. Höpflinger, D. Joye, P. Perrig-Chiello und Ch. Suter (Hg.). Sozialbericht 2016: Wohlbefinden. Zürich: Seismo-Verlag.

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