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Unentschlossene werden in Wahljahren am ehesten von der SVP überzeugt

Gian-Andrea Monsch, Ursina Kuhn
11th September 2019

Im Oktober finden die nächsten National- und Ständeratswahlen statt. Der Wahlkampf ist bereits angelaufen und stark in den Medien präsent. Mithilfe der Längsschnittstudie „Leben in der Schweiz“ untersuchen wir die Mobilisierung von Personen ohne Parteipräferenz[1] und somit den Effekt der Wahlkampagne. Die Schweizerische Volkspartei (SVP) konnte bei den letzten vier eidgenössischen Wahlen am meisten von der Kampagne profitieren. Es bleibt spannend, ob dies auch dieses Jahr zutrifft, da die Prognosen gewichtige Verluste für die grösste Partei des Landes voraussagen.  

Alle vier Jahre streiten sich Kandidierende und politische Parteien um die Gunst ihrer Wählerschaft und versuchen möglichst viele Bürgerinnen und Bürger an die Wahlurnen zu bringen, um für die jeweilige Partei ihre Stimme abzugeben. Dank der starken Präsenz des Wahlkampfs in den Medien haben in den Wahljahren immer mehr Leute eine Präferenz für eine bestimme Partei als in den Jahren ohne Wahlen. Über alle Jahre hinweg betrachtet, geben im Durchschnitt 61 Prozent der Befragten an eine Parteipräferenz zu haben, in Wahljahren sind es 63 Prozent, in den Jahren zwischen den Wahlen 60 Prozent. Abbildung 1 zeigt, wie viele Personen ohne Parteipräferenz im nächsten Jahr eine entwickeln. Die Balken der Wahljahre sind gelb eingefärbt und zeigen deutlich, dass während Wahljahren mehr Leute eine Parteipräferenz entwickeln.

Abbildung 1: Veränderung von „keine Präferenz“ zu einer „Parteipräferenz“

Quelle: Studie „Leben in der Schweiz“

 

Die Kampagnen und die Medienberichterstattung führen also in der Tat zu einer Aktivierung von Wahlberechtigten. Davon profitiert jedoch nicht jede Partei im gleichen Ausmass. Abbildung 2 zeigt den Mobilisierungseffekt des Wahljahres für die grössten politischen Parteien. Hier sind sowohl Wechsel von keiner Präferenz sowie ein Wechsel zwischen Parteien berücksichtigt. Gemäss dieser Analyse war die SVP immer die klare Mobilisierungs-Siegerin in den letzten vier nationalen Wahlen (2003, 2007, 2011 und 2015). Für die anderen grossen Schweizer Parteien finden wir keinen Effekt für das Wahljahr. Dies bedeutet nicht, dass die SVP allgemein mehr Personen für sich gewinnen kann als die anderen Parteien. Nur bei der SVP sind aber starke Unterschiede zwischen den Wahljahren und den anderen Jahren sichtbar.

Im Oktober ist es soweit: Die nächsten Parlamentswahlen stehen bevor. In einer Zeit, wo die Klimadebatte im Zentrum des öffentlichen Interesses steht, kündigen die offiziellen Prognosen Gewinne an für Parteien, die sich für den Umweltschutz einsetzen. Zugleich darf man gespannt sein, ob sich die SVP auf ihre Mobilisierungsstärke verlassen kann, ohne auf den grünen Zug aufzuspringen.

Abbildung 2: Veränderung „Präferenz für eine bestimmte Partei“ in den Wahljahren gegenüber den anderen Jahren

Quelle: Studie „Leben in der Schweiz“

 

 

20 Jahre «Leben in der Schweiz»

Die Studie „Leben in der Schweiz“ befragt seit 1999 jedes Jahr dieselben Haushalte und Personen zu Themen wie Familien- und Erwerbsarbeit, Einkommen und Lebensbedingungen, Freizeit, Gesundheit, persönliche Beziehungen, Einstellungen und Politik. Dadurch ist eine einzigartige Datenbasis entstanden zur Analyse der Lebenssituation der Schweizer Wohnbevölkerung sowie den Ursachen und Folgen sozialen Wandels in der Schweiz.

Die Studie „Leben in der Schweiz“ wird vom Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung finanziert und von FORS, dem Schweizer Kompetenzzentrum Sozialwissenschaften, angesiedelt an der Universität Lausanne, durchgeführt. Die Daten stehen Forschenden kostenlos zur Verfügung. Weitere Informationen zur Studie (auch „Schweizer Haushalt-Panel“ genannt) finden Sie auf der Webseite.


[1] Die Parteipräferenz wird mit folgender Frage gemessen: “Wenn es morgen Nationalratswahlen gäbe, für welche Partei würden Sie dann stimmen?“ Personen ohne Parteipräferenz haben mit „stimmt für eine Person, nicht für eine Partei“, „für keine Partei“, „würde nicht stimmen gehen“ oder mit „weiss nicht“ geantwortet. 

Bild: rawpixel.com