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Auch in der Unipolitik mischen seit diesem Jahr mehr Frauen mit

Rona Bolliger
20th Mai 2019

Im April wurden bei Wahlen fürs Studierendenparlament der Universität Zürich zum ersten Mal mehr Frauen als Männer gewählt. Wirkt die Kampagne Helvetia ruft in diesem Jahr flächendeckend? Meine Analyse zeigt, dass es dafür einige Hinweise gibt.

An der Universität Zürich stellen Studentinnen mit 58 Prozent die Mehrheit der Studierenden. Für die Legislaturperiode 2019 bis 2021 sind die Geschlechter im Studierendenparlament VSUZH-Rat zum ersten Mal annähernd gleichermassen vertreten. Der Frauenanteil im  der Universität Zürich (VSUZH-Rat) beträgt neu 55 Prozent, während dieser bei den Wahlen 2017 noch bei 41 Prozent lag.

Gleiche Chancen für Männer und Frauen auf einen guten Listenplatz für den VSUZH-Rat

Die bemerkenswerte Verbesserung der Repräsentation der Frauen in der Uni-Politik ist nicht darauf zurückzuführen, dass sich mehr Frauen zur Wahl stellten oder dass sie auf bessere Listenplätze gesetzt worden wären. Sowohl im Jahr 2017 als auch im Jahr 2019 kandidierten ungefähr 40 Prozent Frauen auf den Listen der universitären Fraktionen (Abbildung 1).

Abbildung 1: Anteil der Kandidierenden nach Fraktion und Geschlecht, VSUZH-Wahlen 2019

Von den elf Listen schickten fünf mehr oder gleichviel Frauen wie Männer ins Rennen (IGOR, SI Recht, IGI, FV Jus, KriPo – Feminismus für alle!), eine Fraktion erreichte einen Frauenanteil von 40 Prozent (filo). Bei drei Fraktionen lag dieser zwischen 20 und 30 Prozent (FV Oec, KriPo – Verhältnisse verbessern!, Vorwärts) und eine Liste trat ohne Kandidatinnen an (SIM).  Die Reihenfolge der Kandidierenden auf der Liste wird von den Fraktionen frei gewählt.

Frauen wurden zudem im Vergleich mit Männern bei der Vergabe der Listenplätze nicht systematisch bevorzugt. Nur eine Fraktion vergab die obersten Listenplätze ausschliesslich an Frauen, drei Fraktionen setzten Frauen und Männer abwechselnd auf ihre Liste, die restlichen Fraktionen folgten diesem Muster teilweise oder wandten ein anderes System an.

Frauen mit 30 Prozent besserer Wahlchance

Wie meine Auswertungen zeigen, haben sich Kandidatinnen bei der Wahl 2019 im Vergleich zu den Kandidaten stark verbessern können. So rutschten die Frauen im Schnitt gut vier Listenplätze nach oben, bei der Wahl 2017 verbesserten sie sich um 1.3 Plätze (Abbildung 2). Die Wahlchancen der Frauen lagen somit über 30 Prozent höher als die der Männer. Die Kandidatinnen wurden von den Studierenden häufiger gewählt oder bei der Wahl auf einen besseren Listenplatz gesetzt. Der Bisherigenstatus hatte zudem keinen Einfluss auf die Verbesserung des Listenplatzes.

Abbildung 2: Durchschnittliche Verbesserung des Listenplatzes nach Fraktion und Geschlecht, VSUZH-Wahlen 2019

Obwohl der Anteil der weiblichen Kandidierenden im Vergleich zu den Wahlen 2017 gleich blieb, scheint die Nachfrage nach Frauen in der Unipolitik angestiegen zu sein. Obwohl auch im Jahr 2019 mehr Männer als Frauen für den VSUZH-Rat kandidierten, schafften mehr Frauen als Männer den Sprung ins Studierendenparlament.

Geschlecht als entscheidender Faktor für den Wahlentscheid?

Um den Frauenanteil in der Politik zu erhöhen, werden Parteien aufgeforert, mehr Frauen zu nominieren. Die Repräsentation von Frauen in der Politik wird aber nicht nur durch mehr weibliche Kandidierende auf den Listen erhöht, die Präferenzen und das Wahlverhalten der Wählenden spielen ebenfalls eine Rolle.

Wie das Ergebnis der Wahlen für den VSUZH-Rat genau zu erklären ist bzw. ob Kandidatinnen systematisch bevorzugt wurden, kann nicht vollumfassend untersucht werden, da dafür keine Daten vorliegen.

In der Schweiz wurde in den letzten Monaten allerdings viel über den Frauenanteil in der Politik gesprochen. So wurden im Dezember 2018 erstmals zwei Bundesrätinnen gleichzeitig in die nationale Exekutive gewählt und im letzten Herbst lancierten alliance f und Operation Libero medienwirksam die Kampagne Helvetia ruft!, mit dem Ziel, im Wahljahr 2019 Frauen zu motivieren, für ein politisches Amt zu kandidieren.

Es ist somit durchaus denkbar, dass durch die Salienz des Themas in den Medien in den vergangenen Monaten auch eine Sensibilisierung für die Problematik der Unterrepräsentation der Studentinnnen im VSUZH-Rat stattgefunden hat.

 

Mit herzlichem Dank an Professor Fabrizio Gilardi für das Feedback und die Verbesserungsvorschläge für die Datenanalyse. Tanja Burri danke ich für den Plot von Abbildung 2.


Bild: VSUZH