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Wie über Raumplanungsinstrumente kommuniziert wird, kann deren Akzeptanz beeinflussen

Lyn Pleger, Philipp Lutz, Fritz Sager
13th Juli 2018

Die zunehmende Zersiedlung der Landschaft macht Raumplanung zu einem wichtigen politischen Thema. Allerdings ist die Bevölkerung gegenüber marktwirtschaftlichen Instrumenten kritisch eingestellt. Wie neuste Untersuchungen zeigen, ist für die Unterstützung von durch die Politik vorgeschlagenen Möglichkeiten vor allem deren konkrete Formulierung ausschlaggebend – aber auch dann gibt es noch grosse Unterschiede zwischen einzelnen Gruppen.

Demokratische Akzeptanz und Information

Gesellschaftlichen Problemen, wie beispielsweise einer Zersiedlung der Landschaft, kann mittels politischer Massnahmen entgegengewirkt werden. Als die effizienteste Variante von politischen Massnahmen gelten gemeinhin anreizbasierte Steuerungsinstrumente. Steuerungsinstrumente versprechen eine höhere Effizienz, finden jedoch gemäss früherer Studien nur wenig Akzeptanz in der Bevölkerung (Stadelmann-Steffen, 2011). Unter welchen Umständen markt-basierte Politik-Instrumente auf Akzeptanz treffen, ist eine offene Frage. In unserer Studie untersuchen wir am Beispiel der Schweizer Raumplanungspolitik, ob die Art und Weise, wie die Öffentlichkeit über neue Politikinstrumente informiert wird, deren Akzeptanz beeinflussen kann.

Welche Entscheidungen wir treffen, hängt oft davon ab, wie uns mögliche Entscheidungsoptionen präsentiert werden. Wenn ein und derselbe Sachverhalt anders dargestellt wird, z.B. kann der Fettgehalt eines Konsumprodukts entweder als 10 % Fettgehalt oder als 90 % fettfrei präsentiert werden, dann nennt man dies «Framing», also «Einrahmen». Faming-Effekte können unterschiedliche Assoziationen, Wahrnehmungsmuster und Entscheidungslogiken stimulieren (Kahneman und Tversky, 1979). Die Folge davon ist, dass unterschiedliche Beschreibungen des gleichen Inhalts zu unterschiedlichen Entscheidungen führen können.

Diese Implikationen der Framing-Theorie lassen sich auch auf die Akzeptanz von konkreten Politikinstrumenten in der Bevölkerung übertragen. Denn die Unterstützung für öffentliche Politik hängt nicht zuletzt davon ab, wie eine bestimmte Politik kommuniziert wird.

Die Wirkungszusammenhänge hinter Politikmassnahmen

Allerdings ist nur wenig darüber bekannt, wie Framing-Effekte auf unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen wirken. Jede Politik richtet sich an zwei Gruppen von Adressaten: an diejenigen, welche das Problem verursachen (Politikadressaten) und an diejenigen, welche von der Problemlösung (Politikbegünstigte) begünstigt werden (siehe Kausalmodell in Abb.1). Damit eine Politik (Policy) wirkungsvoll ist, muss sie folglich die Problemverursacher dazu bewegen, ihr Verhalten in die gewünschte Richtung zu verändern. Doch inwiefern reagieren diese unterschiedlich betroffenen Gruppen auf Policy-Frames?

Abbildung 1: Kausalmodell einer Policy

Quelle: Pleger et al. (2018, S. 228) basierend auf Sager (2016, S. 123; Sager et al. 2017: 47)

Eine neue experimentelle Studie des Kompetenzzentrums für Public Management und des Instituts für Politikwissenschaft der Universität Bern ging der Frage nach, ob und wie sich die Effekte unterschiedlicher Policy-Frames auf Problemverursacher und Problembetroffene einer Policy auswirken. Anhand eines repräsentativen Umfrage-Experiments unter Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürger wurde untersucht, wie die Darstellung eines Raumplanungsinstruments (Framing) die Unterstützung für marktbasierte Instrumente in der Raumplanungspolitik zu beeinflussen vermag. Dabei wurde die Zustimmung für die Einführung eines finanziellen Anreizinstruments abgefragt und die spezifische Betroffenheit der befragten Personen erfasst.

Unterschiedliche Frames: Ziele versus Instrumente

In Bezug auf die Raumplanung besteht das politische Ziel in der Vermeidung von Zersiedlung und umgekehrt im Erhalt des Landschaftsbildes und einer effizienten Bodennutzung.  Folglich kann das Politikinstrument entweder als Bestrafung eines unterwünschten Verhaltens oder umgekehrt, als Belohnung von erwünschtem Verhalten eingesetzt werden. Bisherige Forschung geht davon aus, dass Direkt-Betroffene weniger stark auf Framing-Effekte reagieren (Maheswaran and Meyers-Levy, 1990).

Erhebung mit Hilfe eines Online-Experiments
Eine der zentralen Policy-Frames sind sogenannte «Valence-Frames», worin dieselben Entscheidungssituationen entweder positiv oder negativ dargestellt wird. Dies kann sowohl auf die Ziele als auch die Attribute einer Politik angewendet werden. Als theoretische Einbettung kombinieren wir Annahmen aus der Framing-Theorie mit dem Kausalmodell einer Policy zusammen. Bei den Politik-Zielen lässt sich entweder von der Vermeidung eines unerwünschten Phänomens sprechen oder umgekehrt, von der Erreichung eines angestrebten Zustands.

Die Stichprobe setzte sich aus 644 wahlberechtigten Schweizerinnen und Schweizer zusammen. Die Teilnehmenden wurden zuerst über die Entscheidungssituation informiert:

«Stellen Sie sich folgendes Szenario vor: Die Regierung plant, ein finanzielles Anreizsystem für eine nachhaltige Raumplanung einzuführen. Bei der Bebauung einer Landparzelle wird ein Geldbetrag entweder erhoben oder ausbezahlt – abhängig davon, wie nachhaltig die Bebauung ist. Das Ziel dieser Massnahme besteht darin, Bauen dahingehend zu lenken, dass Nachhaltigkeit beim Bauentscheid mitberücksichtigt wird, indem nachhaltige Bauprojekte vergünstigt werden und nicht-nachhaltige Bauprojekte verteuert werden.»

Danach werden die Personen zufällig einem der vier folgenden Treatments zugeteilt:

«Das Ziel des Raumplanungsinstrumentes ist es, den Landschaftsschutz zu verbessern. Mit dem Anreizsystem wird die effiziente Bodennutzung gefördert, das Landschaftsbild geschützt und die Nachhaltigkeit der Raumplanung erhöht.» (positives Goal-Framing)

«Das Ziel des Raumplanungsinstrumentes ist es, die Zubetonierung der Landschaft zu verringern. Mit dem Anreizsystem wird der Zersiedlung der Landschaft entgegengewirkt, der ineffiziente Landverbrauch eingedämmt und negative Folgen für das Landschaftsbild verhindert.» (negatives Goal-Framing)

«Mit einer finanziellen Gutschrift wird bei der Bebauung einer Landparzelle effiziente Raumnutzung (kompakte Bauweise) belohnt.» (positives Attribute-Framing)

«Mit einer finanziellen Abgabe wird bei der Bebauung einer Landparzelle eine ineffiziente Raumnutzung (Zersiedelung) sanktioniert.» (negatives Attribute-Framing)

Empirische Befunde

Die Ergebnisse zeigen, dass die Art und Weise, wie Informationen über ein Raumplanungsinstrument formuliert werden, tatsächlich dessen Akzeptanz durch die Bevölkerung beeinflussen kann. Darüber hinaus weisen die Ergebnisse darauf hin, dass sich die Framing-Effekte für verschiedene Zielgruppen unterscheiden: Attribute-Framing wirkt bei der Gesamtbevölkerung, aber nicht bei den Landbesitzern. Goal-Framing wirkt bei den Landbesitzern, aber nicht bei der Gesamtbevölkerung. Ferner unterscheiden sich die Effekte der beiden Framing-Typen auch hinsichtlich ihrer Effektivität: So ist das Goal-Framing effektiver als das Attribute-Framing, da es zu einer signifikant höheren Akzeptanzrate unter den Teilnehmenden führte.

Gesamtgesellschaftlicher Nutzen versus private Kosten

Aus den Ergebnissen lässt sich zudem schliessen, dass die Wirkung von Policy-Frames auch davon abhängt, wie sehr jemand von der Policy betroffen ist. Die Gruppe der Landbesitzer als Problemverursacher ist in vielen Politikbereichen eine konzentrierte Gruppe, welche durch eine Politik negativ beeinträchtigt wird. Indem auf den gesamtgesellschaftlichen Nutzen und nicht auf die entstehenden privaten Kosten hingewiesen werden, kann auch die Akzeptanz dieser Gruppe erhöht werden.


Referenzen:

  • Kahneman, D., Tversky, A., 1979. Prospect theory: an analysis of decision under risk. Econometrica 47 (2), 263.
  • Maheswaran, D., Meyers-Levy, J., 1990. The influence of message framing and issue involvement? J. Marketing Res. 27 (3), 361–367.
  • Sager, F., 2016. Die politikwissenschaftliche Auseinandersetzung mit Verkehrspolitik: Eine Einführung. In: Schwedes, O., Canzler, W., Knie, A. (Eds.), Handbuch Verkehrspolitik. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden, pp. 119–13.
  • Sager, F., Ingold, K., und Balthasar, A., 2017. Policy-Analyse in der Schweiz. Besonderheiten, Theorien, Beispiele. Zürich: NZZ Verlag, Reihe „Politik und Gesellschaft in der Schweiz“.
  • Stadelmann-Steffen, I., 2011. Citizens as veto players: climate change policy and the constraints of direct democracy. Environ. Politics 20 (4), 485–507.

Hinweis: Dieser Beitrag ist die Kurzfassung von Pleger, Lyn, Philipp Lutz und Fritz Sager (2018) "Public acceptance of incentive-based spatial planning policies: A framing experiment" Land Use Policy 73: 225-238.

Bild: zvg