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DSI auf Twitter: Zivilgesellschaft nicht stärker präsent als bei übrigen Abstimmungen

Steven Goldbach, Malte Stegner, Lisa Stepanski
10th August 2016

Die Debatte um die Durchsetzungsinitiative auf Twitter war nicht stärker von zivilgesellschaftlichen Akteuren geprägt als die übrigen Abstimmungen vom 28. Februar 2016. Dies zeigt eine Auswertung dreier Datenjournalismus-Studierenden der Universität Zürich.

Das Scheitern der Durchsetzungsinitiative am 28. Februar 2016 haben viele Kommentatoren auf das Erstarken des zivilgesellschaftlichen Engagements zurückgeführt. Der Abstimmungskampf, der stärker als je zuvor auch auf Social Media geführt wurde, wurde als Beweis dafür angeführt. Doch war die Abstimmungsdebatte wirklich von einer derartigen zivilgesellschaftlichen Dominanz und einer untypischen Abwesenheit der etablierten Parteien geprägt?

Abbildung 1:

Graph 1

Wie unsere Analyse zeigt, lautet die Antwort Nein. Zwar können mehr als die Hälfte der 100 Twitter-NutzerInnen, deren Tweets zur DSI am häufigsten geteilt wurden, zivilgesellschaftlichen Akteuren zugeordnet werden. Im Vergleich zu den übrigen Abstimmungen vom 28. Februar ist die zivilgesellschaftliche Präsenz jedoch nicht markant grösser. Bei der Debatte zur CVP-Initiative „Für Ehe und Familie – gegen die Heiratsstrafe“ ist die Verteilung zwischen parteipolitischen und zivilgesellschaftlichen Akteuren fast identisch. In der Debatte zur zweiten Gotthardröhre gaben sogar deutlich mehr zivilgesellschaftliche Akteure den Ton an.

Am häufigsten geteilt wurden die DSI-Tweets vom NGO-Komitee gegen die Durchsetzungsinitiative: Das Bündnis verschiedener Nichtregierungsorganisationen trat auf Twitter unter dem Namen @DSI_Nein auf und wurde 1184 Mal retweetet. Auf der Rangliste folgen die Organisation SchutzfaktorM, der Dichter und Musiker Jürg Halter, der Zürcher SVP-Gemeinderat Samuel Balsiger, der Aargauer GLP-Nationalrat Beat Flach, der Twitterer Andreas Aerni und die Operation Libero sowie die Twitterer Peter Stämpfli, Daniel Menna und Sandro Lüscher.

Mehr Tweets als zu den eidgenössischen Wahlen

Noch nie zuvor erlangte eine Initiative auf Facebook, Twitter und Co. so viel Aufmerksamkeit wie die Durchsetzungsinitiative der SVP. Alleine in den letzten vier Wochen vor der Abstimmung am 28. Februar 2016 erschienen mit 23’000 Tweets mehr als im gesamten Wahlkampf zu den eidgenössischen Wahlen 2015.

Viele der Twitter-Nutzer verwendeten die Hashtags #DSI, #DSInein oder #DSIja, um ihre Beiträge zur Debatte zu kennzeichnen. Im Zeitraum vom 1. Oktober 2015 bis 1. März 2016 wurden über 7’000 Tweets mit diesen Hashtags veröffentlicht. Obwohl bis weit in den Winter hinein vieles auf eine Annahme der Initiative hindeutete, zeigte sich auf Twitter schon am Anfang des Abstimmungskampfes ein anderes Bild: Ab Ende Dezember etablierte sich der Hashtag #DSInein stark, während #DSIja kaum sichtbar wurde.

Abbildung 2:

Hashtags

Widerstand in Basel-Land und Bern, Zuspruch im Thurgau

Setzt man die Anzahl Tweets ins Verhältnis zur Population des jeweiligen Kantons, zeigt sich, wo sich auf Twitter besonders viel Widerstand gegen die DSI regte.

Abbildung 3:

DSInein

Auf Twitter kam der stärkste Widerstand gegen die DSI aus dem Kanton Basel-Land. Marc Buergi, Präsident der BDP Basel-Landschaft erwies sich dabei als der unangefochtene „Twitter-Turbo“ gegen die DSI. Noch vor Basel-Stadt und Zürich komplettieren die Kantone Bern und das ebenfalls ländliche Solothurn das Spitzenfeld in puncto erfolgreicher Twittermobilisierung. Hier tat sich etwa Ruedi Löffel (BE, EVP) als aktiver Nein-Twitterer heraus. Bemerkenswert ist, dass trotz der Amtssprache Französisch auch zahlreiche ablehnende Tweets aus dem Kanton Waadt auf Deutsch gesendet wurden.

Abbildung 4:

DSIja

Zuspruch erhielt die Initiative hingegen aus dem Thurgau sowie aus Zürich und St. Gallen. Dabei stachen vor allem die zahlreichen Tweets von Marco Rüegg (TG, FDP) und Werner Bechtel (ZH, SVP) heraus, die für eine Annahme der DSI an der Urne warben.

Hinweis: Dieser Beitrag wurde zusammengestellt aus drei Artikeln, die im April 2016 auf dem Datenjournalismus-Blog des IPZ erschienen. 


Titelbild: DeFacto

Lektorat: Pascal Burkhard, Sarah Bütikofer