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FDP: Die Lieblingspartei der Wahlen 2015

Georg Lutz
23rd Mai 2016

Die FDP festigte bei den Eidgenössischen Wahlen 2015 ihre Stellung als führende Wirtschaftspartei. Die SVP legte dank einer soliden Wählerbasis und der Angst vor der Migration zu. GLP und BDP können nach wie vor nur auf eine kleine Stammwählerschaft zählen und werden zudem nicht als Problemlösungsparteien wahrgenommen. Das zeigen die Resultate der Schweizer Wahlstudie Selects, die heute veröffentlicht wurden.

SVP und FDP waren die grossen Gewinner der Eidgenössischen Wahlen 2015, verloren haben die neuen Mitteparteien GLP und BDP. Das Wahlverhalten hinter dem Resultat wurde im Rahmen des Wahlforschungsprojektes Selects zum sechsten Mal untersucht.

Die Resultate zeigen: 2015 gelang es der SVP erneut viel besser als allen anderen Parteien, ihre potentielle Wählerschaft zu mobilisieren. Fast alle, die 2011 SVP wählten, gaben 2015 erneut der SVP ihre Stimme. Und wer 2011 nicht gewählt hatte, gab 2015 überdurchschnittlich oft der SVP die Stimme. Die Volkspartei konnte davon profitieren, dass die Wählerschaft ihre Kernthemen Migration, Asyl und Flüchtlinge während der letzten zwei Monaten des Wahlkampfes mit grossem Vorsprung als wichtigstes Problem betrachtete.

FDP wird viel Kompetenz zugesprochen

Zugelegt hat 2015 die FDP. Sie hat leicht an Stimmen gewonnen und sich zu der Partei gemausert, bei der sich am meisten Wählende vorstellen können, sie einmal zu wählen. Damit hat die FDP ihre Basis potentieller Wählerinnen und Wähler massiv erweitert. Hinzu kommt, dass sie von der Wählerschaft als die Partei wahrgenommen wird, die sich am stärksten um die Wirtschaftspolitik kümmert und auf diesem Gebiet am kompetentesten ist. Die SVP wird demgegenüber nur von zehn Prozent der Wählenden als führende Wirtschaftspartei wahrgenommen. Der FDP wird auch die höchste Kompetenz in der Europapolitik zugesprochen.

Bei den beiden noch jungen Parteien BDP und GLP zeigt sich auch 2015 ihr noch immer wackliges Fundament. Beide Parteien haben nur eine kleine Stammwählerschaft, sie sind auf Wechselwählende angewiesen, um nicht einzubrechen. Hinzu kommt, dass die beiden Parteien von der Wählerschaft 2015 kaum mit bestimmten Themen oder mit Lösungen dazu in Verbindung gebracht wurden. Das hat dazu geführt, dass der Anteil der Wähler, die sich vorstellen könnten, GLP oder BDP zu wählen, gegenüber 2011 deutlich zurückgegangen ist.

Ein anderes Problem hat die CVP: Sie wird vor allem von Traditionswählenden unterstützt, die aber im Laufe der Zeit immer weniger geworden sind.

Bürgerliche: Diskrepanz zwischen Kandidierenden und Wählenden

Bei den Wahlen 2015 ist die Polarisierung des Schweizer Parteiensystems nochmals grösser geworden. Die Wählerschaft ist in den letzten zwanzig Jahren insgesamt nicht substantiell nach rechts oder links gerückt. Aber die Wählerinnen und Wähler der SVP sind deutlich rechter geworden, jene der FDP ein wenig rechter. Die Wählerschaft von SP und GPS ist dagegen seit 1995 linker geworden. Diese Polarisierung ist für die GPS und die SP ein Problem, weil sie dadurch weniger Ausstrahlungskraft in die Mitte haben als noch 1995 (Abbildung 1). Das beschränkt ihr Wachstumspotential, da es nicht mehr linke Wählende gibt.

Abbildung 1:

Polarisierung

Beim Vergleich der politischen Positionen zwischen der Wählerschaft und den Kandidierenden verschiedener Parteien zeigt sich, dass die Kandidierenden von GPS, SP und CVP auf der Links-Rechts-Achse sehr ähnlich positioniert sind wie ihre Wählerschaft. Bei der GLP, BDP, FDP und SVP sind die Kandidierenden hingegen rechter positioniert als ihre Wählerschaft. Am auffälligsten ist dies bei der GLP. Während sich die GLP-Kandidierenden in der Mitte verorten, sehen sich die GLP-Wählenden klar links der Mitte (Abbildung 2).

Abbildung 2:

Grafik 2

Auch bei den Positionen zu verschiedenen Sachfragen zeigen sich vor allem bei den bürgerlichen Parteien Differenzen. So sind bei SVP, FDP, BDP und auch der GLP eine Mehrheit der Kandidierenden für eine Erhöhung des Rentenalters. Bei der Wählerschaft dieser vier Parteien ist hingegen eine Mehrheit dagegen.

Hinweis: Dieser Beitrag bezieht sich auf Lutz, Georg (2016). Eidgenössische Wahlen 2015. Wahlteilnahme und Wahlentscheid. Lausanne: FORS-Selects. Die Publikation steht in Deutsch, in Französisch und in Italienisch unter www.selects.ch zum Download bereit.

Selects
Seit 1995 finden alle vier Jahre Untersuchungen des Wahlverhaltens bei den eidgenössischen Wahlen im Rahmen von Selects statt. Selects ist ein Netzwerk von Wahlforscherinnen und Wahlforschern verschiedener Schweizer Universitäten und mit Wahlen beschäftigter Stellen beim Bund (BFS, Bundeskanzlei). Diese bilden eine Kommission, welche die wissenschaftliche Verantwortung für das Projekt trägt. Selects wird vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) gefördert und bei FORS in Lausanne durchgeführt. Selects erhebt Daten für die Wissenschaft. Sämtliche Selects-Daten sind bei FORS  dokumentiert und für wissenschaftliche Zwecke frei zugänglich.

Im Rahmen von Selects wurden zu den Wahlen 2015 umfangreiche Erhebungen durchgeführt:

  • Nachwahlbefragung von 5'337 Stimmberechtigten

  • Viermalige Befragung der gleichen Personen vor und nach der Wahlen mit 7'000 bis 11'000 Interviews

  • Befragung von 1'676 Kandidierenden für den National- und Ständerat

  • Selects Medienanalyse 2015


Titelbild: FDP