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Networking ist Macht in der Politik

Karin Ingold, Philip Leifeld
11th März 2016

Formale Macht alleine reicht nicht. Wer sich mit anderen vernetzt, kann Politik stark beeinflussen. Das gilt auch, wenn man eigentlich gar kein mächtiges Amt innehat. Das zeigt unsere vergleichende Analyse für die Schweiz und Deutschland.

Macht und Einfluss hängen in der Politik nicht nur von institutionell wichtigen Positionen ab. Akteure wie etwa Verbände oder Nichtregierungsorganisationen können Politik stark mitprägen, wenn sie sich untereinander vernetzen.

Wir zeigen dies anhand von konkreten Beispielen aus der Praxis auf. Für unsere Untersuchung haben wir vier politische Prozesse untersucht: Die Schweizer Klimapolitik, die Telekom-Gesetzgebung, die Gesetzgebung zum Umgang mit giftigen Chemikalien in Deutschland sowie auf lokaler Ebene ein Hochwasser-Präventionsprogramm im Wallis.

In einem ersten Schritt identifizierten wir für jeden der genannten politischen Prozesse die wichtigen Akteure sowohl innerhalb als auch ausserhalb der offiziellen Institutionen. Anschliessend befragten wir jeden Akteur, welche anderen Akteure im betreffenden politischen Prozess als „wichtig und einflussreich“ wahrgenommen werden. Durch dieses Vorgehen konnten wir die wahrgenommene oder so genannte Reputationsmacht als Indikator für die tatsächliche Gestaltungsmacht eines einzelnen politischen Akteurs bestimmen.

Mächtige Vermittler

Wie unsere Resultate zeigen, wird Macht nicht nur jenen Akteuren zugesprochen, die formell wichtige Positionen halten, also beispielsweise in den entsprechenden Kommissionen und Ausschüssen sitzen. Als besonders einflussreich werden auch Akteure wahrgenommen, die mit vielen anderen Akteuren direkt zusammenarbeiten oder als Bindeglied zwischen zwei anderen Akteuren vermitteln (siehe Abbildung 1). Mit anderen Worten: Networking ist der Schüssel und lohnt sich in beachtlichem Masse. Die Befragten sprechen dem Networking über ihre Reputations-Ratings sogar einen ähnlichen Machteffekt zu wie einer offiziellen Funktion.

Unsere Untersuchung zeigt, dass sowohl institutionelle als auch strukturelle Faktoren für die Möglichkeiten zur Einflussnahme essenziell sind. Dies ist offensichtlich eine ebenso wichtige Erkenntnis für Akteure in formell mächtigen Positionen.

«Formell mächtige Akteure können sich nicht ausschliesslich auf ihre formalen Entscheidungskompetenzen verlassen, es lohnt sich für sie auch, sich in Netzwerken zu engagieren.»

Karin Ingold, Philip Leifeld

Was unsere Erkenntnisse für die demokratische Legitimation von Entscheiden bedeutet, ist eine offene Frage. Potenzielle Chancen und Risiken des Polit-Lobbying werden auf jeden Fall nicht nur in der Schweiz seit einiger Zeit öffentlich stark diskutiert.

Abbildung 1:

Faktoren

Hinweis: Dieser Beitrag bezieht sich auf: Ingold, Karin und Philip Leifeld (2016): Structural and Institutional Determinants of Influence Reputation: A Comparison of Collaborative and Adversarial Policy Networks in Decision Making and Implementation. Journal of Public Administration Research and Theory 26(1): 1-18.


Foto: parlament.ch

Lektorat: Olivia Kühni und Sarah Bütikofer