Mit Leergeld bezahlen?

Im Dezem­ber beriet der Natio­nal­rat die Voll­geld-Initia­ti­ve, die gemäss heu­ti­gem Ent­scheid des Bun­des­rats am 10. Juni 2018 zur Volks­ab­stim­mung kom­men wird. Das Begeh­ren möch­te die Geld­schöp­fung durch Pri­vat­ban­ken ver­bie­ten und sieht eine schuld­freie Aus­ga­be von in sich wer­ti­gen Schwei­zer Fran­ken durch die Natio­nal­bank vor. Sowohl das Initia­tiv-Komi­tee als auch die Gegen­sei­te bezeich­nen das von ihnen nicht bevor­zug­te Regime als „Leer­geld-Regime“. Woher die­se Wortkreation?

Die Befür­wor­ter der Voll­geld-Initia­ti­ve mei­nen mit „Leer­geld“ die Giral­gel­der. Die­se besäs­sen kei­nen intrinsi­schen Wert, weil sie ledig­lich einen ver­trag­li­chen Anspruch der Gläu­bi­ger gegen­über ihrer Bank dar­stell­ten. Die­se his­to­ri­sche Sicht­wei­se wird von den meis­ten Öko­no­men geteilt: Nach deren etwas wei­ter gefass­tem Ver­ständ­nis sind sowohl Giral­gel­der als auch jede ande­re Form von Schwei­zer Fran­ken (mit Aus­nah­me der Mün­zen) Ver­pflich­tun­gen der jeweils aus­ge­ben­den Bank.

Der Grund ist, dass der Schwei­zer Fran­ken noch bis vor eini­gen Jah­ren zumin­dest juris­tisch gegen Gold ein­tausch­bar war. Die­sem Geld­ver­ständ­nis fol­gend ist es rich­tig, dass der heu­ti­ge Schwei­zer Fran­ken nicht in sich wer­tig ist. Er begrün­det ledig­lich einen Anspruch auf etwas Wert­hal­ti­ges, daher die Wort­krea­ti­on „Leer­geld“.

Die Voll­geld-Initia­ti­ve kon­zi­piert den neu­en Schwei­zer Fran­ken als in sich wert­hal­tig. Er käme nicht wie heu­te durch die Erhö­hung der volks­wirt­schaft­li­chen Akti­va in den Umlauf, son­dern als soge­nannt „schuld­frei­er“ Trans­fer. Nach Ansicht der Initi­an­ten wür­de der Schwei­zer Fran­ken durch das Weg­fal­len der bilanz­tech­ni­schen Ver­pflich­tungs­kom­po­nen­te von Geld – qua­si per Kon­struk­ti­on – inhä­rent werthaltig.

Der Voll­geld-Schwei­zer-Fran­ken wäre zwar wie bis­her nicht gesetz­lich ein­tausch­bar gegen Gold (bei­spiels­wei­se bei der Natio­nal­bank), begrün­de­te aber einen öko­no­mi­schen Wert, weil er in den täg­li­chen Trans­ak­tio­nen den Erwerb von Real­gü­tern (bspw. einer Gold­ket­te beim Juwe­lier) erlaub­te, so die Argumentation.

Kri­ti­sche Stim­men spre­chen die­sem „neu­en“ Schwei­zer Fran­ken die Voll­wer­tig­keit ab. Weil er schuld­frei, also über Trans­fers in Umlauf gebracht wür­de, feh­le ihm die Deckung durch Natio­nal­bank-Akti­va. Ein­fluss­rei­che öko­no­mi­sche Theo­rien zei­gen aber, dass eine feh­len­de Deckung ein Ein­falls­tor für spe­ku­la­ti­ve Atta­cken auf eine (in die­sem Fal­le: die neu ein­zu­füh­ren­de) Wäh­rung böte: Ein plötz­li­cher Ver­trau­ens­ver­lust in den Voll­geld-Schwei­zer-Fran­ken wür­de die Natio­nal­bank zur sofor­ti­gen Ver­rin­ge­rung der Geld­men­ge zwin­gen, was in einem Voll­geld-Sys­tem ungleich kom­pli­zier­ter wäre als im heu­ti­gen Sys­tem. In einem sol­chen Fal­le wür­de sich das neu ein­ge­führ­te Voll­geld schnell als wert­los her­aus­stel­len, so die Geg­ner des Volks­be­geh­rens. Etwas kna­cki­ger aus­ge­drückt wäre der Voll­geld-Schwei­zer-Fran­ken des­halb eben­falls nur „Leer­geld“.

Sum­ma sum­ma­rum lässt sich sagen, dass sowohl der heu­ti­ge Fran­ken als auch der Voll­geld-Fran­ken (soll­te er denn ein­ge­führt wer­den) nur dann „wert­hal­tig“ ist, wenn die Haus­hal­te und Fir­men in die Wert­hal­tig­keit der Wäh­rung ver­trau­en. Die Dis­kus­si­on um Voll­geld vs. Leer­geld ist des­halb eine müs­si­ge: Was zählt, ist die Eig­nung eines Sys­tems zum lang­fris­ti­gen Wert­er­halt des Schwei­zer Frankens.


Hin­weis: Die­ser Arti­kel erschien am 5. Janu­ar 2018 in der Bas­ler Zeitung.

Bild: Pixabay.

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