MEI: Ausländer hätten gleich gestimmt

Wenn Aus­län­de­rin­nen und Aus­län­der in der Schweiz wäh­len und abstim­men dürf­ten, wür­de sich ins­ge­samt wenig an den Resul­ta­ten ändern. Sogar zur Mas­sen­ein­wan­de­rungs­in­itia­ti­ve hät­ten sie gleich oft ja gesagt wie Schwei­ze­rin­nen und Schwei­zer. Die­ses Ergeb­nis steht in kla­rem Wider­spruch zur gän­gi­gen For­schung, die besagt, dass Men­schen mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund poli­tisch gene­rell eher lin­ke Posi­tio­nen unterstützen. 

Aarauer Demokratietage

Eigent­lich geht man davon aus, dass Ein­ge­bür­ger­te und Men­schen mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund ande­ren Migran­ten und eth­ni­schen Min­der­hei­ten gegen­über offe­ner ein­ge­stellt sind als der Durch­schnitt der Bevöl­ke­rung. Dem ist aber nicht gene­rell so — das zei­gen mei­ne Ana­ly­sen von Befra­gungs­da­ten zur Abstim­mung über die Masseneinwanderungsinitiative.

Abbildung 1:

Abstimmungsverhalten

50.3 Pro­zent der Schwei­zer Stimm­be­rech­tig­ten haben der Mas­sen­ein­wan­de­rungs­in­iti­ait­ve am 9. Febru­ar 2014 zuge­stimmt. Das waren aber nicht nur gebür­ti­ge Schweizer.

Die Befra­gung durch MOSAICH zeigt, dass Stimm­be­rech­tig­te mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund der Initia­ti­ve zu unge­fähr glei­chen Tei­len zustimm­ten wie Schwei­zer ohne Migra­ti­ons­hin­ter­grund. Auch ein beträcht­li­cher Teil der in der Schweiz wohn­haf­ten Aus­län­de­rin­nen und Aus­län­der hät­te der Initia­ti­ve zuge­stimmt, hät­ten sie denn an der Abstim­mung teil­neh­men dür­fen. Zwi­schen den drei Grup­pen gibt es kei­nen sta­tis­tisch signi­fi­kan­ten Unter­schied, wes­halb ich davon aus­ge­he, dass sie die Initia­ti­ve glei­cher­mas­sen befür­wor­te­ten bzw. ablehnten.

Abbildung 2:

Abstimmungsverhalten

Wo die Wur­zeln einer Per­son lie­gen, scheint einen Ein­fluss auf ihre Hal­tung zur Mas­sen­ein­wan­de­rung zu haben. Die Befra­gung durch MOSAICH brach­te beträcht­li­che Unter­schie­de zwi­schen den ver­schie­de­nen Grup­pen von Migran­ten zu Tage. Stimm­be­rech­tig­te mit Wur­zeln in Ita­li­en oder Ost­eu­ro­pa (ers­te und zwei­te Genera­ti­on) stimm­ten der Mas­sen­ein­wan­de­rungs­in­itia­ti­ve weit­aus häu­fi­ger zu als Per­so­nen mit Wur­zeln in ande­ren Weltgegenden.

Ita­lie­nisch­stäm­mi­ge Schwei­zer leg­ten sogar noch häu­fi­ger ein JA in die Urne als dies gebür­ti­ge Schwei­zer taten. Die gros­se Unter­stüt­zung der ita­lie­nisch­stäm­mi­gen Stimm­be­rech­tig­ten kann u.a. dar­auf zurück­ge­führt wer­den, dass die­se Grup­pe beson­ders im Tes­sin stark ange­sie­delt ist, wo sich die Vor­la­ge aus lokal­po­li­ti­schen Grün­den star­ker Zustim­mung erfreu­te. Am stärks­ten abge­lehnt wur­de die Vor­la­ge bei Stimm­be­rech­tig­ten mit Wur­zeln auf dem Balkan.

Keine homogene Gruppe

Bis­her ging man davon aus, dass Per­so­nen mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund poli­tisch eher links ste­hen und ent­spre­chen­de Posi­tio­nen ver­tre­ten. Mei­ne Ana­ly­sen zei­gen, dass nicht pau­scha­li­siert wer­den kann, weil Migran­ten kei­ne homo­ge­ne Grup­pe bil­den. So haben auch Stu­di­en zu Wah­len in der Schweiz gezeigt, dass etwa Per­so­nen aus Afri­ka oder Ex-Jugo­sla­wi­en eher zu lin­ken Par­tei­en ten­die­ren als Ein­hei­mi­sche. Per­so­nen mit ost­eu­ro­päi­schem Hin­ter­grund wäh­len hin­ge­gen über­durch­schnitt­lich Mitte-Rechts.

INFOBOX: Daten und Methoden
Für die Ana­ly­se wur­den Daten aus der MOSAICH-Befra­gung ver­wen­det. Das Sam­ple umfasst 947 Per­so­nen, dar­un­ter Schwei­zer und Aus­län­der. Die Befrag­ten wur­den sowohl zu ihrem Migra­ti­ons­hin­ter­grund über drei Genera­tio­nen wie auch über ihre Ein­stel­lung zur Mas­sen­ein­wan­de­rungs­in­itia­ti­ve befragt. Die Daten wur­den nicht gewich­tet, wes­halb die Wer­te vom Abstim­mungs­re­sul­tat abwei­chen können. 

Hin­weis: Die­ser Bei­trag ist die schrift­li­che Zusam­men­fas­sung des Refe­rats „Wenn Aus­län­de­rin­nen und Aus­län­der abstim­men dür­fen — Über­le­gun­gen anhand von aktu­el­len Umfra­ge­da­ten“, wel­ches der Autor im Rah­men der 8. Aar­au­er Demo­kra­tietage am 18. März 2016 hielt.


Lite­ra­tur: 

  • Stri­j­bis, Oli­ver (2016): Why immi­grants vote against immi­gra­ti­on. Unver­öf­fent­lich­tes Working Paper. Uni­ver­sidad Car­los III de Madrid, Geta­fe (Madrid), Spanien.

Titel­bild: mojadesign.ch

Lek­to­rat: Sarah Büti­ko­fer & Pas­cal Burkhard

Gra­phik & Lay­out: Pas­cal Burkhard

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