Networking ist Macht in der Politik

For­ma­le Macht allei­ne reicht nicht. Wer sich mit ande­ren ver­netzt, kann Poli­tik stark beein­flus­sen. Das gilt auch, wenn man eigent­lich gar kein mäch­ti­ges Amt inne­hat. Das zeigt unse­re ver­glei­chen­de Ana­ly­se für die Schweiz und Deutschland.

Macht und Ein­fluss hän­gen in der Poli­tik nicht nur von insti­tu­tio­nell wich­ti­gen Posi­tio­nen ab. Akteu­re wie etwa Ver­bän­de oder Nicht­re­gie­rungs­or­ga­ni­sa­tio­nen kön­nen Poli­tik stark mit­prä­gen, wenn sie sich unter­ein­an­der vernetzen.

Wir zei­gen dies anhand von kon­kre­ten Bei­spie­len aus der Pra­xis auf. Für unse­re Unter­su­chung haben wir vier poli­ti­sche Pro­zes­se unter­sucht: Die Schwei­zer Kli­ma­po­li­tik, die Tele­kom-Gesetz­ge­bung, die Gesetz­ge­bung zum Umgang mit gif­ti­gen Che­mi­ka­li­en in Deutsch­land sowie auf loka­ler Ebe­ne ein Hoch­was­ser-Prä­ven­ti­ons­pro­gramm im Wal­lis.

In einem ers­ten Schritt iden­ti­fi­zier­ten wir für jeden der genann­ten poli­ti­schen Pro­zes­se die wich­ti­gen Akteu­re sowohl inner­halb als auch aus­ser­halb der offi­zi­el­len Insti­tu­tio­nen. Anschlies­send befrag­ten wir jeden Akteur, wel­che ande­ren Akteu­re im betref­fen­den poli­ti­schen Pro­zess als „wich­tig und ein­fluss­reich“ wahr­ge­nom­men wer­den. Durch die­ses Vor­ge­hen konn­ten wir die wahr­ge­nom­me­ne oder so genann­te Repu­ta­ti­ons­macht als Indi­ka­tor für die tat­säch­li­che Gestal­tungs­macht eines ein­zel­nen poli­ti­schen Akteurs bestimmen.

Mächtige Vermittler

Wie unse­re Resul­ta­te zei­gen, wird Macht nicht nur jenen Akteu­ren zuge­spro­chen, die for­mell wich­ti­ge Posi­tio­nen hal­ten, also bei­spiels­wei­se in den ent­spre­chen­den Kom­mis­sio­nen und Aus­schüs­sen sit­zen. Als beson­ders ein­fluss­reich wer­den auch Akteu­re wahr­ge­nom­men, die mit vie­len ande­ren Akteu­ren direkt zusam­men­ar­bei­ten oder als Bin­de­glied zwi­schen zwei ande­ren Akteu­ren ver­mit­teln (sie­he Abbil­dung 1). Mit ande­ren Wor­ten: Net­wor­king ist der Schüs­sel und lohnt sich in beacht­li­chem Mas­se. Die Befrag­ten spre­chen dem Net­wor­king über ihre Repu­ta­ti­ons-Ratings sogar einen ähn­li­chen Macht­ef­fekt zu wie einer offi­zi­el­len Funktion.

Unse­re Unter­su­chung zeigt, dass sowohl insti­tu­tio­nel­le als auch struk­tu­rel­le Fak­to­ren für die Mög­lich­kei­ten zur Ein­fluss­nah­me essen­zi­ell sind. Dies ist offen­sicht­lich eine eben­so wich­ti­ge Erkennt­nis für Akteu­re in for­mell mäch­ti­gen Positionen.

«For­mell mäch­ti­ge Akteu­re kön­nen sich nicht aus­schliess­lich auf ihre for­ma­len Ent­schei­dungs­kom­pe­ten­zen ver­las­sen, es lohnt sich für sie auch, sich in Netz­wer­ken zu engagieren.»

Karin Ingold, Phil­ip Leifeld

Was unse­re Erkennt­nis­se für die demo­kra­ti­sche Legi­ti­ma­ti­on von Ent­schei­den bedeu­tet, ist eine offe­ne Fra­ge. Poten­zi­el­le Chan­cen und Risi­ken des Polit-Lob­by­ing wer­den auf jeden Fall nicht nur in der Schweiz seit eini­ger Zeit öffent­lich stark diskutiert.

Abbildung 1:

Faktoren

Hin­weis: Die­ser Bei­trag bezieht sich auf: Ingold, Karin und Phil­ip Lei­feld (2016): Struc­tu­ral and Insti­tu­tio­nal Deter­mi­nants of Influ­ence Repu­ta­ti­on: A Com­pa­ri­son of Col­la­bo­ra­ti­ve and Advers­a­ri­al Poli­cy Net­works in Decisi­on Making and Imple­men­ta­ti­on. Jour­nal of Public Admi­nis­tra­ti­on Rese­arch and Theo­ry 26(1): 1–18.


Foto: parlament.ch

Lek­to­rat: Oli­via Küh­ni und Sarah Bütikofer

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